Pavillon des Ehrengastlands Slowenien in Frankfurt

Slowenien hofft in Frankfurt auf größere Sichtbarkeit

Donnerstag, 19. Oktober 2023 | 09:58 Uhr

Slowenien ist Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Somit fällt das Licht auf Autorinnen und Autoren, die in einer Sprache schreiben, die nur relativ wenige Menschen weltweit sprechen. Neben Aleš Šteger, Ana Marwan, Drago Jančar und Slavoj Žižek stehen rund 70 weitere Namen auf der Liste jener, die in Frankfurt präsentiert werden. Etliche deutschsprachige Verlage haben slowenische Bücher übersetzen lassen. Rund 400 Übersetzungen liegen im Ehrengast-Pavillon auf.

In Slowenien leben zwar nur etwas über zwei Millionen Menschen – aber das Land hat rund 1.400 Verlage, wie im Ehrengast-Pavillon beim Rundgang zu erfahren ist. Die slowenischen Verlage produzieren jährlich rund 2.000 Neuerscheinungen – die Auflagenzahlen sind aber gering. Im Pavillon will man unter dem Motto “Waben der Worte” Lust auf mehr slowenische Literatur machen. Am Mittwoch war er gut besucht, vom erhofften Wimmeln wie in einem Bienenstock konnte man jedoch nicht sprechen.

Nachhaltigkeit spielt eine Rolle beim Gastlandauftritt: Das Innendesign des Ehrengast-Pavillons beruht auf wiederverwerteten oder zumindest recycelbaren Materialien. Die Gestaltung des lichtdurchfluteten Raumes ist von den bestimmenden Gegebenheiten der slowenischen Landschaft und landschaftsgestaltenden Elementen inspiriert: Die Sitze lassen an eine Felslandschaft denken. Dazwischen stehen Rosmarinsträucher. Die Bücher sind in grünen Regale aufgelegt, die in ihrer Vielzahl an “Heuharpfen” – die traditionellen hölzernen Gestelle zum Heutrocknen, die die slowenischen Wiesen überziehen – erinnern. Warum in luftiger Höhe “Wolken” aus Häkel- und Klöppelspitze schweben, blieb beim Rundgang vorerst unergründet.

In den zwei wabenförmigen Auditorien finden Lesungen und Präsentationen statt. Zitate aus slowenischer Literatur überziehen die Wand des Cafés und Info-Texte informieren über Land, Leute und Buchwesen. Etwa über das Netzwerk an öffentlicher Bibliotheken – das etwas seltsame Motto des Ehrengastlandes – “Waben der Worte” – dürfte auch damit was zu tun haben. Entworfen wurde der Pavillon übrigens vom Studio Sadar, einem Architektur- und Designbüro mit Sitz in Ljubljana. Mehr als 70 Lesungen, Gespräche, Präsentationen und Diskussionen gehen dort bis zum Sonntag über die Bühne.

In der Buchausstellung “Books on Slovenia” sind an die 400 Bücher von slowenischen Autorinnen und Autoren ausgestellt, die in andere Sprachen übersetzt und von 130 Verlagen in 30 Ländern veröffentlicht wurden. Man findet Werke von slowenischen Schriftstellern und Dichtern und Titel, die sich mit der Kultur, Kunst, Geschichte und Gesellschaft und Sprache des Landes befassen. Darunter auch jene rund 100 Bücher, die speziell im Ehrengast-Programm aus dem Slowenischen ins Deutsche übersetzt wurden – die wohl nachhaltige Förderung der Verbreitung des slowenischen literarischen Schaffens. Mehr als 60 deutschsprachige Verlage – darunter Kärntner Verlage wie Drava, Hermagoras, Heyn und Wieser – präsentieren in Frankfurt auch Titel slowenischer Autorinnen und Autoren.

Ein erster Überblick über das literarische Schaffen in Slowenien fällt mit zahlreichen Textsammlungen leicht: Etwa die umfassende Anthologie der slowenischen Lyrik des 20. und 21. Jahrhunderts, “Mein Nachbar auf der Wolke”, herausgegeben von Amalija Maček, Matthias Göritz und Aleš Šteger bei Hanser. Darin werden 80 slowenische Dichterinnen und Dichter in Übersetzung vorgestellt. Oder die Anthologie “Winzige Anomalien” des Grazer Klingenberg Verlag. Darin vereint Herausgeberin Ajda Bračič slowenische Kurzprosa, die in den vergangenen zehn Jahren vom Verlag LUD Literatura veröffentlicht wurde.

Der Residenz Verlag hat Anfang 2023 die Anthologie “Ereignis in der Stadt: 30 Jahre – 30 Texte” vorgelegt. Jelka Ciglenečki führt darin durch das literarische Schaffen slowenischer Autorinnen und Autoren der vergangenen 30 Jahre. Für die Literaturzeitschrift “Die horen” im Wallstein Verlag hat Aleš Šteger neue Literatur aus Slowenien zusammengestellt. Und die Grazer Literaturzeitschrift “Lichtungen” hat mit “Vielleicht war es der Wind” ebenfalls pünktlich zur Buchmesse einen Slowenien-Schwerpunkt vorgelegt: Daniela Kocmut und Natalija Milovanović versammeln darin Schriftsteller von Drago Jančar bis Ana Pepelnik.

Auch in der Stadt kann man slowenische Kultur erleben: Das Fotografie Forum Frankfurt stellt zeitgenössische Fotografie (bis Jänner 2024). Das Deutsche Romantik-Museum lockt mit slowenische Romantik, allen voran France Prešeren, das Filminstitut & Filmmuseum zeigt eine Film-Retrospektive (bis 29.10) und in der Rotunde der Schirn Kunsthalle bewegt sich die junge slowenischen Künstlerin Maruša Sagadin in ihren bunten Installationen zwischen Architektur, Skulptur und Malerei und unterwandert bestehende Normen.

Von: apa