Fleisch künftig nicht nur vom Tier, sondern auch vom Labor

Knapp zwei Drittel für Zulassung von sicherem “Laborfleisch”

Mittwoch, 13. März 2024 | 13:44 Uhr

63 Prozent der Menschen in Österreich sind für eine Zulassung von sogenanntem Laborfleisch, sofern es für sicher befunden wurde. Das zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Online-Umfrage im Auftrag des Thinktanks Good Food Institute Europe durch YouGov. Heftige Kritik kam von Vertretern des Landwirtschaftssektors, der Bauernbund sah eine “Kampfansage”.

Generell sei das Interesse an “nachhaltigeren” Ernährungsformen groß, legte die Umfrage weiter nahe: 59 Prozent finden, dass zu viele tierische Produkte konsumiert werden. 47 Prozent wünschen sich Alternativen zu Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten. 30 Prozent der gut 1.000 Befragten der laut YouGov repräsentativen Studie gaben an, dass sie selbst in den nächsten zwei Jahren mehr pflanzliche Fleischalternativen konsumieren wollen, 28 Prozent mehr pflanzliche Milchalternativen. 60 Prozent finden, “dass die Politik die Benachteiligung von pflanzlichen Milchalternativen bei der Mehrwertsteuer” beenden müsse.

59 Prozent berichteten, dass sie auch schon von im Labor produziertem Fleisch gehört hätten. 42 Prozent würden “Laborfleisch” zumindest einmal probieren. Von den Unter-35-Jährigen und Flexitariern – sogenannte flexible Vegetarier, die Fleisch aus Massenproduktion ablehnen – sagte das jeweils sogar mehr als die Hälfte. 66 Prozent finden, dass “kultiviertes Fleisch” auch in Österreich hergestellt werden soll, wenn es auf den Markt kommt, damit die Wirtschaft profitieren kann. “Diese Position wird in allen Wählergruppen geteilt”, hieß es im Bericht zur Umfrage.

“Hinter Laborfleisch steht eine riesige Industrie-Lobby. Es geht um die Frage, ob wir uns künftig mit Kunstfleisch aus der Fabrik oder mit natürlichen, regionalen Lebensmitteln ernähren wollen”, gab Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) zu denken. “Industrielles Laborfleisch” stehe im Widerspruch “zu unseren bäuerlichen Familienbetrieben und unserer natürlichen Lebensmittelproduktion. Hier werden Inhaltsstoffe und Methoden eingesetzt, deren Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt noch keiner gänzlich kennt”.

Er forderte gegenüber der APA eine breite Diskussion sowie Transparenz und eine umfassende Folgenabschätzung in der EU. Sonst drohe, “dass wir uns beim Essen in eine blinde Abhängigkeit einiger weniger internationaler Großkonzerne begeben”. Gemeinsam mit Italien und Frankreich “habe ich deshalb vor der drohenden Marktzulassung eine breite Diskussion auf EU-Ebene gefordert”, so der Minister. “Österreichs Vorstoß haben 18 EU-Länder unterstützt.”

“Kultiviertes Fleisch muss ein gründliches, mehrstufiges Zulassungsverfahren durchlaufen, bevor es auf den europäischen Markt kommt”, sagte Ivo Rzegotta, Senior Public Affairs Manager beim Good Food Institute Europe. Die Ergebnisse würden zeigen, “dass die Österreicher keine ideologisch aufgeladenen Debatten wollen, sondern dass sie es den Menschen überlassen wollen, ob sie kultiviertes Fleisch essen oder nicht”.

Für die Herstellung von “Laborfleisch” sind Stammzellen notwendig, die aus dem Muskelgewebe eines lebenden Tieres gewonnen werden. Im Labor werden die Zellen in einem Behälter mit einer Nährlösung angereichert. Um sie zu vermehren, ist außerdem ein sogenanntes Wachstumsserum notwendig. Dabei handelte es sich bei den bisher häufig angewendeten Technologien um Blut, das Kälber-Föten entnommen wird. Bei der Gewinnung stirbt sowohl der Fötus als auch das Muttertier. Es wird aber auch bereits mit Methoden geforscht, die ohne dieses fetale Kälberserum auskommen.

Wenn genügend Zellen herangewachsen sind, wird das Endprodukt durch einen Fleischwolf oder mithilfe eines 3D-Druckers geformt. Daraus entstehen dann etwa Burger-Patties oder Nuggets. Als erstes Land in der EU hat Italien im vergangenen Juli für ein Verbot von Lebensmitteln aus Zellkulturen gestimmt. Das ließ die Debatte in Europa aufflammen.

