Von: bba
Bozen/Brixen – Mit dem Herunterfahren aller Aktivitäten, die Menschenansammlungen zur Folge haben, mussten die vielen ins Studium integrierten Praktika an der Freien Universität Bozen neu organisiert werden. Für viele Studiengänge galt es alternative didaktische Praktikumsstunden zu ermöglichen, geplante Auslandspraktika wurden neu aufgerollt. Allein bei den Bildungswissenschaften mussten 900 Studierende ihr Praktikum neu organisieren.
Die enge Verknüpfung zwischen Studium und Arbeitswelt ist seit ihrer Gründung ein Wesensmerkmal der Freien Universität Bozen. Daher sind Praktika in verschiedenen Studiengängen der Freien Universität Bozen bereits verpflichtend eingebaut, generell werden sie den Studierenden für einen erleichterten Arbeitseinstieg angeraten. Um diesen Praxisbezug zu gewährleisten, bietet die unibz auch außeruniversitäre Praktika und Postgraduierten-Praktika an, wenngleich in begrenzterem Umfang.
Als die ersten Dekrete des Ministerrats bezüglich des Lockdowns im März in Kraft traten, waren etwa 180 curriculare und postgraduale Praktika an den vier Fakultäten für Wirtschaftswissenschaften, Design und Künste, Naturwissenschaften und Technik sowie Informatik aktiv. Die Freie Universität Bozen hat sich auf diese unerwartete Situation eingestellt und erarbeitete – wo es möglich war – mit Firmen und Praktikantinnen Möglichkeiten, diese im Smartmodus fortzusetzen. „Ein Praktikum stellt eigentlich kein Arbeitsverhältnis dar”, erklärt Iris Tappeiner, Leiterin des Praktika- und Job-Services, „aber in Anbetracht der Wichtigkeit der einzelnen Praktika und vor allem der curricularen Praktika im Sinne einer Ausbildungsmaßnahme, haben wir beschlossen, den Fernmodus anzubieten. Wir haben individuell mit den Studierenden und Unternehmen Kontakt aufgenommen, um zu prüfen, ob das Ausbildungsprojekt unter der Aufsicht der jeweiligen akademischen und betrieblichen Tutoren fortgesetzt werden kann.”
Auf diese Weise konnte das Büro rund 50 Praktika fortführen, 100 Praktika wurden hingegen ausgesetzt, da eine Fortsetzung auf Distanz nicht möglich war. „Besonders schwierig ist dies für einige spezielle Studiengänge wie Sozialpädagogik und Sozialarbeit, aber auch für Studierende der Agrarwissenschaften”, so Tappeiner. „Für sie wurde beschlossen, das Praktikum bis zum 3. Mai 2020 auszusetzen. Nach diesem Datum werden wir versuchen, auf die Bedürfnisse der Studierenden und der Partnerfirmen bzw. -institutionen einzugehen, in der Hoffnung, dass das Praktikum dort wieder aufgenommen werden kann, wo es unterbrochen wurde.” Auch die acht Postgraduierten-Praktika wurden nach individuellen regionalen Regelungen abgewickelt. Einen gesonderten Fall stellten die knapp 20 Auslandspraktika dar. In diesem Fall galten die Bestimmungen des Gastlandes und des Gastunternehmens: Für fast alle Studierenden, die sich dafür entschieden haben, im Gastland zu bleiben, wurde eine Lösung gefunden. Der Antritt neuer Praktika ist im Moment in der Provinz Bozen und im übrigen Staatsgebiet bis zum 3. Mai 2020 ausgesetzt. Im Ausland hingegen können Praktika – wenn möglich -, jedoch immer in Übereinstimmung mit den Vorschriften Italiens und des Gastlandes, weiterhin angetreten werden.
Praktika an der Fakultät für Bildungswissenschaften
Für eine Studierendengruppe ist diese Zeit der Isolation alles andere als leicht, nämlich für jene des Studiengangs Bildungswissenschaften für den Primarbereich. Diese Studierenden leisten während ihres fünfjährigen Studiums jedes Jahr ein Praktikum in Kindergärten oder Grundschulen, wo sie in direktem Kontakt mit kleinen Gruppen und Klassen sind, was derzeit natürlich nicht gewährleistet werden kann. Daher hat die Fakultät für Bildungswissenschaften einen außerordentlichen Interventionsplan erstellt, um alternative didaktische Praktikumsstunden zu ermöglichen. Angeboten wird die Unterstützung der Lehrpersonen bei der Ausarbeitung und Erstellung von Arbeitsaufträgen für den „Teleunterricht“, der Versuch einer eigenständigen Planung und Durchführung von Lerneinheiten, Bildungsaktivitäten in „Teleunterricht“ in Absprache mit den Tutorinnen. Zudem können eigenständig Materialien erstellt werden, die zur Bildungsvision passen, es kann eine neue Lernumgebung erstellt werden, oder die Studierenden arbeiten didaktische Materialien in Kooperation mit den Tutorinnen, Kommilitoninnen oder pädagogischen Fachkräften aus.
In Zahlen ausgedrückt: Im laufenden akademischen Jahr 2019/20 werden 1142 Praktika von 18 Koordinatorinnen der deutschen Abteilung begleitet, in der italienischen Abteilung werden 475 Praktika von 9 Koordinatorinnen begleitet und in der ladinischen Abteilung 73 Praktikantinnen von zwei Koordinatorinnen. Knapp 900 Studierende mussten ihr Praktikum neu organisieren. „Durch all diese unterschiedlichen Angebote gehen wir davon aus, dass unsere Studierenden eine oder mehrere der Möglichkeiten nutzen werden, um ihre bisher in der Ausbildung erworbenen Kompetenzen im jeweiligen Berufsfeld engagiert, kreativ und so selbstständig wie möglich unter Beweis zu stellen“, resümiert Bärbel Riedmann, Leiterin des Praktikumsamtes der deutschen Abteilung an der Fakultät für Bildungswissenschaften, diese komplette Umstellung in Zeiten von Covid-19. „In dieser außergewöhnlichen Situation lernen die Studierenden zudem die Professionalisierung ihres pädagogischen Handelns auch durch die Konfrontation mit dieser Ungewissheit, was morgen sein wird. Durch die Auseinandersetzung, was dies für eine pädagogische Fachkraft im Umgang mit den Kindern bedeuten könnte, kann diese Krise als Lernchance genutzt werden, um fürs Leben zu lernen.“