Von: luk
Bozen – Das Jugendalter ist mit vielen Veränderungen und Herausforderungen verbunden. Viele Südtiroler Jugendliche holen sich in dieser Phase Hilfe bei Young+Direct, der Jugendberatung des Südtiroler Jugendrings.
2.201 Mal haben sich Südtirols Jugendliche im Jahr 2018 an Young+Direct gewandt und um Unterstützung gebeten. Dabei wählten sie in acht von zehn Fällen eines der digitalen Beratungsangebote: Im Online-Kummerkasten gingen 1.314 E-Mails ein, es gab 521 Beratungen auf WhatsApp und 25 Kontakte auf Facebook. Über Skype wurde Young+Direct nur vereinzelt kontaktiert.
120 Mal kamen Jugendliche für ein persönliches Gespräch in die Beratungsstelle nach Bozen. Am Telefon kam es zu 216 Gesprächen.
Es wenden sich vor allem Mädchen an Young+Direct, 2018 war ihr Anteil mit 87 Prozent so hoch wie noch nie. Die wichtigste Altersgruppe war 2018 erneut jene der 17- bis 18-Jährigen mit einem Anteil von 32 Prozent. Mit 26 Prozent ist der Anteil der 19- bis 20-Jährigen sehr hoch. Hingegen hat die Bedeutung der Altersgruppen der 13- bis 14-Jährigen sowie der 15- bis 16-Jährigen abgenommen.
Was die Sprache betrifft, so haben sich auch 2018 am öftesten Jugendliche deutscher Muttersprache bei Young+Direct gemeldet (92 Prozent). Während der Anteil der Beratungen mit italienischsprachigen Jugendlichen etwas zurückgegangen ist und nun bei sieben Prozent liegt, hat sich jener der Beratungen mit ladinischsprachigen Jugendlichen erneut etwas reduziert.
Inzwischen machen die Langzeitberatungen weit über die Hälfte der Beratungen aus. 2018 lag der Anteil bei 64 Prozent. Das lässt sich auch diesmal mit dem inzwischen sehr hohen Anteil der so genannten persönlichen Themen erklären, zu denen die Jugendlichen eine längerfristige Begleitung brauchen.
Die Themen
Zum wiederholten Male lagen diese persönlichen Themen auf Platz eins. Mit einem Anteil von 40 Prozent haben sie weiterhin eine große Bedeutung. Lebenskrisen, psychische Probleme, Trauer und Suizidgedanken standen bei diesen Beratungen ganz oben, gefolgt von mangelndem Selbstvertrauen, Selbstverletzendem Verhalten, Ängsten, Problemen mit dem eigenen Äußeren, depressiven Verstimmungen, Einsamkeit.
Das Thema Familie ist weiterhin wichtig und lag mit 19 Prozent zum dritten Mal in der Geschichte von Young+Direct auf Platz zwei. Die Jugendlichen haben vor allem nachgefragt, was sie bei familiären Spannungen tun können, die entstehen, wenn sie sich von den Eltern unverstanden fühlen oder wenn Eltern Verbote aussprechen bzw. Regeln bestimmen. Auch Probleme und Konflikte zwischen anderen Familienmitgliedern, zum Beispiel die Trennung der Eltern, Suchtprobleme oder Krankheiten von Geschwistern oder Eltern, belasteten viele Jugendliche. In vielen Beratungen ging es zudem um Vernachlässigung und Gleichgültigkeit vonseiten der Eltern.
Mit etwas Abstand lag auf Platz drei mit zehn Prozent das Thema Partnerschaft/Liebe. In diesem Zusammenhang kamen am häufigsten die Verliebtheit, der Wunsch nach einer festen Freundin bzw. einem festen Freund, aber auch Liebeskummer sowie Beziehungskonflikte und Trennung zur Sprache.
Auf Platz vier und fünf lagen mit neun Prozent bzw. acht Prozent die Themen Schule/Ausbildung sowie Sucht. Im Bereich Schule/Arbeit waren Überforderung und Leistungsdruck am häufigsten Thema. Oft stand in diesem Zusammenhang auch die Frage nach einem Schulwechsel im Raum. Ausgrenzung, Spott und Mobbing bereiteten den Jugendlichen ebenfalls große Probleme. Beim Thema Sucht ging es in erster Linie um ein ungesundes Essverhalten bzw. um Essstörungen.
Auf Platz sechs findet sich mit fünf Prozent das Thema Freunde. Hier ging es vorwiegend um Streit, Eifersucht und Konkurrenz zwischen den Jugendlichen.
