"Es hieß auch Abschied nehmen"

SHB blickt auf 2019

Dienstag, 07. Januar 2020 | 17:52 Uhr

Bozen – Zu Jahreswechsel ist es üblich, kurz auf die Tätigkeit des abgelaufenen Jahres zurückzublicken. In diesem Sinne betrachtet der Südtiroler Heimatbund positive sowie negative Ereignisse im Jahr 2019 nochmals erinnert auch an liebe Menschen, die gestorben sind. “Ein trauriger Geburtstag, der 100. Geburtstag von Jörg Klotz, aber auch der 55. Todestag von Luis Amplatz, sowie der Tod von vier Freiheitskämpfern überschatteten dabei das abgelaufene Jahr.”

“Abschied nehmen hieß es bereits im Jänner 2019 von Freiheitskämpfer Luis Steinegger, ihm folgten die Freiheitskämpfer Sepp Innerhofer, Franz Egger und Luis Schönauer. Insgesamt verurteilte der italienische Staat diese einfachen Bauern und Arbeiter für ihren Einsatz für die Heimat zu knapp 15 Jahre Kerker. Nimmt man jene Jahre hinzu, die italienische Gerichte für Jörg Klotz forderten (45 Jahre und vier Monate) so kämen mehr als 60 Jahre hinter Gitter zusammen. Sechs lange Jahrzehnte, mit Leid und Opfer auch für die Häftlingsfrauen und Kinder. In den Weihnachtstagen mussten wir auch Dr. Hans Bachmann auf seinem letzten Weg begleiten. Er hatte viele Jahre tatkräftig im SHB mitgearbeitet und war als Ehemann von Eva Klotz auch schon deshalb eine wichtige Stütze für uns alle”, so Roland Lang, der einen Überblick über die weiteren Tätigkeiten des SHB gibt:

Am 6. Jänner schlägt in einem Brief an Bürgermeister Dr. Renzo Caramaschi der Südtiroler Heimatbund (SHB) vor, eine Straße oder einen Platz im Wohnviertel Drusus 2 an der Reschenstraße nach Kaiserin Maria Theresia zu benennen. Diese Frau genieße europaweit hohes Ansehen, außerdem seien in Bozen nur ganz wenige Plätze Frauen gewidmet. So sei zum Beispiel die Entsumpfung der Zone Drusus 2, die vor ihrer Vollendung steht, damals unter der Leitung des Bozner Bauingenieurs Josef Peter von Zallinger nur durch den Rückhalt der Habsburgerin möglich gewesen. Auch das Land Südtirol hat die Kaiserin mit der Benennung der Radroute zwischen Terlan und Salurn bereits vor Jahren geehrt.

Am 10. Februar findet wie alljährlich das Gedenken an Tausende von Italienern statt, die für die Verbrechen der Faschisten an den in den istrischen und dalmatinischen Küstengebieten lebenden Volksgruppen bezahlt haben. Eine Delegation des SHB hat im Gedenken an alle Opfer am Denkmal für die Foibe-Opfer in Bozen ein Blumengebinde niedergelegt.

Am 22. Februar nahm eine Delegation des SHB auf Einladung des Bürgermeisters von Bozen am Gedenken für die Geschwister Scholl an der Stele für die Widerstandsgruppe in Bozen/ Gries- Quirein teil. Mit weißen Rosen ehrten die SHB- Vertreter den damaligen mutigen Einsatz dieser Jugendlichen gegen den Nationalsozialismus.

Am 6. März machte der SHB wieder einmal seinem Ärger über die fehlende Zweisprachigkeit Luft und seiner Enttäuschung über Landeshauptmann Arno Kompatscher. Denn den vielen Zweisprachigkeitsverletzungen in Ämtern, bei der Post sowie der Bahn scheinen dem Landeshauptmann und der dazu beim Präsidium der Südtiroler Landesregierung angelegten Landesbeschwerdestelle bei Zweisprachigkeitsverletzungen nicht einmal der Mühe wert, den eingehenden Beanstandungen nachzugehen bzw. Abhilfe zu schaffen.

Jüngstes Beispiel ist eine Beanstandung über einsprachige Zugfahrkarten vom Dezember vergangenen Jahres, die vom eigentlich obersten Hüter der Autonomie und der Beschwerdestelle unbeantwortet blieb. Das Regierungskommissariat hat zumindest geantwortet, wenn auch mit Ausreden. So antwortete der Kabinettschef im Auftrag des Regierungskommissars auf diese Sachverhaltsdarstellung. Die einsprachigen Fahrkarten wurden bestätigt, aber es wurde Besserung versprochen.

