Die neue Berlinale-Chefin Tricia Tuttle (r) und Claudia Roth

US-Amerikanerin Tricia Tuttle übernimmt Berlinale-Leitung

Dienstag, 12. Dezember 2023 | 15:36 Uhr

Die US-Amerikanerin Tricia Tuttle (53) steht künftig an der Spitze der Berlinale. Die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) stellte die frühere Chefin des London Film Festivals BFI am Dienstag in Berlin als neue Leitung der Filmfestspiele ab 1. April 2024 vor. Die kommende Berlinale ist vom 15. bis zum 25. Februar 2024 geplant und wird noch unter der Leitung von Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek stattfinden.

“Sie hat das London Film Festival während ihrer fünfjährigen Leitung mit einer Serien-Sektion, immersivem Film und einer stärkeren Publikums-Einbindung sowohl durch digitalen Zugang als auch durch Angebote im gesamten Vereinten Königreich erfolgreich neu aufgestellt”, heißt es in einer Aussendung über Tuttle, die auch das Londoner LGBTQIA+ Filmfestival geleitet hat und derzeit Head of Directing Fiction an der National Film and Television School (NFTS) ist. “Sie ist die richtige Wahl, um diese in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.”

“Tricia Tuttle bringt 25 Jahre Film- und Filmfestivalerfahrung mit”, erklärte Roth am Dienstag in einer Pressekonferenz. Unter ihrer Leitung habe das London Film Festival nicht nur einen Publikumszuwachs zu verzeichnen, sondern auch international an Profil und Bedeutung gewonnen. “Sie hat den Herausforderungen der Digitalisierung kreative Strategien entgegengesetzt und das Festival bunter, vielfältiger und zugänglicher gemacht”, würdigte Roth die künftige Intendantin. Tuttle habe die Findungskommission “mit ihren sehr strukturierten Vorstellungen zu den künstlerischen Perspektiven der Berlinale, zu einem modernen, teamorientierten Festivalmanagement, zu nachhaltiger Nachwuchsförderung und zu zeitgemäßen Sponsoringmodellen überzeugt”, sagte Roth.

Tuttle stammt aus North Carolina im Süden der Vereinigten Staaten, wo sie ihre Karriere als Gitarristin der Band June begann. Tuttle nannte die Berlinale einen “Vorreiter unter den A-Filmfestivals – einladend und inklusiv und randvoll mit einer atemberaubenden Vielfalt an Filmen”. Dieses Festival zeige, dass das Kino “eine äußerst lebendige, oft magische Kunstform ist, die die Art und Weise, wie wir die Welt sehen und wie wir einander verstehen, verändern kann”. Die Berlinale verfolge sie seit Ende der 90er-Jahre, die Filmfestspiele seien “sowohl glamourös als auch politisch und provokativ”. Sie sieht das Festival auch eng mit der Stadt verbunden: “Berlin ist verspielt und sperrig, begeistert sich für Kunst und Ideen, ist intelligent und vielfältig.” Für ihre Arbeit kündigte Tuttle ein Programm an, das angelehnt sei an den wertvollen Erfahrungen und künstlerischen Werten der Berlinale. “Dies ist eines der wichtigsten Filmereignisse des Jahres.”

Roth hatte vor einigen Monaten angekündigt, die Berlinale solle künftig nur noch von einer Person geleitet werden als Nachfolge für das bisherige Führungsduo aus Carlo Chatrian (52) und Mariette Rissenbeek (67). Chatrian zog daraufhin Konsequenzen und kündigte an, das Festival nach der Ausgabe 2024 zu verlassen. Rissenbeek hatte bereits zuvor ihr Ausscheiden angekündigt. Beide hatten ihren Posten offiziell im Juni 2019 angetreten. Erstmals in der Geschichte des Filmfestivals hatten sie als Doppelspitze übernommen, Chatrian die künstlerische Leitung und Rissenbeek die geschäftsführende Leitung.

Roth will die internationale Bedeutung der Filmfestspiele erhalten. Die Berlinale soll nach ihrer Vorstellung mit Cannes, Venedig oder Toronto in einer Liga spielen. Für die Nachfolge war eine Kommission unter Vorsitz von Roth auf der Suche nach einer geeigneten Person. Mit dabei waren auch Regisseur und Oscar-Preisträger Edward Berger (“Im Westen nichts Neues”), die Geschäftsführerin der Deutschen Filmakademie Anne Leppin, die Schauspielerin Sara Fazilat oder der Produzent Roman Paul. Der Aufsichtsrat der KKB folgte mit seiner einstimmigen Entscheidung am Dienstag dem einhelligen Vorschlag der Findungskommission.

Zahlreiche Filmschaffende hatten Roth im Vorfeld in Zusammenhang mit dem geplanten Führungswechsel kritisiert. Heute kündigte die Kulturstaatsministerin eine bessere Finanzausstattung für die Berlinale an. Sofern der Bundestag zustimme, werde der Bund von jetzt 10,7 auf 12,6 Millionen Euro aufstocken. Neben diesen Mitteln erwirtschaftet die Berlinale etwa zwei Drittel ihres Etats etwa über Ticketverkäufe und Sponsoring.

Von: APA/dpa/AFP