Von: luk
Bozen – „Wir gedenken heute des Todes von Sepp Kerschbaumer, der 1964 im Kerker von Verona starb, und auch aller seiner Kameraden, die nicht mehr unter uns weilen. Sepp Kerschbaumer wird für immer ein Symbol des Widerstandes sein. Des Widerstandes gegen die Zerreißung Tirols nach dem 1. Weltkrieg und gegen eine nationalistische italienische Politik, die den deutschen Charakter Südtirols nicht akzeptieren konnte und wollte“, so der diesjährige Gedenkredner Hans-Jürg Humer bei der Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier vor 2.000 Teilnehmern in St. Pauls.
Opfer für die Freiheit
Der 74-jährige Oberösterreicher war in jungen Jahren im Südtiroler Freiheitskampf der 1960-er Jahre aktiv, wurde 1967 in Südtirol verhaftet und gefoltert. Nach vier Jahren Gefängnis kam er wieder frei.
Die Gedenkfeier begann mit einem Aufmarsch der Schützen zum Paulsner „Dom auf dem Lande“. Pater Rainald Romaner OFM zelebrierte dort die heilige Messe, anschließend ging es zur Ehrung der verstorbenen Freiheitskämpfer auf den Friedhof von St. Pauls.
Italiener pro Doppelpass
In seiner Begrüßung verwies Roland Lang, der Obmann des Südtiroler Heimatbundes, auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes DEMETRA, aus welcher hervorgeht, dass italienweit 59 Prozent der Bevölkerung mit dem Vorhaben einverstanden seien, dass Österreich den Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft ermögliche. In der Jugend sei der Prozentsatz sogar bei 77 Prozent gelegen. Er lud vor allem die Jugend ein, die in Bozen eröffnete Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“ zu besuchen.
Nationalismus verurteilt
Lang überließ dann das Wort Hans-Jürg Humer: „Südtirol war in doppeltem Sinn ein Opfer des Nationalismus, nämlich ein Opfer des italienischen Nationalismus, und gleichzeitig wurden die Versuche der Südtiroler, das angestammte deutsche Volkstum zu behaupten, vom offiziellen Italien als pangermanistische – und damit nazistische – Gefahr vor der Welt diffamiert.“
Humer kritisierte das Verhalten Italiens im Umgang mit dem Ende des Ersten Weltkrieges. Italiens Präsident Mattarella habe den „aggressiven Nationalismus“ von damals kürzlich in Redipuglia kritisiert, habe aber verschwiegen, dass Italien der Aggressor gewesen sei und seinem vormaligen Verbündeten den Krieg erklärt habe. “Nachdem sich Italien im Londoner Vertrag beträchtliche Gebietsgewinne garantieren ließ.”
Entschuldigung gefordert
„Also wenn das ein „mea culpa“ sein sollte, müsste es anders und deutlicher formuliert sein“, kritisierte Humer und forderte eine Entschuldigung, denn es gehöre heute zum guten Ton, dass sich Staaten bei Opfern ihrer früheren Politik entschuldigen. Am Ende erinnerte er daran, „dass Sepp Kerschbaumer auch ein Opfer war, ein Opfer des aggressiven Nationalismus, wie unzählige andere“. Er hoffe, dass solche Opfer in Zukunft nicht mehr notwendig werden.
Einsatz aller gefordert
Am Ende der Feier zeigte sich Elmar Thaler erfreut über die starke Teilnahme und zitierte Eucharistinerpater Walter Marzari, der 1991 gesagt hatte, dass die Messe nicht für Sepp Kerschbaumer gefeiert werden müsse, sondern für die bei der Feier Anwesenden und für die Heimat. „Alle gut eingestellten Personen sollen dafür weiterkämpfen, dass das Unrecht von damals wieder gutgemacht wird. Und wir sollen nicht nur über Landeseinheit reden, sondern auch etwas dafür tun“, so Thaler abschließend.
Bei der Gedenkfeier waren auch die Landeskommandanten von Nord- und Welschtirol sowie zahlreiche politische Vertreter anwesend, unter ihnen auch Landesrätin Martha Stocker und der Nationalratsabgeordnete Werner Neubauer. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von der Musikkapelle Frangart. Eine Ehrensalve feuerte die Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ Eppan ab.