Von: luk
Bozen – In einem offenen Brief an Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärt der Heimatpflegeverband Südtirol, dass das Nein der Volksabstimmung auch jede Startbahnverlängerung ablehnen würde.
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Da in der aktuellen öffentlichen Diskussion um die Neuausschreibung des Betriebs des Bozner Flughafens einigermaßen Verwirrung herrscht, erlauben wir uns den Versuch, die Rechtslage zu klären und deren politische Konsequenzen anzumahnen.
Dabei schicken wir voraus:
1.
In der Volksabstimmung vom 12. Juni 2016 hat die Bevölkerung über folgende Fragestellung abgestimmt (die ihr mit Dekret des Landeshauptmannes Nr. 622 vom 23.02.2016 vorgelegt worden war):
„Art.2, Abs.3: „Wollen Sie die Genehmigung des Gesetzentwurfes Nr. 60/15 betreffend Bestimmungen zum Flughafen Bozen (…)“?
Abs.4: „Der beiliegende Text des Gesetzentwurfes(…) wird als Pfd.-Datei den Gemeinden übermittelt, die ihn vor dem 12. Juni 2016, 30 Tage lang in den jeweiligen Sekretariaten aushängen.“
2.
Dieser, beiliegende, Landesgesetz-Entwurf Nr. 60/15 vom 20.10.2015 lautete in seinen beschlussrelevanten Teilen wie folgt:
Art.1 – Gegenstand:
Abs.2: „Dieses Gesetz legt die Entwicklungsziele im Sinne des öffentlichen Interesses laut Abs.1 fest sowie eine Obergrenze für die öffentliche Finanzierung des Flughafens.“
Art. 2 – Entwicklungsziele:
Abs. 1: Auf der Grundlage des von der Landesregierung genehmigten Entwicklungskonzeptes für den Flughafen, welches die strategische Ausrichtung und die notwendigen Maßnahmen festlegt, muss ab dem 1. Jänner 2022 eine Mindestanzahl von Fluggästen von 170.000 pro Jahr erreicht werden.
Abs.2: Im Sinne der Verordnung der ENAC betreffend den Bau und die Führung von Zivilflughäfen darf der Flughafen die Kategorie 2C nicht übersteigen.
Art.3 –Öffentliche Finanzierung – omissis –
Nun haben die Südtiroler „Wählerinnen und Wähler“ (wie es im Dekret 622/16 heißt), am 12. Juni 2016 diese Frage als Ganze mit einem sehr deutlichen NEIN beantwortet – und Sie, Herr Landeshauptmann, haben damals und später immer wieder erklärt, dass Sie das Votum – natürlich – respektieren werden.
Und davon gehen wir auch heute aus!
Aus diesen Prämissen folgt unserer Ansicht nach:Evident ist: Das „Nein“ der Volksabstimmung vom 12. Juni 2016 hat den gesamten Gesetzentwurf 60/15 abgelehnt, nicht nur die öffentliche Finanzierung des Flugplatzes durch das Land (Art. 3 s.o.), sondern zuvor noch Artikel 2 („Entwicklungsziele“), der darin enthaltenen Kategorie 2/C (“kommerzieller Flugbetrieb”) und dem darin enthaltenen „Flughafenentwicklungskonzept 2015“.
Durch die Ablehnung von Art. 2 „Entwicklungsziele“ hat der Volksentscheid implizit – und rechtslogisch! – auch alle strukturellen Maßnahmen abgelehnt, auf denen diese Entwicklungsziele gemäß dem zur Abstimmung gestellten „Entwicklungskonzeptes“ der Landesregierung basieren! Also auch die jede Verlängerung der Start-und Landebahn des Flugplatzes.
Auch der Umstand, dass der Südtiroler Landtag im November 2017 den Beschlussantrag der GRÜNEN FRAKTION, „die Verlängerung der Startbahn aus dem Bauleitplan der Gemeinde Leifers zu streichen“, abgelehnt hat, ändert nichts an der durch die Volksabstimmung 2016 geschaffenen neuen Rechtslage: Das geplante Landesgesetz konnte eben nicht in Kraft treten, und mit ihm auch nicht die darin vorgesehene Entwicklungsziele bzw. das Entwicklungskonzept.
Sehr wohl in Kraft bleiben hingegen die rechtlichen und politischen Konsequenzen des Volksentscheids vom 12.6.2016. Die Landesregierung ist verpflichtet, diesen Entscheid wort- und sinngemäß zu respektieren und ihm gegenüber Dritten Geltung zu verschaffen, also gegenüber dem Staat, ENAC, ABD oder privaten Investoren! Selbstverständlich auch gegenüber etwaigen früheren „Entwicklungsplänen“, Masterplänen oder dergleichen, die durch die Ablehnung der Entwicklungsziele durch das Volk obsolet geworden sind.
Jede andere Interpretation ließe die gesamte Operation „Volksabstimmung Flugplatz Bozen“ vom Juni 2016 als grandioses Scheingeschäft erscheinen, mehr noch: Als bewusstes Täuschungsmanöver gegenüber der Südtiroler Bevölkerung.
Und das wollen wir nun wirklich nicht vermuten.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Dr. Claudia Plaikner RA. Dr. Rudi Benedikter
Landesobfrau Fachberater für Recht im
Heimatpflegeverband