Von: apa
Wo wäre eine Komödie im Bestattungsmilieu besser angesiedelt als in Wien, der angeblichen Metropole der Morbidität? Am fiktiven Friedhof Donnersbach spielt die schwarzhumorige Serie “Drunter und Drüber”, die mit Nicholas Ofczarek und Julia Jentsch hochkarätig besetzt ist. Sie spielen das ungleiche Leitungsduo, das sich notgedrungen zusammenraufen muss, um mit der Belegschaft gegen die drohende Schließung des Gräberfeldes anzukämpfen. Ab 9. Mai auf Amazon Prime Video.
Der Tod steht am Anfang
Alles beginnt – eh logisch, möchte man meinen – mit einem Todesfall: Friedhofsleiter Thomas Gruber wird von einer herabstürzenden Engelsstatue erschlagen. Vize Helmut “Heli” Wondratschek (Ofczarek) reibt sich die Hände, sieht er sich doch “nur mehr einen Stempel entfernt” vom Chefsessel. Zur Überraschung aller setzt das zuständige Amt allerdings Ursula Fink (Jentsch) an die Spitze. Damit ist die Totenruhe in Donnersbach endgültig perdu.
Das Gespann Ofczarek/Jentsch kennt man bereits aus der düsteren Sky-Serie “Der Pass”, in der die beiden an der bayerisch-salzburgerischen Grenze als höchst unterschiedliches Ermittlerduo Mördern auf der Spur sind. Auch in “Drunter und Drüber” sind die Hauptfiguren voller Gegensätze. Ofczarek spielt Heli als herrlich-pedantischen Ungustl mit Schnauzer und zu kurz gebundener Krawatte, der sich nirgendwo so aufgehoben zu fühlen scheint wie in den Untiefen der Friedhofsverordnung und mit einem Golfcart durch die Gräberzeilen braust, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Jentschs Ursula ist indes der quirlig-fröhliche Gegenpol. Die Neo-Chefin entpuppt sich allerdings – weil im Magistrat bisher für Hundeparks und Kinderspielplätze zuständig – sehr schnell als völlig ahnungslose Newcomerin im Bestattungsbusiness.
Das Drüber als Soap für die drunter
In den Kleinkrieg darüber, wer denn nun tatsächlich das Sagen hat, platzt dann eines Tages die Nachricht der Stadtverwaltung, dass der Friedhof Donnersbach geschlossen werden soll. Jetzt heißt es also wohl oder übel an einem Strang ziehen, damit der Totenacker überlebt – und das mit einer Belegschaft, die aus allerlei schrägen Vögeln besteht: eine Floristin mit Friedhofsphobie, eine Trauerrednerin, die stets nur Marc Aurel zitiert, und einen Totengräber, der einen Draht zu den Verstorbenen hat. Denn auch die haben ihren Auftritt, beobachten sie doch aus dem Jenseits – ein kühl ausgeleuchtetes Fernsehzimmer mit dem Charme eines Flughafenwartebereichs – mitfiebernd und -kommentierend das Geschehen oben am Friedhof als Endlosseifenoper.
Stieleis zum Kühlen, Kindersarg als Grill
Es braucht ein bisschen, bis die Geschichte so richtig verfängt. Zum Totlachen ist sie nicht, sterbenslangweilig aber ebenso wenig. Regisseur Christopher Schier und Drehbuchautorin Judith Westermann haben die von der Wiener Rundfilm produzierte, vorerst acht Folgen zu je rund 25 Minuten umfassende Serie nicht als schrillen Schenkelklopfklamauk mit klischiertem Wienerischem Idiom umgesetzt. “Es ist nicht auf Gags angelegt, sondern auf eine leichte, manchmal schräge Betrachtung des Ganzen”, hatte Jentsch im Rande der Dreharbeiten – gefilmt wurde im Sommer 2024 am Hernalser Friedhof und am Otto-Wagner-Areal – gemeint. Und das trifft es recht genau. “Drunter und Drüber” lebt vom leisen Schmäh, der Slapstickelemente genauso im Repertoire hat wie drastische Satire. Da wird schon einmal die Leiche eines Richters mit Eislutschern gekühlt, ein Würstel am “Tag des offenen Grabes” auf einem Kindersarg gegrillt oder ein Furry – ein Mischwesen aus Stofftier und Mensch – mit Haut und Haar eingeäschert.
Der schwarze Humor wird optisch äußerst lichtdurchflutet gerahmt. Den Gräberhain als sonnenbeschienenes Naturidyll mit anmutig-verwitterten Gesteinsfiguren, gekiesten Wegen und dank seiner Hügellage mit wunderbarem Blick über die Stadt könnte ein Imagevideo der Friedhöfe Wien nicht schöner in Szene setzen.
(Von Thomas Rieder/APA)
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