Erneut nach hinten gerückt sind die Beratungen zum Thema Sexualität. Mit inzwischen nur noch vier Prozent Anteil lagen sie 2018 auf Platz sieben. Nach wie vor ging es beim Thema Sexualität in erster Linie um Fragen und Unsicherheiten rund um die Aufklärung, Schwangerschaft, Verhütung sowie um sexuelle Praktiken und das „erste Mal“.
Immer wieder hervorgehoben werden soll das Thema Gewalt: über die persönliche Erfahrung von Gewalt zu reden, ist sehr schwierig, egal, ob es um körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt geht. Aber auch 2018 haben es manche Jugendliche geschafft, diese Hürde zu überwinden. Mehr als 100 Mal haben sie das vertrauliche Angebot von Young+Direct genutzt, um sich diesbezüglich Hilfe zu holen.
Young+Direct unterwegs und vernetzt
2018 war das Team 145 Mal im Außendienst unterwegs. In 84 Workshops an Schulen wurden mit den Jugendlichen die Themen Liebe, Freundschaft, Sexualität vertieft sowie der sichere Umgang mit dem Internet bzw. den Social Media besprochen und geübt. Hinzu kamen Präsentationen von Young+Direct in Schulklassen sowie mehrere Infostands, Referate und Diskussionsrunden.
Die Vernetzung und der Austausch mit anderen öffentlichen und privaten Organisationen im Jugend- und Sozialbereich waren auch 2018 ein wichtiger Teil der Arbeit von Young+Direct. Das Team hat unter anderem mit der Kinder- und Jugendneuropsychiatrie, verschiedenen Sozialdiensten, Psychologischen Diensten und Familienberatungsstellen, sowie mit der Familienagentur des Landes, der Sozialgenossenschaft EOS und der Kinder- und Jugendanwaltschaft zusammengearbeitet.
Vertreten war Young+Direct auch in verschiedenen Arbeitsgruppen, beispielsweise im „Netzwerk Gewalt und Gewaltprävention“ des Forum Prävention, in der Arbeitsgruppe „Prävention von sexuellem Missbrauch und Gewalt“ der Diözese Bozen-Brixen, in der Arbeitsgruppe „PIC – PraxisInterCultura“, im Arbeitskreis „Kinderrechte“ der Kinder- und Jugendanwaltschaft, dem Netzwerk“ Eltern medienfit“ des Forum Prävention, Netzwerk der digitalen Elternbildung des treff.familie des Südtiroler Kinderdorfes, dem Netzwerk Suizidprävention der Caritas, der Arbeitsgruppe „Gesellschaft und ihre Kinder“ in Bruneck und dem Institutionellen Arbeitstisch “Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen des Amtes für Kinder- und Jugendschutz und soziale Inklusion.
Ausblick und zukünftige Projekte
Aus den Themen der Beratungen ergeben sich für unsere Abteilung Beratung und Information einige Bereiche, denen wir uns aktiv widmen werden.
Zum einen ist dies das Thema der Suizidalität. Sehr viele Jugendliche wenden sich mit Suizidgedanken an uns. Aus diesem Grund möchten wir bereits ab dem kommenden Schuljahr ein Projekt, welches die Suizidprävention zum Ziel hat. Da dieses Thema nicht direkt angegangen werden kann, wird sich dieses Projekt damit befassen, Jugendliche über psychische Gesundheit zu informieren, Hemmschwellen für Beratungsangebote abzubauen und den Jugendlichen Möglichkeiten für die Resilienz aufzeigen. Es ist wissenschaftlich belegt, dass dies langfristig zu einer Reduzierung der Suizidalität führt. Zudem werden wir uns dabei des sogenannten PEER EDUCATION Ansatzes bedienen, bei dem es eigens ausgebildete Jugendliche sein werden, welche letztendlich mit den Gleichaltrigen arbeiten werden.
Ein weiterer Punkt wird das Thema Jugendinfostelle sein. Hierbei handelt es sich um ein Informationsangebot für Jugendliche und junge Erwachsene. Ziel wird es sein, zum einen jugendgerechte Informationen zu sammeln und zu erstellen und zum anderen Jugendlichen Informationskompetenz zu vermitteln
Aufgrund der großen Nachfrage und der steigenden Beratungen im Bereich Medienkonsum werden wir unser Informations- und Beratungsangebot für Eltern weiter ausbauen. Da es sich hierbei um die Zielgruppe Erwachsenen handelt, wird dieses Angebot allerdings unter dem Namen der Abteilung Beratung und Information des Sjr laufen.
Noch innerhalb diesen Jahres werden wir, zusammen mit der sexualpädagogischen Beratung der Caritas, eine Broschüre für Menschen mit Beeinträchtigung zum Thema Sexualität in leichter Sprache herausbringen.