Das Münster-"Tatort"-Team ermittelt am Sonntag wieder

Neuer Münster-“Tatort” widmet sich der “Erfindung des Rades”

Mittwoch, 03. Dezember 2025 | 06:00 Uhr

Von: APA/dpa

In diesem “Tatort” aus Münster ist ab der 68. Minute nichts mehr wie vorher. Die Folge “Die Erfindung des Rades” hält eine ganze Reihe von Überraschungen bereit. Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) ermitteln im Umfeld des Fahrrad-Traditionsherstellers Hobrecht. Der Grund: Ein ungeliebtes Mitglied der Familie Hobrecht wird als gefrorene Leiche in einer Kiste entdeckt. Zu sehen am Sonntag um 20.15 Uhr in ORF 2.

Es geht ungewöhnlich los, mit einer Mordszene in Schwarz-Weiß im Jahr 1882. Und man reibt sich die Augen: Der üblicherweise mit extravagantem PS-Schlitten ausgestattete Rechtsmediziner Professor Boerne fährt diesmal Fahrrad. Das Duo Thiel-Boerne geht weniger bissig-zynisch miteinander um als sonst. Vor allem aber zeigt die normalerweise kettenrauchende, ruppige Staatsanwältin Wilhelmine Klemm völlig ungekannte Seiten – bevor sie dann furios abtritt.

Eisige Leiche und geschocktes Publikum

Die Story: Firmenchef Kurt Hobrecht (Hannes Hellmann) will dem geladenen Publikum in seiner Manufaktur eine wahre Sensation präsentieren: Ein Rad, das nach einer Originalzeichnung von 1882 gefertigt wurde, die wiederum bei betrieblichen Bauarbeiten entdeckt worden war. Es gehe um nicht weniger als den Beweis, dass das weltweit allererste moderne Fahrrad in Münster erfunden wurde – und nicht 1884 in England, wie er triumphiert.

Allerdings befindet sich bei der geplanten Enthüllung statt des gepriesenen Meisterwerks dann eine Kühltruhe mit der Leiche seiner Bruders Albert in der Radkiste. Den alten Geizkragen mochte keiner der teilweise doch sehr seltsamen und ehrgeizigen Familienmitglieder – und so entpuppen sich alle Angehörigen als mehr oder minder tatverdächtig.

Verraten sei: Bei den Ermittlungen spielen Holzstückchen im Oberschenkel des Toten, gebrochene Fingerknochen und Reste einer Topinambur-Knolle im Magen des Opfers eine Rolle. Und Thiels Vater (Claus Dieter Clausnitzer) hat ein wichtiges Detail zur Lösung des Falls beizutragen.

Was ist los mit Staatsanwältin Klemm?

Staatsanwältin Klemm wirkt anders, fast wie ausgewechselt. “Man hat Frau Klemm privat in all den Jahren so gut wie nie erlebt”, gibt Schauspielerin Mechthild Großmann dazu zu bedenken. “Man hat sie im Grunde immer nur in so was wie einer Uniform gesehen – im Kostüm, Anzug, kleine Handtasche, Aktendings.”

Nur am Rande habe das TV-Publikum mal andeutungsweise Privates erfahren. Dass es eine Abtreibung während des Studiums gegeben haben soll oder sie in einem besetzten Haus gelebt habe, sagt Großmann (76) der Deutschen Presse-Agentur. “Und das sind Geschichten, die nicht besonders staatsanwältlich sind. Sie ist so jemand, dem man alles zutraut.”

Rund 23 Jahre lang ist die Künstlerin – sie spielt auch Theater, hält Lesungen und ist Synchronsprecherin – in die Rolle der unangepassten Juristin geschlüpft, kennt alle Facetten der TV-Figur. Immer wieder hat die Staatsanwältin Thiel bei der Arbeit ausgebremst. Jetzt aber zeigt sie reges Interesse am Fall.

Die Liebe ihres Lebens

Erstaunlich: Klemm greift nicht zur Zigarette, sie wirkt milde, die tiefe Reibeisen-Stimme klingt weicher, man sieht sie daheim Champagner schlürfend im langen roten Kleid. Woher kommt die Wandlung? “Kurt Hobrecht war die erste große Liebe meines Lebens”, vertraut die Staatsanwältin im Laufe der Ermittlungen schließlich Thiel an. Vor 50 Jahren hatte der Besagte sie heiraten wollen, sie lehnte ab, beide hatten sich danach komplett aus den Augen verloren. Doch jetzt knistert es wieder.

Problem nur: Seniorchef Kurt Hobrecht gehört zu den Tatverdächtigen. Und er gesteht sogar. Das Ganze nimmt Klemm erkennbar mit. Als sie Thiel im Büro dann beinahe beiläufig mitteilt, dass sie aufhört – und der nach dem Grund fragt, ist sie noch mal kurz ganz die Alte: “Weil ich zu alt für den Scheiß bin.” Das kommt in Minute 68 – ein herber Schnitt, auch wenn ihr Ausstieg vom WDR schon vor Längerem angekündigt worden war.

23 Jahre in einer TV-Rolle

Steckt nach 23 Jahren in der TV-Rolle auch ein wenig Staatsanwältin Klemm im Privatmenschen Mechthild Großmann? “Das wollen wir mal nicht hoffen”, sagt die 76-Jährige augenzwinkernd. Und ergänzt ernsthaft: “Das ist eine Fernseh-Realität.” Sie bekomme ein Drehbuch und “da steht minuziös drin, was ich spielen soll.” Der Regisseur sage dann, wie er es gerne hätte. “Natürlich können Schauspieler auf ihre Art spielen und haben da ihre Möglichkeiten.”

Aber bis einschließlich ihres letzten Auftritts galt für die Figur Klemm: “Da sind keine eigenen Einfälle drin.” Zum Glück: Die Staatsanwältin muss am Ende nicht den TV-Tod sterben. Großmanns Bilanz fällt positiv aus. Für den “Tatort” aus Münster habe sie immer gerne gedreht. Die Serie sei “familienkompatibel” und “nicht so blutig, auch nicht so anonym”.

(Von Yuriko Wahl-Immel/dpa)

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