Bauernbund-Präsident Georg Strasser bezeichnete die am Dienstag vorgestellten Ergebnisse als unseriös: “Diese Online-Umfrage ist nicht repräsentativ und wurde von einer NGO lanciert, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die natürliche Lebensmittelproduktion zu verteufeln.” So würden “Sorgen und Ängste bei unseren nachhaltig produzierenden Bauernfamilien” geschürt. “Durch tendenziöse Fragestellungen wird bewusst ein Ergebnis provoziert, das in eine gewisse Richtung zeigen soll. Das ist eine Kampfansage und wir wollen es nicht zulassen, dass dieser Kampf auf dem Rücken unserer Bäuerinnen und Bauern ausgetragen wird.” Die Landwirtschaft und deren wesentlicher Beitrag zum Klima- und Umweltschutz dürften nicht schlechtgeredet werden.

Der Verein Wirtschaften am Land kritisierte am Mittwoch die Studie ebenfalls und sieht im Thinktank Good Food Institute Europe eine “Lobby-Organisation für pflanzliche und zellbasierte Alternativen zu tierischen Produkten, was eine Voreingenommenheit nahelegt”, hieß es in einer Aussendung. “Hinter künstlich hergestellten Fleischimitaten aus Brutreaktoren steht eine finanziell starke Industrielobby, die ihre eigenen Interessen verfolgt und versucht, die öffentliche Meinung zu formen”, so Robert Pichler, Obmann des Vereins Wirtschaften am Land und Leiter der Abteilung Wirtschafts-, Agrar- und Europafragen im Österreichischen Raiffeisenverband. Der Verein sehe zudem eine vermischte Darstellung von Zustimmungsraten zu interessensgetriebenen Fragestellungen in den Umfrageergebnisse.

Zudem habe es laut Wirtschaften am Land eine unabhängige Studie von Integral Onlinebus gegeben, die im August und September des Vorjahres 1.000 Personen im Alter von 18 bis 75 Jahren befragten. Dabei habe sich gezeigt, dass zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) den Konsum von Laborfleisch für sich ausschließen.

Interesse an einer Änderung der Konsumgewohnheiten besteht in Österreich aber laut YouGov auch abseits von “Laborfleisch”, legt die Umfrage nahe: “46 Prozent der Befragten sagen, dass sie in den nächsten zwei Jahren weniger tierische Produkte konsumieren wollen.” Dabei geht es vor allem um pflanzliche Optionen zu Fleisch oder Milchprodukten. 53 Prozent hoffen, dass Landwirte dabei unterstützt werden, auf einen höheren Anteil von pflanzlichen Lebensmitteln umzustellen. 50 Prozent wollen den Anteil von pflanzlichen Produkten in öffentlichen Kantinen erhöht sehen, zum Beispiel in Schulen und Krankenhäusern.

Von: apa

Kommentare

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37 Kommentare auf "Knapp zwei Drittel für Zulassung von sicherem “Laborfleisch”"


Sortiert nach:   neuste | älteste | Relevanz
Grantelbart
Grantelbart
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

Bevor wieder gegen das böse Laborfleisch gehetzt wird, sollte man sich vor Augen halten, dass wie aus einem neuen Bericht des WWF hervorgeht etwa ein Drittel der Landmasse der Erde für irgendeine Form der Tierhaltung ver(sch)wendet wird. Man stelle sich vor diese Fläche würde füer den Anbau von pflanzlichen Nahrungsmitteln verwendet – das Hungerproblem der Welt wäre gelöst.

Orch-idee
Orch-idee
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

@grantelbart… Auch Laborfleisch braucht viele Energie… Sollen wir die Landwirtschaft aufgeben um Solaranlagen zu bauen um das künstliche Fleisch herzustellen?

latteguschtl
Grünschnabel
1 Monat 14 Tage

also doch panierter Salat

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 14 Tage

Ganz genau! Und nur die dümmsten unter den Dummen halten immer noch an der traditionellen “Mahlzeit” und uhren Gewohnheiten fest. Im Unwissen was sie der Erde und damit uns Menschen damit letzten Endes antun.
Ich bin Fleisch Esser aber mann kann mit Vernunft essen!

sauermachtsuess
sauermachtsuess
Grünschnabel
1 Monat 14 Tage

glaubst du wirklich, dass in dieser Welt wo nur Profit zählt, jemand darauf bedacht ist das Hungerproblem zu lösen? Es gäbe jetzt schon genug zum Essen für alle, wenn nicht Tonnenweise Lebensmittel vernichtet würden nur um den Verkaufspreis künstlich oben zu halten.
Was das Laborfleisch angeht, wird bis zum Schluss immer noch der Endkonsument entscheiden ob er dies auf seinem Teller möchte oder nicht.

