Die Ärzte sorgten für unterhaltsamen Festivalabschluss

Nova Rock mit “urleiwandem” Abschluss nach vier Tagen

Sonntag, 11. Juni 2023 | 13:10 Uhr

200.000 Fans haben heuer das Nova Rock an vier Tagen besucht und bei instabiler Wetterlage gefeiert. “Man kann vor diesem Publikum nur den Hut ziehen, auch vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern”, sagte Veranstalter Ewald Tatar. Die Ärzte spielten zum Abschluss auf der Hauptbühne eine Show die, na ja, genau das war, was man von dem deutschen Trio erwartet: jede Menge Punk, Fun, Hits und witzige Wortduelle. “War es urleiwand?”, fragte Farin Urlaub. “Ja”, schallte es zurück.

Die Berliner eröffneten das mehr als zweistündige Set mit “Westerland”, jede Menge Ärzte-Klassiker wie “Deine Schuld”, “Unrockbar” und “Schrei nach Liebe” wurden geboten. Bela B stellte die Gruppe vor: “We are the best band in the world. Sometimes humormäßig very low, low zero.” Kollege Urlaub übte sich unterdessen im Wienerischen und monierte, dass sie ausgerechnet in einem Wiener Kaffee freundlich bedient worden seien. Schräges wie “Dauerwelle vs. Minipli” durfte nicht fehlen, Unterhaltung pur, politisch unkorrekt mit Augenzwinkern.

Parallel dazu versorgten Nightwish ihre Fans auf der Red Stage mit Symphonic-Metal, bis das Falco-Tribute nach Mitternacht den endgültigen Schlusspunkt setzte. Zunächst sang ein virtueller “Falke”, begleitet von seiner Originalband, alleine “Out Of The Dark”, bei “Wiener Blut” übernahm Roman Gregory die Vocals. Später sangen auch Ana Milva Gomes, Tini Kainrath oder Johannes Krisch, manchmal im Duett mit der Poplegende. Zum “Amadeus” gaben sich alle die Ehre.

Ein Publikumsmagnet war am Nachmittag die US-Crossovergruppe Hollywood Undead, gefolgt von den Broilers. Die Freude auf diesen Auftritt war Sänger Sammy Amara und Bassistin Ines Maybaum zuvor im APA-Talk ins Gesicht geschrieben gewesen. “Wir hatten ja quasi ein halbes Jahr Pause”, so Amara. Unter dem Motto “Niemand wird zurückgelassen” tourt die Punkband aus Düsseldorf im Sommer durch Clubs, außerdem stehen sechs Festivals an, das Nova Rock machte den Anfang. “Wir versuchen derzeit, alte Songs neu zu integrieren, wir ändern jeden Tag ganz viele Lieder im Programm”, erzählte der Sänger.

Dem Publikum auf den Pannonia Fields zollten die Musiker Respekt. “Wind und Wetter, erst Regen und Schlamm, dann Hitze – und trotzdem noch die Kraft zu haben, so abzugehen, das ist großartig”, betonte Ines. “Das ist ein Bootcamp”, schmunzelte Amara. “Wir haben das früher auch gemacht.” Aber jetzt müsse man “mit den Kräften haushalten”, ergänzte die Bassistin. “Trotzdem benehmen wir uns nach der Show manchmal wie kleine Kinder, aber erst nach der Show”, scherzten die beiden. Konkrete Pläne für ein neues Broilers-Album gebe es übrigens derzeit keine: “Ganz entspannt, jetzt touren wir erst mal, dann schauen wir weiter.”

Für eine gute Stimmung sorgte beim Programmstart am letzten Tag die US-Rockband Nothing More. “Das war unsere erste Festivalshow in Österreich”, meinte Gitarrist Mark Vollelunga danach im APA-Gespräch. “Wir hatten gehört, dass man am Nova Rock spielen muss – das haben wir geschafft!” Das jüngste Album “Spirits” war erst im Herbst erschienen, doch neues Material sei bereits in Arbeit und die nächste Platte “quasi zur Hälfte” fertig, so der Musiker, der mit seinen Kollegen in den nächsten Wochen ein dichtes Programm abspult.

