Von: luk
Brixen – Es kommt völlig überraschend: Die erfolgreiche, jedoch auch umstrittene Südtiroler Deutschrock-Band Frei.Wild hat nach 15 Jahren das Ende ihrer Auftritte angekündigt. “Wir hören auf”, teilten die vier Musiker auf ihrer Homepage mit. Konkrete Gründe nannten sie nicht, ließen aber erkennen, dass sie neue Projekte planen. Die letzten Konzerte sind laut Homepage nun nach Weihnachten vom 27. bis 29. Dezember in Mannheim, Hannover und Chemnitz geplant. Danach gehe es “erst mal in den Hintergrund”, schreiben die Musiker.
Zum Motiv kann nur spekuliert werden: Wie die Band in einem langen Text an die Fans und die Welt erklärt, hätte es nicht an Langeweile oder mangelnden Herausforderungen gelegen. Nein, zwei neue und risikoreiche Unterfangen seien der Grund für das Ende. “15 wundervolle Jahre” lägen hinter ihnen. Sie zögen sich jetzt erst einmal zurück, um “Dinge zu wagen”. “Was diese beiden Dinge sein werden, möchten wir euch zu diesem Zeitpunkt nicht mitteilen, zu viel davon hängt noch in den Seilen, und zu viel zu wissen, lässt zudem für alle den Spannungsbogen brechen. Auch für uns.”
“Es ist ein dickes, aber auch mit etwas zittriger Hand geschriebenes Kreuz, das für zwei neue und zwei eben sehr große, risikoreiche Unterfangen steht. Es geht in andere, neue Gefilde, bisher unangetastete Dimensionen, es geht in Richtung neue Horizonte.”
Die Abschiedskonzerte dürften damit nicht das letzte Lebenszeichen der Südtiroler sein. Der Vorverkauf für die Konzerte startet am Mittwoch, dem 17. August. Die Tickets dürften innerhalb kurzer Zeit ausverkauft sein.
Der Deutschrock-Gruppe aus Südtirol, die es mit ihren Songs mehrfach in die deutschen Charts schaffte, waren teils patriotische und nationalistische Inhalte vorgeworfen worden. Sie hatte ausdrücklich ihre Heimatverbundenheit mit Südtirol hervorgehoben und sich nicht als italienische Band gesehen. “Südtirol, deinen Brüdern entrissen, schreit es hinaus, lasst es alle wissen. Südtirol, du bist noch nicht verlor’n. In der Hölle sollen deine Feinde schmor’n”, heißt es etwa in dem Song “Südtirol”. Und: “Geburtsort vieler Helden, wir werden alles geben. Südtirol, du bist mein Leben!”
Im vergangenen April waren Frei.Wild mit einem Echo in der Sparte Rock/Alternative National ausgezeichnet worden. Bei der Preisverleihung in Berlin erklärte die Band, sie wolle den Echo in der Öffentlichkeit als Symbol für Widerstand gegen Ausgrenzung präsentieren.
2013 waren die Musiker beim Echo noch von der Nominierungsliste gestrichen worden. Mitbewerber hatten der Gruppe eine Nähe zur rechten Szene unterstellt, die Band hatte das bestritten. Im Sommer 2015 sprachen sich die Südtiroler auf ihrer Internetseite gegen Fremdenhass aus.
Nachfolgend ist die gesamte Stellungnahme der Band zu ihrem Schlussstrich zu lesen!
Liebe Fans, liebe Freunde, liebe Kritiker, liebe Medien- und Geschäftspartner, liebe Bühnenkollegen. Egal wann, egal wie und weshalb sich unsere Wege gekreuzt haben, ihr alle wart nicht wegzudenkenden Zeit-Begleiter auf diesem unvergesslichen Weg. Ob an guten oder schlechten Tagen, ob als Wiederhalter oder Katapult, ob als Randerscheinung oder fester Bestandteil, Frei.Wild kann getrost von sich behaupten, keinen Mangel an Licht und Schatten erlebt zu haben.
Man kann es nicht oft genug betonen, 15 Jahre in ein und der selben Konstellation bürgen für etwas, was ein Unbeteiligter und Unwissender nur schwer mit Geist und Willen packen kann. Menschen sprechen immer gerne von ihrem eigenen Zenit im Leben und reflektieren die Vergangenheit in ihrem eigenen Wissen ganz individuell. Wir sind dankbar und manchmal verwundert zugleich, in keinem Fall aber nachtragend, sondern viel mehr wertschätzend für alles.
Wir wissen um das Erlebte und wissen auch, dass allein dessen Dimension nur durch Durchhaltevermögen, Leidenschaft, Glück, Bodenständigkeit und vor allem nur durch euer Beisein/eure Unterstützung möglich war. Daran werden wir auch unser aller Leben lang festhalten. Genau deshalb muss dieses große Ganze, ähnlich einem Bauwerk, immer wieder gepflegt, restauriert, in unserem Falle erweitert und vor allem statisch verbessert werden. Auch Innovation und qualitatives Nachdrehen schaffen Aufwertung und vor allem noch größere Abhebung zu anderen Bands, auch das ist und war uns immer ein Augenmerk. Wir wollen wie niemand sein, wie wir selbst zu sein ist Aufgabe genug!!!