Oracle
Oracle
Kinig
1 Monat 14 Tage

@Grantelbart…. emotionales Denken! Das Problem, auf den Hochgebirgswiesen, wo Kühe weiden, wird man kaum etwas anderes, als Gras, anbauen können. Ich esse lieber ein gutes Wienerschnitzel eines heimischen Tieres als ein Tofu-Dings, mit Soja aus Amerika….

Faktenchecker
1 Monat 14 Tage

NG ” die dümmsten unter den Dummen” haben Leghastnie.

@
@
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

Ja, ja, lange können die Bauern nicht mehr mit plakativen Slogans wie “Ohne Bauern gibt’s kein Essen” protestieren, denn es zeigt sich, dass in Zukunft vermehrt Nahrungsmittel industriell hergestellt werden.
Präventiv wettert jetzt die “gute” Bauern-Lobby gegen die böse Industrie-Lobby.😂

Sosonadann
Sosonadann
Superredner
1 Monat 14 Tage

@Oracle “auf den Hochgebirgswiesen, wo Kühe weiden”

Wie viele Wienerschnitzel in Europa stammen von solchen Kühen? 0,1%?

Lana2791
Lana2791
Superredner
1 Monat 14 Tage

Grantelbart@ Und wenn de Lebenmittel , wos zuviel sein , nimmer vernichtet wurden, nor war es Problem a gleast

Grantelbart
Grantelbart
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

@Orch-idee 
Die Landwirtschaft aufgeben? Im Gegenteil! Anstatt Gras für die Co2 schleudernden Kühe zu mähen könnte man auf diesen Flächen Getreide anbauen wie unsere Vorfahren das übrigens auch im Hochgebirge gemacht haben – sollte sich dies nicht lohnen, kann man ja wie bisher mit Subventionen nachhelfen.
Dank der Erderwärmung werden die Erträge für Weizen, Reis, Mais und Kartoffeln in den kommenden Jahrzehnten global schätzungsweise zwischen 10 und 25% einbrechen, Unwetterschäden nicht inbegriffen. Die Zukunft ist mehr denn je: Landwirtschaft. 

info
info
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

Wer ein Fleisch von der Alm paniert, dem gehört eine paniert.

info
info
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

wegen mir könnt ihr auch Filets faschieren und Hamburger daraus machen, mir wäre es halt zu schade darum.

Orch-idee
Orch-idee
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

@grantelbart… Ich glaube nicht, dass die Erderwärmung weniger Erträge bringen wird…
Ich glaube eher, dass die falsche Politik der EU die Schuld trägt…
Sowie ich gehört habe werden die Bauern ( in Emilia Romagna) 1.500€ pro Hektar bezahlt, wenn sie in ihren Feldern nichts sähen… (Deshalb auch die Proteste der Landwirte) Wenn hier weniger geerntet wird… dann müssen wir unser Getreide importieren von nicht EU-Länder, vielleicht billiger, aber man weiß nicht welche Spritzmittel benutzt wurden, weil nicht EU-Länder nicht diese Auflagen haben wie hier…
Italienische Qualität ist die beste der Welt und wenn es lokal produziert wird ist es wohl Ökologischer oder?

Bierdimpfl
Bierdimpfl
Neuling
1 Monat 14 Tage

@Faktenchecker tasch ins bittschien erklären wos Leghastenie isch ?
Du bisch a net recht viel besser !

tuttmichl heiner
tuttmichl heiner
Grünschnabel
1 Monat 14 Tage

ja dann…mahlzeit🤮🤮🤮

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 14 Tage

Quatsch! Denn das Fleisch unterscheidet sich in NICHTS vin Normalem! Kann nur jemand sagen der sich mit der Materie nicht auseinander gesetzt hat.