Kaum zu wissen, wo einem der Kopf steht, das kennen wohl auch manche Nova Rock-Fans – dieser Moment, wenn man sich fragt: Was war da gestern los? Davon wussten auch Swiss und die Andern zu erzählen, hat die Hamburger Punkband mit “So bereuen” doch den passenden Track dafür nach Nickelsdorf mitgebracht. Dass sich das Bedauern aber meist in Grenzen hält, ist ohnehin klar, denn: “Heut’ ist alles scheißegal”, wie Sänger Swiss ins Publikum bellte. Man war ganz offensichtlich einer Meinung.

Deutlich versöhnlicher im Ton zeigte sich hingegen der Wiener Musiker Josh, dessen Deutschpop am Festival ein bisschen wie ein Fremdkörper wirkte. Bei “Cordula Grün” stimmte die Menge trotzdem eifrig mit ein. Mangelnden Einsatz konnte man Josh ebenso wenig vorwerfen wie der walisischen Crossover-Institution Skindred, die zur gleichen Zeit auf bewährte Zutaten setzte: Rock und Metal, vermengt mit ein paar Reggae-Anleihen – zwecks Hüftschwung und Tanzbarkeit, eh klar. Zwar schien mancher Körper am vierten Tag nicht mehr ganz mitzuspielen, aber stillsitzen ist halt auch keine Option.

Mit einem einfacheren Konzept begnügte sich hingegen Ville Valo: Der finnische Charakterkopf, früher mit seiner Band HIM ein großes Kaliber, tourt mit dem als VV veröffentlichten Debüt “Neon Noir”, vergaß aber nicht auf alte Hits. In schöner Abfolge neuer Song, alter Song ging es durch ein ziemlich lautstark in den Himmel geblasenes Set, das in erster Linie von Valos Charme lebte – leider bekam das nur ein recht kleines Publikum mit. Da gab es bei der britischen Metalcore-Band Architects schon deutlich mehr Zuspruch: Sänger Sam Carter bot mit seinen Kollegen eine solide Show für Anhänger harter Kost, dabei so manch feingeistigen Part nicht verschmähend, während die Breakdowns genüsslich zelebriert wurden.

Neues Publikum gewinnen, neue Songs vom demnächst erscheinenden Album “Dead City Club” austesten, in die Gänge kommen und Fans erfreuen – das waren die Anliegen von Nothing But Thieves auf der Blue Stage, wie sie im Gespräch mit der APA betonten. Vier Tage mit Regen, Hitze und wieder Regen hat das Publikum hier hinter sich. Mason kann das Gefühl nachvollziehen: “Ich hab zweimal bei einem Festival gezeltet. Und ich habe es gehasst. Ich schlafe mittlerweile lieber im Hotel”, grinste er.

Die Einsatzkräfte zogen zufriedene Zwischenbilanzen. Kolportiert wurden aber kritische Momente in der Nacht auf Donnerstag bei Slipknot im Wavebreaker. “Der Wavebreaker ist bei allen Showtagen gleich”, sagte dazu Ewald Tatar. “Bei Slipknot wollte jeder die Maskenmänner sehen, es hat sich alles in der Mitte konzentriert. Es gab keinen Druck von außen, aber drinnen wurde ein Moshpit gemacht. Weil es eng war, hat sich die Masse einmal kurz zu bewegen begonnen. Aber das war sofort wieder vorbei. Genau dafür ist dieser Wavebreaker da. Er steht in einer Sicherheitsdistanz, um solche Wellen abzufangen und zu unterbinden. Genau das ist passiert.”

Ein großes Thema bei Rockveranstaltungen ist derzeit Awareness und Sicherheit – speziell für Frauen. “Wir haben schon vor Jahren reagiert”, sagte Tatar. “Es gehen Securitys mit Westen herum, auf denen ‘Ask me’ steht. Wenn du ein Problem hast oder auch nur eines siehst, dann wendet man sich an diese Mitarbeiter. Diese stehen in Verbindung mit der Securityzentrale oder direkt mit der Polizei. Heuer haben wir dazu noch den Angel Shot eingeführt. Das ist ein Codewort. Wenn eine Frau sich belästigt fühlt und an der Bar einen Angel Shot bestellt, dann weiß das Personal, dass die Security zu verständigen ist.”

Für das kommende Jahr ist nicht nur bereits der Termin des Nova Rock fixiert, auch Early-Bird-Tickets können bereits gekauft werden. Die nächste Festivalausgabe ist von 13. bis 15. Juni 2024 angesetzt.

(S E R V I C E – www.novarock.at)

Von: apa