Von: mk
Bozen – Der alpine Tourismus ist keine Insel der Seligen. Er ist der Motor eines gesamten Wirtschaftssystems. In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen rund um die Covid19-Pandemie, gehen Touristiker nun von einem Totalausfall der Wintersaison aus. Was das in Zahlen bedeutet und welche Auswirkungen das weit über die Branche hinaus hat, zeigt die von Vitalpin in Auftrag gegebene Hochrechnung der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW). Keine Nächtigungen im Winter 2020/21 heißt: 15,8 Milliarden Euro Umsatzausfall und eine Steigerung der Arbeitslosen um knapp 200.000.
Eine touristische Öffnung wird es aller Voraussicht nach in dieser Saison nicht geben, das ist im Hinblick auf das aktuelle Infektionsgeschehen nicht mehr realistisch. Die von Vitalpin, der internationalen Interessensgemeinschaft für alpines Wirtschaften, in Auftrag gegebene Hochrechnung zeigt die dramatischen wirtschaftlich Auswirkungen, die weit über die Branche hinaus zu spüren sind. Hannes Parth, Obmann von Vitalpin, zeigt sich besorgt: „Durch Reisewarnungen und Lockdowns steht nicht nur der Tourismussektor vor enormen Herausforderungen. Auch viele andere Branchen, die indirekt vom Reisegeschehen abhängig sind, haben mit massiven Umsatzeinbußen zu kämpfen. Der Virus hat die Gesundheit des gesamten Wirtschaftssystems im Alpenraum ins Wanken gebracht. Umso mehr gilt es an dieser Stelle, einen großen Dank an Seilbahnunternehmen und an jene Betriebe zu richten, die trotz wirtschaftlicher Verluste, Freizeit- und Sportaktivitäten für Einheimische unter Einhaltung größtmöglicher Sicherheitsvorkehrungen ermöglicht haben. Denn wie sowohl die Erfahrung als auch eine Studie der AGES in Österreich bestätigen, stellt die Ausübung von Outdoor-Aktivitäten wie Skifahren, keinen Widerspruch zu einer verantwortungsvollen Pandemiebekämpfung dar, sondern ist ein wertvolles Angebot, insbesondere für unsere Kinder.“
Inhalt der Hochrechnung
Die Hochrechnung analysierte Auswirkungen der Nächtigungsrückgänge im Alpenraum im Winter 2020/21 auf die Umsätze, die Wertschöpfung, den Arbeitsmarkt und die unselbstständigen Einkommen in den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen. Unter „alpiner Raum“ werden in der Hochrechnung die österreichischen Bundesländer Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Steiermark, der Kanton Graubünden, der Freistaat Bayern sowie Südtirol verstanden. Studienautor Dr. Stefan D. Haigner (GAW) zieht folgende Bilanz: „Insgesamt zeigt die Studie einmal mehr die Bedeutung des Alpentourismus als Wirtschaftsfaktor für alle Branchen.“
Wirtschaftsmotor Tourismus
Destinationen und Betriebe bekamen die direkten Auswirkungen der Corona-Krise sehr schnell zu spüren. Die Umsatzausfälle in den direkt betroffenen Sektoren führen aber über die realwirtschaftlichen Kreislaufverflechtungen sowie die innerregionalen Lieferbeziehungen am Ende zu Einbußen in allen Branchen. Die Hochrechnung zeigt, dass der Totalausfall des Nächtigungstourismus im alpinen Raum einen Wertschöpfungsverlust von 23 Milliarden Euro, einen Einkommensverlust von 8,7 Milliarden Euro und einen Verlust an knapp 200.000 Jobs mit sich bringt. Stark betroffene Bereiche, neben dem Tourismus an sich, sind etwa der Handel und die Bauwirtschaft. Über 32.000 Verkäuferinnen und Verkäufer bangen um ihren Job und mehr als 13.000 Bauarbeiter. Stark betroffen sind auch Mobilitätsanbieter, Dienstleister und die Landwirtschaft. Weil die Abnehmer aus der Gastronomie und Hotellerie fehlen, müssen Tonnen an wertvollen Lebensmitteln vernichtet werden: „So wie eine Kuh auch in Pandemiezeiten weiter Milch gibt, muss auch angebautes Gemüse geerntet werden, unabhängig davon, ob es dafür Abnehmer gibt oder nicht. Das führt dazu, dass allein in Tirol kürzlich 120.000 Tonnen Kohl vernichtet werden mussten, um nur ein Beispiel für die prekäre Lage der indirekt betroffenen Branchen zu geben“, zeigt Theresa Haid, Geschäftsführerin von Vitalpin, auf.
„Diese Zahlen beweisen deutlich, dass ein gesundes Wirtschaften im Alpenraum ohne die Schlüsselindustrie Tourismus nicht möglich wäre. Es bleibt nur zu hoffen, dass die staatlichen Hilfspakete ausreichen, um die gesunden Betriebe durch diese schwierige Zeit zu bringen. Nur so kann die Branche gut vorbereitet und mit Zuversicht in den Sommer starten. Das Bedürfnis zu reisen ist ungebrochen gegeben und die Menschen sehnen sich nach Qualitätsurlaub und Erholung in den Alpen“, so Haid abschließend.