Dagobert
Dagobert
Kinig
1 Monat 14 Tage

tuttmichl
Wos der Bauer nit kennt, frisst er nit! 😂

tuttmichl heiner
tuttmichl heiner
Grünschnabel
1 Monat 14 Tage

@N. G. jeder soll essn wosn schmeckt…i bin a fleischfresser und werd es bleiben…werd sicher (bewusst) kein laborfleisch essen…

tuttmichl heiner
tuttmichl heiner
Grünschnabel
1 Monat 14 Tage

@Dagobert sou ischs nit…i lieb fleisch…richtiges fleisch…nit laborfleisch🤦

Faktenchecker
1 Monat 14 Tage

NG Du zum Beispiel!

Bierdimpfl
Bierdimpfl
Neuling
1 Monat 14 Tage

@Dagobert wenn der Stadtler wissen tat wos er frisst, tat er Bauer werden !

Speedy Gonzales
Speedy Gonzales
Superredner
1 Monat 14 Tage

Die Österreichischer können ja als Fleischersatz Insekten vertilgen.

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 14 Tage

Was die Zukunft sein wird wenn du immer noch deine fette Wurst vertilgst! Für die wir 20 mal so viel Wasser verbraucht haben anstatt das Gemüse 1:1 vom Acker zu essen ihnr nochmal Wasser für due Tuere zu verbrauchen!

So sig holt is
1 Monat 14 Tage

von “sicherem”!!!! laborfleisch…. fahlts komplett die Industrie will lei die fleischproduktion a no hoben dass sie no mear panschen kennen mit ihmene grausigen und ungesunden fertig Produkte! ober wer mog solls essen, i sicher nit

info
info
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

Dann bleib bei deinem Fleisch aus Massenquälhaltung, musst ja nicht vernünftig sein.

Aurelius
Aurelius
Kinig
1 Monat 14 Tage

Laborfleisch, vegan, Grün….wir gehen zu Grunde

Kuan Wunder
Kuan Wunder
Neuling
1 Monat 14 Tage

Ich bezweifle, dass ein großer Anteil des Fleischs auf Südtirols Tellern je mit einer Weide in Berührung gekommen ist.

@
@
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

@Kuan Wunder
Du darfst die wunderbare Fleischvermehrung bei den “Gsieser Ochsen” nicht vergessen, mit der jedes Jahr um die Osterzeit das ganze Land beglückt wird 😂

rantanplan
rantanplan
Superredner
1 Monat 14 Tage

aha, es stirbt also der fötus u die mutterkuh bei der produktion von laborfleisch…also braucht es erst mal die lebenden tiere welche dann verenden….das ist mal ne richtig tolle sache🙄
hoffentlich setzt sich sowas nie durch….

info
info
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

Prost mit Milch und schau dir mal an, was mit den Stierkälbern passiert

latteguschtl
Grünschnabel
1 Monat 14 Tage

hallo Speedy Gonzales, dann kommen die geklonten Insekten und Mäuse und Würmer, Mehlwürmer sind auch sehr gut, geröstet oder gegrillt, lass das man die Landesfürsten fressen

Oracle
Oracle
Kinig
1 Monat 14 Tage

…. tja, die Laborschnitzel müssen ja auch aus etwas produziert werden. Wo kommen die Bestandteile her?

info
info
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

wenn Lust hast, kannst ja den Artikel lesen, da steht das nämlich drin.

Paladin
Paladin
Universalgelehrter
1 Monat 14 Tage

Bin nicht für Laborfleisch, möchte persönlich auch keines essen. Ich kaufe, wenn ich Fleisch esse, dort wo ich weiß, wo es her kommt und zwar lokal. Aber das soll jeder Verbraucher für sich selbst entscheiden dürfen. Das muss gewährleistet sein. 

supersonic
supersonic
Tratscher
1 Monat 14 Tage

Ich glaube es geht mehr darum gegen Massentierhaltung, Transporte,Tierquälerei usw.darum wäre ich voll einverstanden mit synthetischer Produktion.
Würde synthetisches Fleisch in großem Umfang konsumiert, würde auch die Zahl der Tiere, die für den Verzehr getötet werden, deutlich reduziert. Produkt Schätzungen zufolge werden jedes Jahr mehr als 150 Millionen Tiere geschlachtet. Die Daten von Istat zeigen, was in Italien passiert: Im Januar 2023 wurden beispielsweise mehr als 193 Tausend Kälber unter 8 Monaten, 202 Tausend Lämmer und 1400 Pferde geschlachtet.

giftzwerg
giftzwerg
Tratscher
1 Monat 14 Tage

Fleisch aus dem Labor?
Wieso muss es eigentlich fleisch ob aus dem labor oder net.
esst gemüse 

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