Der Spaßfaktor ist bei Österreich derzeit sehr hoch

ÖHB-Team auf Euphoriewelle fordert EM-Gastgeber Deutschland

Freitag, 19. Januar 2024 | 13:12 Uhr

Österreichs Handball-Nationalteam schwebt auf einer sensationellen Erfolgswelle durch die Europameisterschaft in Deutschland. Das bisher ungeschlagene ÖHB-Team darf nach dem Erfolg über Ungarn zum Start der Hauptrunde sogar mit dem Halbfinale spekulieren. Als nächste Hürde baut sich der Gastgeber auf. Am Samstag (20.30 Uhr/live ORF 1) steht ein absoluter Höhepunkt an, wenn es vor 20.000 Fans in der Lanxess-Arena in Köln gegen Deutschland geht.

Wer gegen den zweifachen Olympiasieger Kroatien und Spanien, zuletzt viermal in Serie im EM-Finale, remisiert und eine Top-Nation wie Ungarn schlägt, darf auch zu träumen beginnen. “Wir spielen gegen Deutschland wahrscheinlich ums Halbfinale, da wird sich dann zeigen, ob wir wirklich schon eine Topmannschaft sind”, meinte Tobias Wagner in der Euphorie am Donnerstagabend. Die bisher beste Platzierung, Platz acht bei der Heim-EM 2020, ist ebenso in Reichweite wie der Startplatz für ein Quali-Turnier für die Olympischen Spiele in Paris im Sommer.

Die Partie gegen Deutschland wird zum “persönlichen Karriere-Highlight für jeden von uns”, sagte Wagner über den Stellenwert des nun anstehenden Nachbarschaftsduells. Der Gastgeber braucht gegen das in deutschen Medien gerne als “Handball-Zwerg” bezeichnete Österreich einen Sieg, wenn man den anvisierten Halbfinaleinzug schaffen will. Der Druck liegt scheinbar klar aufseiten der Deutschen, die als Tabellen-Vierte mit zwei Punkten einen Zähler hinter der zweitplatzierten ÖHB-Truppe liegen.

Die Österreicher um Trainer Ales Pajovic wollen den Moment weiter genießen und “weiter Spaß haben”, wie Mykola Bilyk anmerkte. “Wenn ich den Jungs in die Gesichter schaue, habe ich noch mehr Bock, Gas zu geben. Das geht jedem einzelnen genau so”, sagte der Kapitän, der gegen Ungarn im Finish Verantwortung übernahm und das ÖHB-Team mit den zwei entscheidenden Treffern zum Sieg warf.

Für den Rückraumspieler, mit 26 Treffern die rot-weiß-rote Nummer eins des Turniers, steht ein ganz besonderes Spiel an. Der 27-Jährige spielt seit 2016 für den deutschen Top-Club THW Kiel. Natürlich seien Partien zwischen Österreich und Deutschland besonders, meinte Bilyk. “Es ist eine gewisse Rivalität da, da brauchen wir nicht um den heißen Brei herumreden.” Im Hexenkessel von Köln werde es “ein richtig geiles Spiel”.

Einer, der lange in Deutschland aktiv war, ist Robert Weber. Der Flügelspieler kehrte im Oktober nach über einem Jahrzehnt in der deutschen Liga nach Österreich (Bärnbach/Köflach) zurück. Auch der 38-Jährige sprach von einem “Highlight-Spiel”, Kampfansagen gab es nicht. “Ich glaube wir tun gut daran, den Ball flach zu halten und von Spiel zu Spiel zu denken. Wir sollten auf dieser Welle weiterreiten und den Spaß nicht verlieren”, meinte der Routinier.

Es gelte auch, das bisher Erreichte zu genießen. “Egal was noch passiert: wir werden mit einem Lächeln aus dem Turnier gehen”, sagte Weber, der seine Familie nach Köln einfliegen ließ. “Damit mein Sohn das miterleben kann.” Beim bis dato letzten Erfolg gegen Deutschland vor etwas mehr als zehn Jahren war der gebürtige Vorarlberger dabei. Am 3. Jänner 2014 siegte Österreich in Dortmund im Rahmen eines Vier-Nationen-Testturniers mit 29:28, Weber warf dabei acht Tore.

Ein wichtiger Faktor könnte Österreichs Fitnesslevel werden. In Köln steht die fünfte Partie in neun Tagen an. Vielspieler wie Bilyk, Weber, Sebastian Frimmel oder Lukas Hutecek sind wieder gefordert. Dem bei TBV Lemgo Lippe in der deutschen Liga spielenden Hutecek zwickte nach der Ungarn-Partie das Knie, laut Sportdirektor Patrick Fölser soll dies kein Problem sein. Janko Bozovic dürfte weiter ausfallen, der ebenfalls erkrankte Moritz Mittendorfer ist auf dem Weg der Besserung.

Teamchef Pajovic sah das Problem der doch “kürzeren” Bank im Vergleich zu den Top-Nationen. “Es ist schwer, wenn man jeden zweiten Tag ein Spiel bestreitet”, meinte der Slowene. Frankreich oder Deutschland könnten mehr rotieren. Österreichs Physios sind umso mehr gefordert. Als taktisches Mittel, um Kräfte zu schonen, setzt Pajovic auf das 7:6 im Angriff, nimmt im Offensivspiel also den Torhüter heraus. Bilyk sah als bestes Mittel gegen die Müdigkeit die aktuelle Gemütslage: “Es kostet Kraft, was wir in den letzten Spielen geleistet haben. Aber wir genießen den Moment extrem, und das gibt viel Kraft zurück.”

Von: apa