„Für die von ermächtigten Verkaufsstellen ausgestellten Fahrkarten für regionale bzw. nationale Strecken (wie jene, die Sie der Sachverhaltsdarstellung beigelegt haben) wird zurzeit noch nach technischen Möglichkeiten gesucht, um diese, unter Einhaltung der Maße und des Text-Layouts auf der Fahrkarte mehrsprachig zu verfassen.“

Am Samstag, den 6. April im Paulser Hof in Eppan im vollbesetzten Saal begrüßte Obmann Roland Lang die Ehrenmitglieder, Freiheitskämpfer, Patrioten, die Vertreter des Andreas Hofer Bundes, die Trentiner Kulturvereinigung „NOI TIROLESI/ WIR TIROLER“, die zahlreich anwesenden SHB- Mitglieder sowie die beiden Referenten Dr. Cristian Kollmann und Manfred Haringer.

Mit einem großen Geschenkkorb überraschten dort Obmann Stellvertreter Meinrad Berger und Landeskassierin Reinhild Campidell gleich drei echte Tiroler:
Den ehem. Gewerkschaftler, Buchautor und Publizist Günther Rauch für seine vielen Tirolensien, besonders aber für sein Buch „Italiens vergessenes Konzentrationslager Campo Isarco“, das er in Zusammenarbeit mit dem SHB herausgegeben hat und das bereits großteils vergriffen ist.
Karl Saxer, Gemeinderat von Karneid, erhielt den Geschenkkorb für seine Mitarbeit beim Buch über das faschistische Lager in Blumau. Er hat nicht nur die Erinnerungskultur in seinem Dorf gefördert, sondern auch entscheidend die Errichtung eines Gedenksteines für die Opfer vorangetrieben, so Reinhild Campidell in ihrer Laudatio.

Der Paulser Kaufmann Werner Schmid, Initiator der Paulser Krippenausstellung und der Weinkulturwochen, erhielt den Geschenkkorb des SHB als kleinen Dank dafür, dass er ohne Bitten und mit mehreren Helfern das Grab von Sepp Kerschbaumer, dem Leiter des Befreiungsausschusses Südtirol, gesäubert und renoviert hat. Es mag auch eine Rolle gespielt haben, dass Kerschbaumer wie Werner ein Patriot und ein beliebter und fleißiger Kaufmann war.

In seinem Grußwort dankte der Obmann des Vereines „NOI TIROLESI/ WIR TIROLER“, Erino Stedile, dem SHB für die gute Zusammenarbeit bei der Aufstellung ihrer Dornenkrone am 4. November hinter dem Lügentempel in Bozen. Mit dieser Aktion sollte an die Opfer und Erniedrigungen aller Tiroler seit dem ersten Weltkrieg gedacht werden. Einen guten Verlauf der Versammlung wünschte im Namen der Kameradschaft der ehem. Südtiroler Freiheitskämpfer auch deren Sprecher Dr. Erhard Hartung.

Immer schön von den Verbrechen des Faschismus, die in die Gegenwart hereinreichen und staatstragend sind, auf jene des Nationalsozialismus, die Gott sei Dank der Vergangenheit angehören, ablenken. So funktioniert die Aufarbeitung der Geschichte in Südtirol und besonders in Bozen, so Ortsnamensexperte Dr. Cristian Kollman.

Manfred Haringer, der jahrzehntelang in persönlichen Gesprächen mit Standschützen, Auswertung von Dokumenten und Bildern sowie mit Lokalaugenscheinen sich ein großes Wissen über den 1. Weltkrieg und die Ortlerfront angeeignet hatte, gab in seinem Diavortrag einen tiefen Einblick in die Kriegsjahre auf unseren Heimatbergen, die Strapazen, den Hunger, wobei die Natur mit Kälte und Lawinen sicher der größte Feind aller dort kämpfenden Soldaten war.

Heute feiern wir in Tirol mit dem Entzünden der Bergfeuer nach wie vor das Herz-Jesu-Fest, seit 1796 ein schöner Brauch und Teil des Gelöbnisses. Andreas Hofer wurde zum Volkshelden, die Dolomitenfront zum Besinnungsweg. Strommasten müssen nicht mehr in die Luft gejagt werden, die Forderung nach dem ureigenen Menschenrecht, nämlich jenes nach Selbstbestimmung, darf aber auf keinen Fall verstummen.

Vergessen wir aber am Feuer unserer Heimatverbundenheit nicht, dass es in Europa noch immer Menschen gibt, die wegen ihres friedlichen Eintretens für die Freiheit ihres Landes verfolgt und eingekerkert sind. Es sei nur an den Prozess gegen zwölf angeklagte katalanische Freiheitskämpfer erinnert, die mit spanischen Gesetzen aus der Franco-Zeit angeklagt und mit hohen Haftstrafen rechnen müssen, so der Heimatbund in seiner Aussendung.