Ihr alle, ob Freund ob Feind, ob Gönner oder Missgönner, ob Fan oder Hater, Versteher oder Kopfverdreher, auch ihr werte Musiker anderer Bands, Anpassung war noch nie unser Ding, von dem her hört jetzt alle zu:
Wir waren immer Menschen, die mit offenem Visier durchs Leben zogen. Wir suchten keinen Bogen um non-konforme Themen, stellten uns auch ohne Bock darauf den immer wiederkehrenden Fragen und möchten auch in Zukunft diese eine Band sein, die ihren Weg einzig und allein nach ihrem Willen und eigenem Gefühl geht. Keinem in den Arsch zu kriechen, uns nicht anzupassen, nicht vor fremde Karren spannen zu lassen, auch fortan frei und wild zu bleiben, aber im selben Atemzug auch darauf zu verzichten, unnötige und dumme Kriegsschauplätze zu eröffnen, all das machte und macht uns zu dem, was wir sind. Man kann uns hassen, man kann uns lieben, das wissen wir, von dem her entscheidet selbst, wir kommen mit beidem zurecht. Alles andere würde sich in unserem Fall einfach nicht echt anfühlen.
Unsere eigene Marschrichtung für die Zukunft ist klar, alles bleibt wie es war, wir werden in gewissen Dingen noch unbequemer und dennoch wird vieles anders werden. Es gibt neue Visionen, wir tüfteln an neuen Projekten und Werken, nur eines wissen wir nicht und wollen wir auch gar nicht wissen: Was Frei.Wild und unser Leben im Detail bringen wird. Und weil kein Leben von uns allen nicht genau vorhersehbar ist, stellen wir zumindest die Weichen in eine Richtung, die uns gefällt, den Rest entscheidet Zufall, entscheidet die Zeit oder der liebe Gott.
Also dann, nach mehreren Nummer-1-Alben, nach Gold- und Platin-Auszeichnungen, nach zwei stilistischen Abenteuern, der eigenen Plattenfirma mit erfolgreichen Bands, einem eigenen Laden in der Heimatstadt und einem unfassbar geilen Festival Names Alpen Flair, tut sich nur all zu natürlich die eine Frage auf. Wo kann und wird uns diese Band noch hinführen?
Zu keiner einzigen Sekunde verspürten wir Lethargie, Aussichts- oder Ratlosigkeit, zu keiner Zeit wollten wir uns auf den erreichten Lorbeeren ausruhen oder gar mit einem etwaigen Bandende beschäftigen. Langeweile? Nie davon gehört. Meilensteine oder neu zu erklimmende Gipfel lagen zuhauf vor uns, auch wussten wir um das notwendige Gepäck und den Schwierigkeitsgrad, sie zu erreichen. Schier in jedem Moment dieser prägenden, stürmischen, aber für uns auch immer hell leuchtenden Historie waren Ideenreichtum und Kreativität an den Rudern dieser stets größer werdenden Mannschaft und dieses auch immer größer werdenden Schiffs.
Nun, was ist es also, was wir uns auf die Karte der Band-Zukunft geschrieben haben?
Es ist ein dickes, aber auch mit etwas zittriger Hand geschriebenes Kreuz, das für zwei neue und zwei eben sehr große, risikoreiche Unterfangen steht. Es geht in andere, neue Gefilde, bisher unangetastete Dimensionen, es geht in Richtung neue Horizonte.
15 wundervolle Jahre, all diese Tourneen, jetzt diese unvergessliche Wuhlheide-Show, all das und tausend andere Sachen liegen hinter uns und wir? Ja, wir sagen dann erst mal lebe-wohl Fangemeinde und ziehen uns erst mal zurück, um uns an genau diese Dinge zu wagen. Was diese beiden Dinge sein werden, möchten wir euch zu diesem Zeitpunkt nicht mitteilen, zu viel davon hängt noch in den Seilen, und zu viel zu wissen, lässt zudem für alle den Spannungsbogen brechen. Auch für uns.
Nach dem FWSC-Konzert, dem Beachflair und einer versprochenen andere Sache bleiben uns somit genau 3 Möglichkeiten uns ein vorerst letztes mal zu sehen:
Auf drei gigantischen Konzerten in Mannheim, Hannover und Chemnitz… bevor es für uns erst mal in den Hintergrund geht.
Mit diesen 3 Shows besiegeln wir diese 15-Jahre-Epoche, lassen wir die Flammen des Geweihs ein weiteres mal noch höher steigen und werden die vorerst letzten zusammen- vereinten Feste feiern. Wir zählen auf euch und wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind!!! Wir hoffen, ihr folgt uns!!!
Eure Band Frei.Wild