Umfrage in Meran

Verhältnis zum Tourismus ist zwiespältig

Mittwoch, 17. Januar 2024 | 13:21 Uhr

Meran – Auf der heutigen Pressekonferenz der Meraner Stadtregierung wurden die Ergebnisse einer Umfrage vorgestellt, die die Kurverwaltung und die Gemeinde im Oktober und November 2023 durchgeführt haben. Ziel dieser Umfrage war es, die wichtigsten Schritte für einen ökologisch und sozial nachhaltigen Tourismus zu identifizieren und damit das Südtiroler Nachhaltigkeitssiegel zu erlangen. Anwesend waren Bürgermeister Dario Dal Medico und Vizebürgermeisterin Katharina Zeller, begleitet vom Verantwortlichen für Kommunikation der Kurverwaltung, David Stricker. Eine weitere Umfrage ist für 2026 geplant. Für diese erste Umfrage wurden 1.143 Personen ab 18 Jahren mit Wohnsitz in Meran unter allen Wahlberechtigten per Losverfahren angeschrieben.

Den Link zur Umfrage gibt es hier!

Bürgermeister Dario Dal Medico und Vizebürgermeisterin Katharina Zeller rechnen bei der für 2026 geplanten Umfrage mit einer höheren Rücklaufquote, sind sich aber über die Eindeutigkeit der Ergebnisse einig: Rund 70 Prozent sehen im Tourismus einen wichtigen Faktor für die zukünftige Entwicklung der Region; für 83,7 Prozent der Befragten trägt der Tourismus jedoch zu den steigenden Lebenshaltungskosten bei.

Die Stadt Meran setzt sich seit Jahren für eine Politik ein, die ihre touristische Berufung mit dem Schutz der Umwelt und der Lebensqualität der Einwohner in Einklang bringt. Eine der zahlreichen Initiativen sind die Green Team-Zusammentreffen, organisiert von der Kurverwaltung, bei denen Ziele definiert und mögliche Lösungen erörtert werden. So etwa in Bezug auf die Lenkung der Besucherströme, die Förderung von fairem Handel, den Schutz von Kultur und Traditionen, das Ressourcenmanagement, die Verringerung von Abfällen, sowie den Natur- und Landschaftsschutz.

Zwei unterschiedlichen Fragebögen luden einerseits die Gäste der Stadt, andrerseits die heimische Bevölkerung ein ihre Meinung und Sichtweisen kundzutun.

An der Gästeumfrage haben 442 Personen teilgenommen. Hierbei traten einige Trends offen zu Tage. Von zentraler Bedeutung für Meran als Tourismus-Destination sind die Landschaft und die entspannte Atmosphäre, welche die Geselligkeit fördert, sowie kulinarische Raffinesse. Neun von zehn Touristen haben bestätigen, dass ihre Erwartungen vor Reiseantritt erfüllt worden sind. 70 Prozent gaben an, dass Nachhaltigkeits-Zertifizierungen eine wichtige Rolle bei der Wahl ihres Reiseziels spielen. Mehr wie 90 Prozent gaben zu Protokoll, dass sie nach Meran zurückkehren möchten; dabei waren 62 Prozent bereits mindestens vier Mal in Südtirol und 36 Prozent mehr als zehn Mal. Zwei Drittel der Antwortenden sind 50 Jahren oder älter. Mehr als die Hälfte von ihnen stammt aus Deutschland, rund 30 Prozent sind Italiener.

Ein anderes Forschungsdesign wurde im Hinblick auf die Bewohnerbefragung angewandt. Aus den Wählerlisten der Gemeinde (die gute Zusammenarbeit mit dem Meldeamt darf an dieser Stelle hervorgehoben werden), sind per Zufallsprinzip 1.143 volljährige BürgerInnen ausgewählt worden. Bedauerlicherweise gingen nur 233 Rückantworten ein, deutlich weniger als wissenschaftlichen Referenz-Parametern entsprechend. Demgemäß ist die Zuverlässigkeit der Stichprobe, trotz der Bemühungen aller Akteure, als partiell anzusehen. So ist in Bezug auf die anagraphische Normalverteilung in der Stadt eine Überrepräsentation der deutschen Sprachgruppe festzustellen. Dennoch kamen beim Bewohner-Fragenbogen Themen und Fragestellungen zur Sprache, die im Grunde bereits bekannt sind und öffentlich diskutiert werden.

