Von: ka
Brixen – Über 100 Experten aus der Bauwirtschaft kamen zur zweiten Auflage der Interalpinen Bautage nach Brixen. Zwei Tage lang präsentierten renommierte Professoren und erfahrene Praktiker neue Lösungen für das Bauen in den Alpen.
Die zweite Ausgabe der Interalpinen Bautage im Forum Brixen war ein voller Erfolg. Zwei Tage lang präsentierten Experten aus der Bauwirtschaft neue Lösungen für das Bauen in den Alpen. Der Fokus dieses Jahr: Das Thema Wasser.
Renommierte Professoren und erfahrene Praktiker aus Italien, Österreich, Deutschland und der Schweiz gaben einen Ein- und Ausblick über den richtigen Umgang mit Wasser beim Bau und Betrieb von großen Infrastruktur- und Hochbauprojekten sowie in der Städte- und Tourismusplanung. Unter den Gästen rund 100 Experten aus den Bereichen Planung, Geologie, Messtechnik, Hydrologie und Baustofftechnologie. Organisiert wurde die Fachtagung vom Entwicklungs- und Forschungszentrum IBI – Euregio Kompetenzzentrum mit Sitz in Vahrn.
Gefahren am Bau. Den Auftakt der zweitägigen Fachtagung machten Nord- und Südtirols Vertreter der Landesregierung. Johannes Tratter, Nordtirols Landesrat für Raumordnung und Gemeinden, meinte in seinen Grußworten: „Wir erleben immer wieder, dass in Ortschaften gebaut wird, wo zum Teil große Wassergefahren lauern. Das stellt uns vor enorme Herausforderungen.“
Südtirols Energielandesrat Richard Theiner schlug in dieselbe Kerbe. „Früher brauchten die Bauern keinen Gefahrenzonenplan. Sie wussten genau, wo die Errichtung einer Hofstelle Sinn macht und wo es zu gefährlich ist“, so Theiner.
Wasser im Tunnelbau. Über die Gefahren von Wasser bei großen Infrastrukturprojekten referierte unter anderem Robert Galler. Der Professor für Geotechnik und unterirdische Konstruktionen an der Montanuniversität Leoben gilt als Koryphäe im Tunnelbau. In der Kategorie Forschung wurde er im vergangenen Jahr von der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ als Österreicher des Jahres ausgezeichnet.
Kritischer Blick aufs Wassersparen. Mit provokanten Aussagen ließ der deutsche Energie- und Wassermanagementberater Hans-Jürgen Leist aufhorchen. „Wir könnten mit gutem Gewissen mehr Wasser verbrauchen. Mit unserer Sparwut schaden wir der Umwelt mehr als wir ihr nützen“, meinte Leist. Der Wasserverbrauch sei die vergangenen Jahre massiv zurückgegangen, das führe zunehmend zu Problemen in den Abwasserkanälen. „Fließt zu wenig Wasser durch die Rohre, nimmt auch die Legionellengefahr weiter zu“, so Leist. Im Zuge der Klimaerwärmung, so befürchtet der deutsche Wasserexperte, werde sich das Legionellenproblem noch weiter verschärfen.
Unwort Kunstschnee. Für Andrea Del Frari, dem Direktor von Skirama Kronplatz, bedeutet Wasser vor allem eines: Schnee. „Und mit dem Schnee hängt die gesamte Wertschöpfungskette im Pustertal zusammen. Unsere Nächtigungen sind gestiegen, obwohl der Schnee weniger wurde. An die weißen Streifen in der Landschaft hat man sich mittlerweile gewöhnt. Ob natürlicher oder technischer Schnee, den Gästen geht es heute vor allem um perfekt eingeschneite Pisten“, meinte Del Frari bei seinem Referat in Brixen. Um den Skifahrern eine hundertprozentige Schneegarantie zu geben, sind allein im Skigebiet Kronplatz knapp 600 Schneekanonen rund um die Uhr im Einsatz. „Man wirft uns immer wieder großen Wasserverbrauch vor. Allerdings verbrauchen wir für die Herstellung von technischem Schnee nur zwei Prozent des Wassers in Südtirol. Im Vergleich: Die Landwirtschaft verbraucht 65 Prozent des Wassers“, so Del Frari.
Zukunft der Wasserkraft. Zu den Top-Referenten der Interalpinen Bautage zählte unter anderem Anton Schleiss, Professor an der Eidgenössisch Technischen Hochschule in Lausanne. Der Vorstand des Schweizer Wasserwirtschaftsverbandes ist überzeugt: „Die Energiewende kann nur dann gelingen, wenn wir den Strommarkt nicht weiter subventionieren.“ Der Wasserkraft prophezeit er eine rosige Zukunft. „Wasserkraft ist die günstigste Energieform. Allerdings machen neue Kraftwerke nur noch als Mehrzweckprojekte Sinn. Neben der Erzeugung von Energie sollten sie künftig auch für touristische Zwecke genutzt werden“, erklärte Professor Schleiss in Brixen.
Strompreise im Keller. Die Zukunft der Wasserkraft war auch Thema der Podiumsdiskussion. „Eine diffuse Energieproduktion wird immer wichtiger. Wir brauchen die Wasserkraft genauso wie die E-Mobilität“, zeigte sich Johann Wohlfarter, Generaldirektor der Alperia AG, überzeugt. Johann Herdina, einer der Vorstände der TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG, thematisierte das Thema Strompreise: „Mir kommen die Tränen, wenn ich mir die aktuell niedrigen Strompreise ansehe.“ Zum Ausbau der Wasserkraft meint er: „Kleinstkraftwerke unter 1 Megawatt werden kaum noch Zukunft haben. Entsprechend macht es auch keinen Sinn, dass wir kleine Bäche weiter für die Energieerzeugung nutzen“, so Herdina. Eine Aussage, die von Elisabeth Sötz von der Umweltschutzorganisation WWF Österreich bei der Diskussionsrunde in Brixen mit großer Zufriedenheit aufgenommen wurde.
Die Organisatoren. Das IBI – Euregio Kompetenzzentrum mit Sitz in Vahrn ist ein Entwicklungs- und Forschungszentrum. Es vernetzt Disziplinen und Länder, um Innovationstreiber für das Bauen in den Alpen zu sein. Experten aus Südtirol/Italien, Österreich, Deutschland und der Schweiz arbeiten hier zusammen, um die Herausforderungen des alpinen Geländes und Klimas für die Bauwirtschaft länderübergreifend zu behandeln. Wissen aus den Bereichen Planung, Geologie, Messtechnik, Hydrologie und Baustofftechnologie wird so sinnvoll vernetzt.
Das IBI forscht und entwickelt nicht nur, sondern ist auch Berater und Dienstleister für die Bauwirtschaft.