Umwidmung der Ilsterner Au

Wo bleibt das „Land der Artenvielfalt“?

Mittwoch, 18. Dezember 2019 | 12:13 Uhr

Bozen – In einer gemeinsamen Pressekonferenz haben Landeshauptmann Arno Kompatscher, Landesrat Arnold Schuler und Landesrätin Maria Hochgruber-Kuenzer im Juni zu größerem Bewusstsein für Artenvielfalt aufgerufen: Das Land wolle in den kommenden Jahren weitere Schritte hin zum “Land der Artenvielfalt” setzen. Gestern hat die Landesregierung die Umwidmung im Biotop Ilsterner Au beschlossen – gegen das Gutachten der Grün-Grün-Kommission. „Ist das die großspurig angekündigte Biodiversitäts-Politik der Landesregierung?“, fragt der Dachverband für Natur- und Umweltschutz in einer Pressaussendung.

Eine gemeinsame Pressekonferenz von Landeshauptmann Arno Kompatscher, Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler und Landesrätin für Landschaftsschutz Maria Hochgruber-Kuenzer Anfang Juni hatte eine klaren Botschaft: Das Land Südtirol setze auf Artenvielfalt. Südtirol „würde künftig noch stärker auf das Thema Artenvielfalt setzen. … um Lebensräume zu erhalten und diese auch für die kommenden Generationen in ihrer Vielfalt abzusichern. … künftigen Bemühungen, um Artenvielfalt in Südtirol weiter zu festigen und auszubauen. … Man sei sich der Verantwortung und der Herausforderungen dieses umfassenden Themas bewusst, doch man müsse und vor allem wolle man die Artenvielfalt auf breiter Front angehen und das Thema aktiv besetzen“.

Die konkreten Entscheidungen der Landesregierung stünden diesen „großspurigen Ankündigungen“ leider diametral entgegen, so der Dachverband. „Der Österreichische Biodiversitäts-Rat fordert die Ausrufung des Biodiversitäts-Notstandes. Praktisch zeitgleich genehmigt die Landesregierung in ihrer wöchentlichen Sitzung die Umwidmung des Biotops von gut 5.000 Quadratmeter Wald im Biotop Ilsterner Au in Landwirtschaftsgebiet – entgegen des Gutachtens der sogenannten Grün-Grün-Kommission. Umgewandelt wurde dabei die gesamte Waldfläche von rund 5.000 Quadratmeter. Die in den Medien kolportierten 9.000 Quadratmeter beinhalten auch teilweise die Rienz selbst. Von einem Kompromiss kann also keine Rede sein. Neben dem direkten Verlust für die Biodiversität ist vor allem die Botschaft der Landesregierung verheerend.“

Bleibt die Landesregierung bei ihrer Entscheidung gegen die Ilsterner Au, fordern der Dachverband für Natur- und Umweltschutz und der Naturtreff Eisvogel die politisch Verantwortlichen auf, den rund hundert Schülerinnen und Schülern zu erklären, warum nun ein Teil der Auwald-Gehölze wieder gerodet werden muss, welche die Kinder anlässlich eines Besuches in der neu gestalteten Ilsterner Au im Juni dieses Jahres gepflanzt hatten.

Grüne: „An den Früchten werden wir die Landesregierung erkennen!“

Auch Südtirols Grüne melden sich zu Wort. Wälder in Südtirols Talböden seien mittlerweile eine Rarität geworden. Meistens handle es sich um Restbestände ehemaliger Auwälder. Diese kleinen Waldbestände seien nicht nur historische Zeugen unserer Südtiroler Landschaft, sondern heutzutage die letzte Zufluchtsstätte für seltene Vogelarten, Pflanzen und Amphibien, die nur am Talboden überleben können, erklären die Grünen.

Dass nun die Landesregierung einen Teil dieses Auwaldrestes in eine Wiese umwidmen lässt, sei ein absoluter Widerspruch zu den kürzlich getätigten Aussagen des Landeshauptmannes zu mehr Nachhaltigkeit. Südtirols Artenvielfalt befinde sich in der Krise, über 40 Prozent der Tierarten und über 30 Prozent der Pflanzenarten würden als gefährdet gelten. „Die Rodung von seltenen Lebensräumen wie die Ilsterner Au in Kiens muss endlich der Vergangenheit angehören und ist angesichts des Rückgangs der Artenvielfalt völlig inakzeptabel“, sagt Hanspeter Staffler von den Grünen.

Von: mk

Bezirk: Bozen, Pustertal