Zimbern, Fersentaler und Ladiner haben eigene Kultur und Identität

Vergessene Sprachinseln in der Region erhalten besseren Schutz

Samstag, 07. Juni 2025 | 11:18 Uhr

Von: mk

Bozen/Trient – Das Trentino-Südtirol ist sprachlich und kulturell reicher, als es auf den ersten Blick scheint. Dass in Südtirol drei Sprachgruppen zusammenleben und das Autonomiestatut zum Schutz der deutschen und ladinischen Sprachgruppe erlassen wurde, ist hinlänglich bekannt. Daneben gibt es aber auch deutsche und ladinische Sprachinseln im Trentino.

Das Fersental, auch Valle dei Mòcheni oder Valle del Fèrsina genannt, ist ein abgelegenes Tal, das von Pergine in der Valsugana abzweigt und eine Besonderheit aufweist: Hier lebt eine kleine deutsche Minderheit, die sogenannten „Bersntoler“, die noch heute einen alten deutschen Dialekt sprechen. Diese Sprachinsel ist eine der wenigen verbliebenen deutschen Gemeinschaften in Italien und bietet einen faszinierenden Einblick in die Geschichte und Kultur Mitteleuropas.

Auf der gleichen Hochebene wie die Sieben Gemeinden bei Asiago, jedoch etwa 30 Kilometer nordwestlich, südlich der oberen Valsugana und des Caldonazzosees liegt hingen Lusern. Hier hat sich aufgrund der besonders isolierten Lage das Zimbrische – ein weiterer deutscher Dialekt – am besten erhalten und wird von fast allen Einwohnern im Alltag gesprochen. Im Gegensatz zum Fersentalerischen, das den Tiroler Dialekten näher steht, ist das Zimbrische wesentlich altertümlicher.

In den Lusern am nächsten gelegenen Orten Lavarone (Lafraun) und Folgaria (Vielgereuth) wurde noch bis ins 20. Jahrhundert hinein zimbrisch gesprochen. Die Sprache gilt dort jedoch seit der faschistischen Zeit als ausgestorben; heute erinnern nur noch Familien- und Flurnamen an die zimbrische Vergangenheit der Orte. Im Terragnolo, der Vallarsa und im Trambileno ist das Zimbrische schon im 19. Jahrhundert ausgestorben.

Das Fassatal ist hingegen ein zu zwei Dritteln ladinischsprachiges Tal in den Dolomiten, das im Trentino liegt.

Neue Durchführungsbestimmung erlassen

Die Region Trentino-Südtirol hat erst kürzlich eine neue Durchführungsverordnung zum Regionalgesetz vom 24. Mai 2018, Nr. 3 erlassen, um die Förderungen zugunsten der zimbrischen, fersentalerischen und ladinischen Sprachminderheit umfassend und effizient zu regeln. Diese Maßnahme führt wichtige Neuerungen ein, welche den Schutz und die Aufwertung des örtlichen Sprach- und Kulturerbes stärken.

Die neue Verordnung sieht Unterstützungen für Initiativen und Projekte vor, die die Kenntnis der Sprache, Geschichte, Kultur und Kunst der Minderheiten, ihre Entwicklung sowie die Stärkung der Verbundenheit zwischen der Minderheit und dem jeweiligen Siedlungsgebiet zur Festigung der Identität und des Gefühls der Zugehörigkeit zur Sprachminderheit fördern.

Die aktualisierten Bestimmungen regeln die einzelnen Bereiche und sehen nicht nur die Unterstützung von Tätigkeiten im Kultur- und Bildungsbereich, sondern auch Beiträge für die Betriebsausgaben von Rechtssubjekten ohne Gewinnabsicht, für bauliche und technische Anlagen, die Kulturtätigkeiten dienen, sowie für den Ankauf von beweglichen Gütern im Zusammenhang mit der Aufwertung der Sprachminderheiten vor.

Um Beiträge können Rechtssubjekte ohne Gewinnabsicht (Vereine, Komitees, Genossenschaften, Stiftungen, Verbände und öffentliche Körperschaften) ansuchen, sofern sie ihren Sitz in der Region haben und ihre Tätigkeit ununterbrochen seit mindestens einem Jahr im Gebiet der Region ausüben. Diese Voraussetzung wird für neu errichtete Komitees auf sechs Monate herabgesetzt.

Die neue Verordnung führt objektive Kriterien für die Bewertung der Beitragsgesuche ein, die die Qualität und den Umfang der Initiativen sowie deren Übereinstimmung mit den Zielen des Regionalgesetzes berücksichtigen. Die Beitragsgesuche werden in der Reihenfolge ihrer Einreichung und unter Berücksichtigung des Beginndatums der Initiative oder des Projekts geprüft.

Die Beiträge gliedern sich in drei Kategorien: für Initiativen und Projekte (bis zu 80 Prozent der zugelassenen Ausgabe), für Betriebsausgaben (bis zu 60 Prozent der Ausgabe) und für Investitionen betreffend Güter oder Anlagen. Dabei werden die Prioritäten je nach Gebiet, Art der Maßnahme und Wirtschaftlichkeit festgelegt.

Die neue Verordnung anerkennt auch die Rolle der ehrenamtlichen Mitarbeiter (mit Beiträgen bis zu 25 Prozent der zugelassenen Ausgabe, max. 25.000 Euro, vorausgesetzt, dass die Leistungen belegt werden und dafür keine anderen Finanzierungen in Anspruch genommen wurden).

Die Beitragsgewährung wird klarer und transparenter geregelt: Vorschüsse können schon bei Einreichung des Beitragsgesuchs beantragt werden, die Abrechnungsverfahren wurden vereinfacht. Ferner wurden transparente Kontrollverfahren, ein Fachbeirat mit Beratungsaufgaben und die Einführung eines jährlichen Tätigkeitsprogramms für die Region vorgesehen.

In der Verordnung wird auch die Unvereinbarkeit von Beiträgen für Betriebsausgaben und von Unterstützungen zu ähnlichen Zwecken im selben Kalenderjahr festgelegt, um Überschneidungen zu vermeiden und die effiziente Verwendung der öffentlichen Mittel zu gewährleisten.

Der Regionalassessor für Sprachminderheiten Luca Guglielmi erklärte: „Durch diese Verordnung macht die Region einen wichtigen Schritt in Richtung einer modernen und ausgewogenen Governance im Kulturbereich, die den lokalen Bedürfnissen gerecht wird. Die zimbrische, fersentalerische und ladinische Sprachminderheit stellen ein einzigartiges Kulturerbe dar, das durch angemessene wachstums- und inklusionsorientierte Instrumente bewahrt werden soll.“

Bezirk: Bozen

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