Der Südtiroler Heimatbund und der Bezirk Meran-Burggrafenamt luden in Zusammenarbeit mit der SK St. Martin in Passeier am Sonntag, den 1. September 2019 zur Gedächtnisfeier für den Grieser Schützenleutnant Luis Amplatz auf den Brunner Mahdern oberhalb Saltaus ein. Der Name des Freiheitshelden Luis Amplatz und sein selbstloser Einsatz wird, solange es Tiroler gibt, immer ehrenvoll genannt werden. Seine Heimatliebe bezahlte der Schütze mit seinem Leben. Nicht umsonst steht auf seinem Grabstein: … grüß mir die Heimat, die ich mehr als mein Leben geliebt“!

Am 24. Oktober hatte Freiheitskämpfer Siegfried Steger seinen 8o. Geburtstag. Wir wollten ihm zu Ehren eine Feier machen, aber er wollte am Nationalfeiertag 26. Oktober feiern. Da kommen auch die Schützen vom Tauferer Ahrntal, so seine Begründung.

Der Welschtiroler Kulturverein „NOI TIROLESI WIR TIROLER“ wollten auch dabei sein und ihre große Dornenkrone mitbringen.

Die Tauferer Ahrntaler Schützen mit Landeskommandant Stellvertreter Renato des Dorides holten Siegfried zu Hause ab und mit Kanonendonner wurde er zum Festplatz vor dem Gasthof Schweitzer Hof begleitet. Dort stand schon die große Dornenkrone und die Schützen überbrachten Siegfried die Glückwünsche. Besonders seien hier jene der Jungschützen hervorzuheben. Dann waren die „Noi Tirolesi- Wir Tiroler“ an der Reihe und der SHB Obmannstellvertreter Meinrad Berger übersetzte die Reden auf deutsch.

Siegfried Steger war so gerührt, dass ihm die Tränen kamen, dann sagte er: Alles, was ich heute gehört habe, hat mich sehr berührt. Jetzt kann ich eigentlich getrost heimgehen. Es lebe unsere Heimat Tirol“.

Am 8. Dezember fand wie alle Jahre die Gedenkfeier für Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter in St. Pauls statt. Meinrad Berger, einer der jüngsten damaligen politischen Häftlinge, beeindruckte mit seiner kurzen, aber ausgezeichneten und prägnanten Gedenkrede alle Anwesenden.

Seit der Gründung der Initiative Österreichische Staatsbürgerschaft für Südtiroler – INOES vor einigen Monaten arbeitet der SHB in dieser überparteilichen Organisation mit. Eine Delegation derselben, ist im Dezember in Wien mit Vertretern der österreichischen Spitzenpolitik zusammengetroffen, um die nächsten Schritte zur Umsetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler zu besprechen. Dabei überreichten sie ihnen eine Petition mit 1.000 Unterschriften von Südtiroler Persönlichkeiten, darunter Bürgermeister, Gemeinderäte, Vereinsobmänner und Unternehmer, die sich allesamt für die doppelte Staatsbürgerschaft aussprechen. Auch ein Vertreter des SHB begleitete die Delegation.

Am 21. Dezember hat der Bundesausschuss des SHB bei seiner Weihnachtssitzung, die nicht von ungefähr in den Räumen der BAS-Ausstellung in Bozen stattfand, einstimmig beschlossen, 2.500 Euro an eine katalanische Hilfsorganisation zu überweisen, die sich, ähnlich wie der Heimatbund, in Katalonien für die dortigen politischen Häftlinge einsetzt. Bereits im Juni 2019 hatte der SHB eine Paketsendung für verfolgte Katalanen angeregt, die dann von zahlreichen Organisationen und Parteien mitunterstützt wurde!

Die „Associacio Catalana pels Drets Civis”, übersetzt „Katalanische Vereinigung für Bürgerrechte“, wurde uns auch von der Schwester des inhaftierten Jordi Turull für unser Solidaritätszeichen mit den Freiheitskämpfern als sicher empfohlen. Jenen Katalanen, die wegen ihres Einsatzes für ihre Heimat, so wie in Südtirol auch die Pusterer Buam, Egon Kufner und Dr. Erhard Hartung, verfolgt werden, möchten wir mit unserem Weihnachtsgeschenk aus Tirol unsere Hochachtung zeigen.

 

Dies sei nur ein Auszug aus der Tätigkeit des SHB im Jahre 2019, heißt es in einer Aussendung. Ein Dank gebühre allen, die auch dieses Jahr den Südtiroler Heimatbund aktiv unterstützt haben, wobei Lang besonders den Buchautor Günther Rauch und die Bundesleitung des Südtiroler Schützenbundes nennen möchte. “Dazu gehören aber auch meine Stellvertreter Meinrad Berger und Luis Pixner sowie die Mitglieder des Bundesausschusses, aber auch viele andere, die mit Argumenten, Hinweisen und nicht zuletzt Spenden unseren Einsatz für die Heimat erst möglich gemacht haben”, so Roland Lang.

Von: luk

Bezirk: Bozen