Der Neubau der Kollektion von außen

“Königliche Konkurrenz” für den Prado in Madrid

Samstag, 24. Juni 2023 | 09:01 Uhr

Spaniens Monarchen gehörten zweifellos zu den fleißigsten Kunstsammlern Europas. Das stellt in Madrid eindrucksvoll die neue “Galerie der Königlichen Sammlungen” unter Beweis. In den spanischen Palästen hingen Werke von Diego Velázquez, Goya, Rubens, Tizian, El Greco, Gian Lorenzo Bernini oder Luca Giordano, die nun in dem neuen Mega-Museum zu sehen sind.

Ab dem 29. Juni öffnet der 40.000 Quadratmeter große Kunsttempel zwischen dem Madrider Königspalast und der Almudena-Kathedrale seine Tore, der selbst eine Konkurrenz für das weltberühmte Madrider Prado-Museum darstellt. So erwartet das Museum auch selbstbewusst bis zu 1,5 Millionen Besucher im Jahr.

Eigentlich hätte die offizielle Einweihung durch das spanische Königspaar am 28. Juni stattfinden sollen, wurde aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen in Spanien aber auf den 25. Juli verschoben. Felipe VI. und Königin Letizia werden beeindruckt sein, wenn sie sehen, was ihre Vorgänger im Laufe der vergangenen 500 Jahre an Kunstschätzen gesammelt haben. “Mehr als 165.000 Kunstwerke befinden sich in unserem Besitz. Damit sind wir eine der größten Kulturinstitutionen Europas”, erklärte Museumsdirektorin Leticia Ruiz Gómez der APA.

Mit “Wir” meint Ruiz Gómez die spanische Kulturgutbehörde Patrimonio Nacional, welche die königlichen und staatlichen Kulturbesitztümer verwaltet. So werden die insgesamt drei Ausstellungsetagen und mehrstöckigen Lagerräume der neuen “Galerie der königlichen Sammlungen” mit Kunstwerken aus Dutzenden Palästen, Kirchen, Schlössern, Klöstern und königlichen Anwesen gefüllt.

Allein in der einjährigen Eröffnungsausstellung werden fast 700 Werke gezeigt. Die erste Etage präsentiert die Kunstsammlungen der spanischen Habsburgermonarchie vom Ende des 15. Jahrhunderts bis 1700. Gleich zu Beginn weckt das “Polyptychon” von Johannes von Flandern Aufmerksamkeit, das der niederländische Hofmaler 1505 für Königin Isabella der Katholischen malte. Unweit davon strahlen die bis zu acht Meter hohen historischen Wandteppiche von Meistern wie Giulio Romano oder Willem de Pannemaker, welche Eroberungszüge der spanischen Monarchie abbilden. Wenige Meter weiter liegt in einer Glasvitrine eine Erstausgabe von Miguel Cervantes “Don Quijote”.

Dazwischen hängen zwischen königlichen Pferdekutschen, historischen Musikinstrumenten und kunstvoll verzierten Palastmöbeln, Uhren und Geschirr Werke von El Greco, Tizian, Peter Paul Rubens und José de Ribera. Eindrucksvoll stellt das Museum zwei Altmeister des Lichts und Schattens gegenüber – Caravaggios “Salome mit dem Kopf von Johannes dem Täufer” (1607) strahlt Diego Velázquez “Weißes Pferd” entgegen, das der spanische Hofmaler zwischen 1634 und 1638 anfertigte.

Danach geht es chronologisch einen Stockwerk tiefer. Diese Etage ist der Kunstsammlung der Bourbonen von 1700 bis heute gewidmet. Neben Werken von Anton Raphael Mengs, Giovanni Domenico Tiepolo und Louise-Michel van Loo stechen vor allem Goyas Porträts von Carlos IV. und Königin Maria Luisa hervor.

Im dritten Untergeschoß findet unterdessen die erste Wechselausstellungen statt. “In Bewegung” heißt die einjährige Exposition, die rund 50 Kutschen, Schlitten, Sänften und Fahrzeuge aus dem königlich-staatlichen Besitz zeigt. Die Schmuckstücke stammen aus dem 16. bis 20. Jahrhundert.

Neben der “Goldenen Berlina”, einer Art Luxuspferdekutsche des Markgrafen von Alcántara, und dem ersten Kinderwagen der späteren spanischen Königin Elizabeth II. sticht vor allem die Sänfte hervor, mit welcher sich der an Gicht leidende Habsburger-Kaiser Karl I. 1552 von Innsbruck ins spanische Kloster von Yuste bringen ließ, wo er als spanischer König Karl V. bis zu seinem Tode herrschte. Für nicht weniger Aufmerksamkeit dürften bei den Besuchern die beiden Mercedes-Sonderausgaben auslösen, die Adolf Hitler dem spanischen Diktator Francisco Franco 1939 und 1940 mitten im Zweiten Weltkrieg schenkte.

Zweifellos wird die neue Galerie der Königlichen Sammlungen aber auch Architekturfans aus aller Welt begeistern. Der moderne Granitbau mit seinem offenen, schneeweißen Stahlbetonpfeiler-Gerippe hat bereits zahlreiche Architekturpreise erhalten. Dabei integrierten das angesehene Architektenbüro Emilio Tuñón und Luis Moreno Mansilla in das neuste Gebäude Madrids auch das älteste. Beim Bau des Museums am Fuße des Königspalastes und der Almudena-Kathedrale wurde nämlich ein Teil der islamischen Stadtmauer aus dem 9. Jahrhundert gefunden und geschickt in das zweite Untergeschoß eingebunden.

(S E R V I C E – www.patrimonionacional.es/actualidad/galeria-de-las-colecciones-reales)

Von: apa