So gaben 70 Prozent an, dass der Tourismus für die Entwicklung des Gebietes eine maßgebliche Rolle spielt. Im selben Zuge erachten 84 Prozent den Tourismus als mitverantwortlich für steigende Lebenshaltungskosten. So sind etwa die Preise für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses für 90 Prozent der Antwortenden zu hoch; 86 Prozent finden dies auch mit einem Auge auf die Mietpreise. Die Bemühungen der Tourismusakteure bei der Förderung lokaler Produkte, der Bewahrung von Kultur und Traditionen, sowie die fruchtbringende Verbindung zwischen den verschiedenen Wirtschaftssektoren werden ebenso zur Kenntnis genommen und von der Bevölkerung wertgeschätzt.

Es wird ein stärkeres Engagement für nachhaltige Mobilität gefordert, auch wenn 43 Prozent das System des öffentlichen Nahverkehrs bereits heute als effizient ansehen. Die Forderung nach einem zunehmend nachhaltigen Tourismus, der mit der Lebensqualität der Einwohner in Einklang gebracht werden kann, ist omnipräsent.

„Die Seele Merans als Stadt des Tourismus und der Gastfreundschaft ist tief verwurzelt. Wir können nicht umhin, den Tourismus als Katalysator für die territoriale Entwicklung zu bekräftigen. Eine Entwicklung, die mehr oder weniger tiefgreifende Veränderungen in der Umwelt und in den Gewohnheiten mit sich bringt. Die einhellige Forderung nach einer Neuplanung der Mobilität im Hinblick auf ein noch nachhaltigeres und lebenswerteres Verhältnis zwischen Bevölkerung und Tourismus ist ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen, um das geeignetste Instrument zur Erreichung dieses Ziels zu finden. Die Herausforderung, vor der wir stehen, besteht darin, Bilder und Verkehrsdaten zu analysieren, um die tatsächlichen Probleme besser zu verstehen und synergetisch an einer Lösung zu arbeiten. Meran arbeitet mit dem Green Team zusammen, um den Wohlstand der Stadt Meran als Tourismusdestination zu sichern, die Schönheit der Region aufzuwerten und eine authentische und qualitativ hochwertige Gastfreundschaft zu fördern.“

„Leider haben weniger Menschen teilgenommen, als wir uns erhofft hatten, ein Trend der vielen Beteiligungsprozesse, die wir für die Bürgerinnen und Bürger organisiert haben“, fügt Vizebürgermeisterin Katharina Zeller hinzu. „Die Aufgabe der Gemeinde besteht nun darin, dafür zu sorgen, dass kritische Fragen im Zusammenhang mit dem Tourismus die Lebensqualität nicht beeinträchtigen. Die Lösung kritischer Probleme wie erschwinglicher Wohnraum und Mobilität muss unsere Priorität sein.“

Von: mk

Bezirk: Bozen

Kommentare
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Universalgelehrter
4 Monate 18 h

Bei der Einheimischen-Umfrage sind von 5 Befragungsbögen nur einer zurückgekommen und das bildet laut VB Zeller einen Trend ab. Vielleicht sollten wir das als großes Ergebnis der Studie mitnehmen und uns fragen, wann den Bürger:innen das Gefühl abhanden gekommen ist, ihre Gemeinde wirkungsvoll mitgestalten zu können.
Ich bin kein Meraner, kenne aber eine andere Südtiroler Stadt, in der viel über Bürgerbeteiligung gesprochen wurde. Gemeint damit war und ist immer noch, dass die Gemeinde irgendwann ihre bereits getroffenen Entscheidungen der Öffentlichkeit vorstellt.
Wenn wir uns eine teilnehmende und damit funktionierende Demokratie wünschen, muss sich bei der Arroganz der Entscheidungsträger dringend etwas ändern.

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