Ein Kommentar

Bröckelndes System

Dienstag, 25. Januar 2022 | 06:21 Uhr

Bozen – Das Zölibat macht nicht pädophil, doch es zieht Pädophile offenbar an. Jahrhunderte lang war es völlig normal, dass unverheiratete Männer Kontakt zu Schülerinnen, Schüler und Ministranten hatten. Als Priester genossen sie Respekt, Ansehen und Vertrauen, das in vielen Fällen schamlos ausgenutzt wurde.

Der wiederholte Missbrauch, der im Schatten der Religion stattfand, macht sprachlos. Erst nach und nach wird das ganze Ausmaß klar.

Dass es so lange dauert, daran ist auch die Kirche Schuld. Zu oft wurde so getan, als ob es nur um die Sache gehe. Frei nach dem Motto: „Religion ist ja an und für sich gut. Man darf nicht zulassen, dass sie in Verruf gerät.“

Stattdessen hat man oft Mitbrüder und Würdenträger als ganz konkrete Personen geschützt. Man hat weggeschaut, man hat geschwiegen und die Täter konnten weiter machen.

Dass nun sogar ein ehemaliger Papst solche Machenschaften mitgetragen hat, beweist: Der Missbrauch hatte System – und dieses System bröckelt nun.

Geht es der Kirche tatsächlich um die Rettung des Glaubens, sind Aufrichtigkeit, tiefgreifende Reformen und eine Rückbesinnung auf das Wesentliche unausweichlich. Ansonsten wird sie unter den Trümmern ihrer eigenen Fehltritte begraben.

Von: mk

Bezirk: Bozen