Für Kriechmayr läuft es in Wengen noch nicht nach Wunsch

Podestlose ÖSV-Abfahrer am Lauberhorn unter Druck

Mittwoch, 10. Januar 2024 | 16:41 Uhr

In Wengen wartet einer der ganz großen Abfahrtsklassiker im alpinen Ski-Weltcup. 4.270 Metern Länge, mehr als zweieinhalb Minuten Fahrzeit, Streckenabschnitte wie Hundschopf, Brüggli-S, Minschkante oder Ziel-S bilden eine in der Ski-Welt einzigartige Mischung bei gleichzeitig atemberaubendem Panorama. In die Auslage haben sich Österreichs Abfahrer in den Trainingseinheiten nicht wirklich gefahren. Sie kämpfen um einen Befreiungsschlag vor Kitzbühel.

Die schnellste Zeit eines ÖSV-Läufers markierte am Mittwoch ein müder Daniel Hemetsberger als Elfter (+1,16), auch Stefan Babinsky war am Vortag als bester Heimischer Elfter geworden. Babinsky fuhr dann auf 13, Daniel Danklmaier auf 17. Vincent Kriechmayr (27.) wollte jedenfalls “ganz und gar nicht” geblufft haben. “Ich habe das Kernen-S (Brüggli-S; Anm.) komplett vergeigt”, gestand der Oberösterreicher. Ein Großteil seines Rückstandes von 1,83 Sek. sei auf dieser Schlüsselstelle liegengeblieben. “Aber es spielt keine Rolle. Ich werde versuchen, morgen das Herz in die Hand zu nehmen und es besser zu machen.”

Österreichs erfolgreichster Abfahrer der letzten Jahre ist mit den Rängen 17, 14 und 5 in die Saison gestartet. Das ÖSV-Team ist in der Königsdisziplin noch ohne Podestplatz. “Der Saisonstart von unserem ganzen Team war wirklich sehr bescheiden. Ich nehme mich da nicht raus, es war wahrscheinlich der schlechteste Start meiner Karriere”, meinte Kriechmayr, der Wengen-Sieger von 2019 und 2022, ungeschönt. “Ich kann es leider nicht mehr ändern. Aber ich glaube, dass wir besser sind, als wir uns bisher präsentiert haben. Wir müssen es einfach auf den Punkt bringen, und zurzeit tun wir uns ein bisschen schwer.”

Auch Hemetsberger fehlt aktuell so einiges. In erster Linie Frische, wie der 32-Jährige erklärte. “Ich bin einfach körperlich immer noch angeschlagen.” Einige Passagen seien nicht so schlecht gewesen, aber auch er hatte das Brüggli-S nicht wie gewünscht erwischt. “Wenn man keine ideale Form hat, fährt man unsauberer, was zu diversen Troubles führt, wo man extrem viel Kraft braucht, die man dann nicht hat.”

Erst drei von anfänglich elf geplanten Abfahrten fanden bisher statt. Bryce Bennett (USA/Gröden I), Dominik Paris (ITA/Gröden II) und Cyprien Sarrazin (FRA/Bormio) stahlen den Schwergewichten der Vorsaison die Show. Aleksander Kilde, Kriechmayr und der im Roten Trikot des Disziplinführenden fahrende Marco Odermatt spitzen in der Schweiz auf den ersten Erfolg.

Der Schweizer markierte am Dienstag in 2:30,86 Min. die Bestzeit und lag auch am Tag darauf bis nach dem Brüggli-S in Führung, ehe er vom Gas stieg. Bormio-Sieger Sarrazin gab die Richtzeit vor. Vorjahressieger Kilde verzichtete im zweiten Training aus Schonungsgründen. “Wenn ein Odermatt, Kilde oder Sarrazin am Start sind, muss man pushen von oben weg. Mit nur Runterfahren werde ich da nicht mitmischen können”, wusste Kriechmayr.

Insbesondere Kilde war am Lauberhorn zuletzt schwer zu schlagen. Drei der jüngsten fünf Speedrennen dort gewann er. 2022 und 2023 schaffte der Norweger das Kunststück, im selben Jahr in Wengen und Kitzbühel zu siegen – bei allerdings doppelten Chancen (mehrere Abfahrten).

Für Adelboden-Sieger Odermatt sei das Heimrennen eher ein “Push” statt Belastung, vermutete Kriechmayr. “Wobei ich nicht sage, dass er in der Abfahrt unbedingt der Favorit ist. Ein Kilde, Sarrazin, Paris – es sind viele Namen, die um den Sieg kämpfen. Er ist aktuell herausragend, es ist bewundernswert, aber wir geben uns noch nicht geschlagen.”

Auch Babinsky wollte die Flinte für den ÖSV nicht voreilig ins Korn werfen. “Meine Teamkollegen wie der Vinc, der hat da runter schon gewonnen, haben sicher nicht die ganzen Karten aufgedeckt.” Er selbst sei mit seinen Trainingsleistungen zufrieden. “Ich habe ein gutes Gefühl aufgebaut.”

Am Donnerstag geht die Abfahrt im Berner Oberland wieder auf verkürzter Strecke über die Bühne, ehe am Samstag der eigentliche Klassiker über die Originaldistanz folgt. Dazwischen ist am Freitag ein Super-G (alle 12.30 Uhr) eingestreut, den Abschluss bildet traditionell der Slalom am Sonntag (10.15/13.15, alle ORF 1).

Von: apa