Neue Gesetzesvorgaben

Anwaltshonorare: Kostenvoranschlag nötig – auch ohne explizite Anfrage

Mittwoch, 13. September 2017 | 09:57 Uhr

Bozen – In der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) ist man erfreut über die neuen Vorgaben des Gesetzes zur Konkurrenz (G. Nr. 124/2017, in Kraft seit 29.08.2017), welches für die Anwälte die Pflicht einführt, auch dann einen Kostenvoranschlag zu den Kosten ihrer Tätigkeit zugunsten der Kunden auszustellen, wenn dies die Kunden nicht explizit verlangen.

Bis dato stellten die Anwältinnen und Anwälte nur dann einen Kostenvoranschlag aus, wenn dies die Kunden verlangten; manchmal wurden Bitten um einen Kostenvoranschlag auch abgeschlagen, weil es „unmöglich“ sei, „bereits im Voraus die genauen Kosten festzulegen“.

Im Beratungsalltag hören die Verbraucherschützer auch immer wieder, dass die Kostenvoranschläge nur mündlich mitgeteilt werden, und dass dann bei Rechnungslegung die Beträge nicht übereinstimmen – wobei es in einem solchen Fall klarerweise nicht möglich ist, die Nichteinhaltung des Kostenvoranschlags zu beanstanden.

Mit Einführung der Pflicht zum schriftlichen Kostenvoranschlag sollten solch oder ähnliche unliebsame Überraschungen nun endlich der Vergangenheit angehören.

Die nunmehr gültigen Normen (Art. 13, 5. Absatz) besagt: „Der Gewerbetreibende ist, im Sinne der Einhaltung des Transparenzprinzips, verpflichtet, dem Kunden den Grad der Komplexität des Auftrags mitzuteilen, wobei alle nützlichen Informationen über absehbare Auflagen von Auftragsbeginn bis Auftragsabschluss gegeben werden; auch ist er verpflichtet dem Auftraggeber in schriftlicher Form das voraussichtliche Ausmaß der Kosten der Leistung mitzuteilen, aufgeschlüsselt nach Belastungen, (Pauschal)Spesen und Entlohnung der professionellen Tätigkeit.“

Die Anwältinnen und Anwälte sind also verpflichtet, schriftlich (oder in digitaler Form) im Voraus die Entlohnung für die auszuführenden Tätigkeiten den Kundinnen und Kunden mitzuteilen, auch ohne explizite Anfrage!

Dazu merken die Verbraucherschützer an, dass im Verhältnis zwischen Anwälten und Mandanten auch den Kunden eine „aktive“ Rolle zukomme, und es daher auch an ihnen liege, ihre Rechte geltend zu machen, und einen Kostenvoranschlag zu verlangen, der so viele Details wie möglich enthält. Dies gilt für alle Aufgaben, die einem Anwalt übertragen werden, z.B. auch für eine reine Beratung.

Der Anwalt stellt den Kostenvoranschlag nach gründlicher Bewertung des Falls aus, daher sollten alle Informationen, über die man verfügt, mitgeteilt werden; so kann im Kostenvoranschlag auch vermerkt werden, was eventuelle zusätzliche Tätigkeiten, die erst in einem zweiten Moment geleistet werden müssten, kosten würden (z.B. Kosten für eine Klage, falls die außergerichtliche Einigung zwischen den Parteien scheitert).

Der Kostenvoranschlag bindet beide Parteien, daher muss der Anwalt das veranschlagte Honorar einhalten. Sollten Umstände auftreten, welche bei Erstellung des Kostenvoranschlags nicht absehbar waren, muss die Anwältin einen neuen Kostenvoranschlag ausstellen, wobei der Kundin genau erklärt werden muss, welches der Grund für die Änderung und neue Preisfestlegung war, und ihr die Möglichkeit eingeräumt werden muss, vom Vertrag zurückzutreten; das gleiche Recht besitzt die Anwältin, wenn die Kundin mit den Änderungen nicht einverstanden ist.

Neben dem Kostenvoranschlag umfasst die Informationspflicht noch weitere Aspekte: Der Kunde muss über die Komplexität der Klage oder der zu erbringenden Leistung informiert werden; und der Kunde muss über die wahrscheinlich bis zum Ende der Klage anstehenden Auflagen (z.B. Verhandlungen, technische Berichte, Anruf Dritter, einheitlicher Gerichtskostenbeitrag, Zustellungsspesen, usw.) informiert werden.

Nach Meinung der VZS ist die neuen Norm jedoch immer noch lückenhaft, da keine spezifische Sanktion vorgesehen ist, wenn die Pflicht zur Ausstellung des Kostenvoranschlags – und somit das Transparenzprinzip in den Beziehungen mit den Gewerbetreibenden – nicht eingehalten wird.

Das Gesetz sieht nämlich nur vor, dass widrigenfalls die Entlohnung auf jeden Fall zustehen wird, aber dann nach den vom zuständigen Ministerium festgelegten Kriterien. „Das erscheint doch ziemlich mager! Eine Vorschrift erhält ihr Durchsetzungsvermögen von den vorgesehenen Strafen bei Nichtbeachtung – fehlen die Strafen, verliert die Norm merklich an Kraft!“, kritisiert die VZS.

Der Art. 13, 9. Absatz der Berufsordnung der Anwälte sieht die Möglichkeit vor, dass man sich bei Uneinigkeiten zwischen Anwalt und Mandant an die Anwaltskammer wenden kann, welche einen Schlichtungsversuch unternimmt.

„Wir möchten daran erinnern, dass eine genaue Kenntnis der anfallenden Kosten stets wichtig ist – sei der Auftragnehmer nun ein Anwalt, ein Handwerker oder ein anderer Gewerbetreibender“, erklären die Verbraucherschützer. Der Rat der VZS: am besten immer mindestens drei Kostenvoranschläge einholen, damit man die für die eigene Situation passendste Lösung aussuchen kann.

Von: mk

Bezirk: Bozen