Offener Brief

Camping-Freunde wehren sich: “Luxus- und Sportwagen bleiben unbehelligt”

Dienstag, 23. Dezember 2025 | 18:15 Uhr

Von: mk

Bozen – Der Südtiroler Gemeindenverband hat eine Musterverordnung gegen das Wildcampen vorgestellt und an die Gemeinden verschickt. Die Vorlage soll Südtirols Gemeinden eine rechtlich fundierte und einheitliche Grundlage bieten, um verstärkt gegen ungeordnetes Campieren und Dauerparken mit Wohnmobilen an ungeeigneten und dafür nicht ausgewiesenen Orten vorzugehen. Während der HGV die Maßnahme begrüßt, regt sich auch Widerstand. Michael Burchia, der aus Südtirol stammt und selbst mit dem Wohnmobil unterwegs ist, kritisiert, dass alle in einen Topf geworfen werden.

Wörtlich schreibt er in einem Brief an Südtirol News:

Mit großem Unmut habe ich den Artikel zur vom Südtiroler Gemeindenverband vorgestellten Musterverordnung gegen das sogenannte Wildcampen sowie die dazu veröffentlichte Stellungnahme des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) zur Kenntnis genommen.

Die Darstellung erweckt den Eindruck, dass Wohnmobile pauschal als Hauptverursacher von Umweltverschmutzung, Naturbelastung und Sicherheitsproblemen dargestellt werden. Diese Sichtweise greift aus meiner Sicht deutlich zu kurz und wird der tatsächlichen Situation nicht gerecht. Das eigentliche Problem liegt vielfach nicht bei Wohnmobilen an sich, sondern bei fehlender Infrastruktur sowie bei Fahrzeugen wie Autos und Reisebussen ohne sanitäre Einrichtungen, die ebenfalls an sensiblen Orten parken und zur Belastung beitragen – ein Aspekt, der im Artikel keinerlei Beachtung findet.

Besonders befremdlich empfinde ich, dass unter dem Deckmantel des Umweltschutzes in erster Linie Verbote ausgesprochen werden. Wenn der Schutz der Natur tatsächlich im Mittelpunkt stünde, müsste konsequenterweise auch der zunehmende Verkehr von hochmotorisierten Luxus- und Sportwagen auf unseren Passstraßen thematisiert werden. Diese Fahrzeuge tragen erheblich zu Lärm, Emissionen und Verkehrsbelastung bei, bleiben jedoch weitgehend unbehelligt. Hier entsteht der Eindruck, dass nicht das Verhalten an sich problematisch ist, sondern wer es sich finanziell leisten kann.

Statt pauschaler und strikter Verbote halte ich es für wesentlich sinnvoller, einfache, klar geregelte und kostengünstige Stell- und Rastplätze zu schaffen. Keine Luxusplätze, keine zusätzlichen touristischen Prestigeprojekte, sondern schlichte, funktionale Plätze mit grundlegender Infrastruktur wie Müllentsorgung und sanitären Einrichtungen. Solche Lösungen würden Ordnung schaffen, Umweltbelastungen reduzieren und gleichzeitig einen fairen Zugang ermöglichen.

Als Südtiroler schmerzt es mich besonders, dass es für Einheimische zunehmend unmöglich wird, die eigene Heimat frei und leistbar zu erleben. Ich kann meinen Kindern kaum noch zeigen, woher wir kommen, ohne überall mit Verboten, Gebühren und Einschränkungen konfrontiert zu werden. Öffentliche Räume werden zunehmend monetarisiert, und Menschen ohne große finanzielle Mittel werden faktisch ausgeschlossen.

Gleichzeitig entsteht der Eindruck, dass für zahlungskräftige Touristen vieles erlaubt bleibt, solange konsumiert wird. Diese Ungleichbehandlung empfinde ich als sozial unausgewogen und widerspricht dem Anspruch eines nachhaltigen und fairen Tourismus.

Wenn der HGV von Fairness im Tourismus spricht, sollte diese Fairness auch gegenüber der einheimischen Bevölkerung gelten. Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur wirtschaftliche Interessen zu schützen, sondern auch soziale Verantwortung zu übernehmen und Natur für alle Menschen zugänglich zu halten.

Ich wünsche mir eine differenziertere Berichterstattung sowie politische Entscheidungen, die auf Ausgleich, Vernunft und langfristige Lösungen setzen – nicht auf pauschale Verbote. Natur sollte für alle genießbar bleiben und nicht zu einem Privileg für wenige werden.

Bezirk: Bozen

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