Anthony Kiedis und Co boten eine solide Vorstellung

Red Hot Chili Peppers servierten in Wien scharfen Funk

Samstag, 15. Juli 2023 | 13:05 Uhr

Gewisse Rezepte kann man nicht verbessern. Ganz egal, wie sehr man daran herumdoktert, der ursprüngliche Geschmack ist eben doch am besten. Das gilt auch für die Red Hot Chili Peppers: Die kalifornische Gruppe, die seit 40 Jahren ihre Musik unter die Leute bringt, hat sich mit einer gefälligen Mischung aus Rock, Funk und Pop in die Herzen der Fans gespielt. Das bewies das Quartett Freitagabend im Wiener Ernst-Happel-Stadion mit einem kompakten, teils überraschenden Set.

Anlass der seit Mitte vergangenen Jahres laufenden Welttournee ist letztlich die immer noch vorhandene Produktivität der Band: Sänger Anthony Kiedis, Bassist Flea, Drummer Chad Smith und der 2019 wieder dazugestoßene Gitarrist John Frusciante sind eben nicht nur die perfekte Version dieser über die Jahre teils vielgestaltigen Formation, sondern hatten sich nach längerer Auszeit offenbar viel zu sagen – jedenfalls auf kreativer Ebene. Mit “Unlimited Love” und “Return of the Dream Canteen” gab es im Vorjahr nämlich gleich zwei neue Platten zu bestaunen.

Und diese zeigen die Chili Peppers nach wie vor in Form: Das vibrierende Rhythmusfundament von Flea und Smith ist auf Tonträger wie live das Um und Auf, während sich Freigeist Frusciante in melodiöse Höhen soliert. Die unbändige Spielfreude wurde schon beim eingangs gesetzten Jam an den Tag gelegt, bevor mit “Around the World” ein Klassiker die rund 45.000 Besucherinnen und Besucher erstmals wirklich abholen sollte. Wer sich aber auf einen Greatest-Hits-Abend eingestellt hat, wurde wohl etwas enttäuscht. Stattdessen gab es eine kunterbunte Mischung aus alten Perlen, neueren Stücken und so manchem Albumgeheimtipp.

Ein solcher war natürlich das knackige “I Like Dirt” von der 1999er-Großtat “Californication”, die den Status der Band als eine der wichtigsten im globalen Rockzirkus eindrucksvoll einzementierte. Aber bereits davor konnten sich Fans der frühen Stunde ordentlich abreagieren, als das mächtige “Blood Sugar Sex Magik” mehr als 30 Jahre in die Vergangenheit führte. Was aber keineswegs bedeutete, dass die Ohrwurmschmeichler ganz außen vor gelassen wurden. Der gemeinschaftliche Chor wurde schließlich nicht nur bei “Snow ((Hey Oh))” reichlich bedient.

Auffallend ist bei den Red Hot Chili Peppers aber nach wie vor der sehr auf die Musik fokussierte Zugang. Das drückte sich einerseits in etlichen Intros oder zwischendurch gesetzten Jams aus, die bewiesen, wie eingespielt das Trio Frusciante-Flea-Smith ist. Andererseits in einer Bühnenshow, die zwar optisch aufgrund einer von oben nach unten verlaufenden und an einen Wasserfall gemahnenden Videowall zu beeindrucken wusste, aber dabei keineswegs auf plumpe Effekthascherei setzte. Die Songs wurden zwar unterstützt (vielleicht am gelungensten der jüngste Hit “Black Summer” mit einer kleinen Supernova), aber nicht an den Rand gedrängt. Und Publikumsinteraktion muss man bei den Chili Peppers ohnehin mit der Lupe suchen.

Immerhin ließ sich Flea recht früh zu einem “You motherfuckers make us happy!” hinreißen, während ein kurzer Plausch zwischen ihm und Sänger Kiedis wohl nur für Eingeweihte verständlich war. Womit man auch beim üblicherweise auftretenden Manko eines Konzerts der Red Hot Chili Peppers angelangt wäre: So charismatisch Kiedis mit seiner einnehmenden Stimme auch wirken mag, live ist er nicht unbedingt einer der Besten seines Fachs. Immerhin schlug er mittels Teleprompter den sonst gerne auftretenden Textaussetzer ein Schnippchen. Und stimmlich war Kiedis diesmal solide unterwegs. Nur: Ein Entertainer ist an ihm nicht verloren gegangen.

Letztlich gab es eine Show zu erleben, die musikalisch durchaus scharf gewürzt war, aber eben auf klassische Zutaten setzte. Große Hits wie “Californication” oder “By The Way” waren die typischen Erfolgsgaranten, dazwischen gab es mit Stücken wie “Reach Out” den Beweis, dass die Band auch heute noch Relevanz besitzt. Und wer instrumentale Finesse schätzt, ist hier ohnehin gut aufgehoben. Ein Auftritt der alten Schule in neuen Gewändern, die dann doch irgendwie ziemlich bekannt wirkten. Geschmeckt hat es, trotz der eher knappen Spielzeit von unter zwei Stunden, aber sehr.

 

Von: apa