Mussner: Neues Gesetz als gute Basis für zeitgemäße Museumsförderung

Südtirol hat ein neues Museumsgesetz

Freitag, 09. Juni 2017 | 17:15 Uhr

Bozen – Südtirol hat ein neues Museumsgesetz. Der Landtag hat nämlich heute das Landesgesetz Nr. 122/17 über die Museen und Sammlungen genehmigt, das die Landesregierung auf Vorschlag von Landesrat Florian Mussner vorgelegt hatte. Das Gesetz setzt die Museen und Sammlungen in den größeren Kontext der Kultur, Bildung und Forschung und berücksichtigt auch den gesellschaftspolitischen Beitrag der Museen im Rahmen der Autonomie. Eine eigene gesetzliche Grundlage für die Museen betont zudem deren kultur- und gesellschaftspolitische Bedeutung. Laut Mussner hat das neue Gesetz erstmals mit 14 präzise formulierten Zielen einen schlanken Rahmen, vor allem auch um flexibel gegenüber den jeweiligen Bedürfnissen zu sein.

An Weltstandards ausrichten

„Unsere Museen sind wichtige gesellschaftspolitische Kultur-, Bildungs- und Forschungseinrichtungen und werden auch als solche im neuen Gesetz beschrieben“, erklärt Mussner. „Dass Südtirol ein eigenes Landesgesetz für die Museen hat, ist eine Besonderheit, die nur über die Autonomie möglich war; in anderen Ländern werden die Museen mit den Kulturgesetzen mitgeregelt“, betont Mussner. Mit dem neuen Gesetz richten sich die Südtiroler Museen an internationalen Standards aus und schaffen zugleich die Grundlage für eine zeitgemäße Museumspolitik und –förderung.

Erstmals Qualitätsstandards

Konkret wird das Land demnach Kulturgüter erhalten und bewahren und die Menschen dafür sensibilisieren sowie ihnen Zugang zu Kulturgütern ermöglichen, die Digitalisierung der Kulturgüter fördern ebenso wie Museen und Sammlungen unterstützen, die erstmals auch bestimmte Qualitätsstandards erfüllen müssen. Vorgesehen ist auch die Förderung überregionaler Projekte. Es regelt unter anderem die Landesmuseen und den Betrieb Landesmuseen (Aufgaben, Organisation, Finanzierung, Personal, Sammlungsgegenstände, Liegenschaften), die Museen öffentlicher Körperschaften und Privatmuseen, führt den Museumsbeirat als beratendes Organ für die museumspolitische Ausrichtung wieder ein und befasst sich auch mit der Unterschutzstellung von Sammlungen im öffentlichen Interesse.

Nach 30 Jahren neues Gesetz

Das neue Museumsgesetz Südtirols wird das derzeit noch geltende ersetzen. Dieses stammt aus dem Jahr 1988 und regelt die Abteilung Museen, den in die Abteilung eingegliederten Betrieb Landesmuseen und die museale Förderung mit öffentlichen Mittel. In den vergangenen fast 30 Jahren wurde dieses Gesetz immer wieder abgeändert: Zuerst bei der Gründung der Körperschaft Landesmuseen, dann als die Körperschaft aufgelöst und in den Betrieb Landesmuseen umgewandelt wurde und schließlich als die Abteilung Museen als Fachabteilung gegründet wurde. Grundlegend geändert haben sich seit damals zudem Theorie, Praxis und Fachterminologie der Museologie als Wissenschaft. „Eine komplette Überarbeitung des bestehenden Gesetzes war also notwendig“, ist Landerat Mussner überzeugt.

International anerkannte Definition der Tätigkeit

Das neue Gesetz regelt unter anderem die Begriffe „Museum“ und „Sammlungen“: Diese sind bis heute nicht geschützt, das heißt, dass sich jede beliebige Einrichtung als Museum bezeichnen und damit werben darf. Im Zuge der Tätigkeit des Internationalen Museumsrates (ICOM) bildete sich aber eine international anerkannte Definition der Tätigkeit eines Museums heraus, woran sich heute Tausende von Museen weltweit orientieren. Diese Definition liegt auch dem Entwurf des neuen Museums-Landesgesetzes zugrunde und nach ihr richtet sich auch die Finanzierung der einzelnen Häuser durch das Land.

144 Museen und museumsähnliche Einrichtungen

„Das Land Südtirol besitzt zehn große Museen. Zudem gibt es rund 70 Museen und ungefähr 60 Sammlungen und Ausstellungsorte. Die Besucherzahlen aller Museen von 1,5 Millionen jährlich – 835.000 davon in den Landesmuseen – sind der Beweis, dass eine ausgezeichnete Arbeit geleistet wird“, zieht Mussner Bilanz. Unter die zehn Landesmuseen fügt sich auch noch das Museion ein, das eine besondere Entstehungsgeschichte hat. Zum Zeitpunkt der Gründung war es der Landesregierung wichtig, dass der Verein Museion, der viele Jahre gute Vorbereitungsarbeit geleistet hatte, als Stifter gemeinsam mit dem Land in eine Stiftung eingebunden wurde. Das ist bis heute so geblieben. Zählt man die eigentlichen Museen mit den museumsähnlichen Einrichtungen zusammen, kommt man auf die stolze Zahl 144, die auf alle Bezirke Südtirols und beinahe auf jede Gemeinde verteilt sind, sich mit den verschiedenen Bereichen der Kunst, der Kultur, der Natur und der Technik befassen und sich auch an großen, transmusealen Veranstaltungen und Projekten beteiligen, wie etwa am Internationalen Museumstag im Mai oder an der seit 2015 laufenden Initiative Young & Museum.

Arbeitsgruppe mit allen Interessengruppen

Landesrat Mussner bedankt sich bei der Arbeitsgruppe der Landesabteilung Museen unter der Leitung von Abteilungsdirektorin Karin Dalla Torre, in der Vertreter privater Museen, Gemeindemuseen, kirchlicher Museen und der Landesmuseen gemeinsam mit dem Ressort den Gesetzentwurf ausgearbeitet haben.

STF: “Landtag zu feige, den Begriff „Alto Adige“ abzulehnen”

Ein Änderungsantrag der Landtagsabgeordneten Myriam Atz Tammerle zum neuen Museumsgesetz sorgte am Freitag im Landtag für eine angeregte Diskussion. Atz Tammerle verlangte im Gesetz den Ersatz des Begriffs „Alto Adige“ durch „Provincia Autonoma di Bolzano“. Nur Letzterer sei amtlich korrekt und in der Verfassung sowie im Autonomiestatut festgeschrieben.

Die Abgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit argumentierte: „Gerade im Museumsgesetz, wo das historische Wissen, Kulturgut und die Identität im Vordergrund stehen, hat der inkorrekte und faschistisch belastete Begriff ‚Alto Adige‘ erst recht nichts verloren!“ Sie bedauert, dass der Landtag mehrheitlich diesbezüglich keine Sensibilität zeigte.

Besonders enttäuschend findet sie die Tatsache, dass zahlreichen  Abgeordneten, die der deutschen Volksgruppe angehören, der Mut fehle, sich von faschistischem Namen- und Gedankengut zu distanzieren und für die authentische Kultur, zu der auch die Toponomastik gehört, einzustehen.

„Damit spielen sie genau jenen nationalistischen Italienern in die Hände, die, wie sich heute im Landtag erneut gezeigt hat, regelrecht krampfhaft an der faschistischen Toponomastik festhalten!“, gibt Myriam Atz Tammerle zu bedenken.

Von: luk

Bezirk: Bozen