BGH erleichtert Weg zum Schadenersatz für Diesel-Kläger

Dieselskandal – Urteil gibt Klagen aus Österreich Auftrieb

Dienstag, 27. Juni 2023 | 11:07 Uhr

Ein aktuelles Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) gibt auch den Diesel-Klagen österreichischer Betroffener neuen Auftrieb. Demnach haben Verbraucherinnen und Verbraucher auch dann Anspruch auf Schadenersatz, wenn in ihren Fahrzeugen unzulässige – aber behördlich genehmigte – Abschalteinrichtungen mit Thermofenstern verbaut wurden.

Grundsätzlich stehe den betroffenen Autokäuferinnen und Autokäufern dann ein Schadenersatz in Höhe von 5 bis 15 Prozent des Kaufpreises zu, urteilte der BGH am Montag. Ein Sachverständigengutachten sei dafür nicht erforderlich. Für den Volkswagen-Konzern ist die Angelegenheit aber noch nicht gegessen.

Was das Urteil des BGH für Verfahren bedeutet, in denen Gutachten einen höheren Schaden bescheinigen, bleibt jedenfalls vorerst offen. Der Linzer Anwalt Michael Poduschka hält es für wahrscheinlich, dass die vom BGH vorgegebene Bandbreite von 5 bis 15 Prozent des Kaufpreises eine Untergrenze darstellt. Liegt also ein Gutachten vor, das für den Zeitpunkt des Autokaufs einen höheren Schaden feststellt, muss dies wohl bei der Bemessung des Schadenersatzes berücksichtigt werden.

“Das BGH-Urteil ist sensationell, weil erstmals in Mitteleuropa ein nationales Höchstgericht Schadenersatz zuspricht, um Schädiger von der Missachtung europarechtlicher Schutzgesetze abzuhalten”, sagte Poduschka im Gespräch mit der APA. “In Zeiten des industrialisierten Betruges war das schon lange überfällig.” Poduschka führt im Dieselskandal etwa 1.000 Einzelverfahren gegen Volkswagen und VW-Händler und vertritt auch den Verein für Konsumenteninformation in mehr als 10 Sammelklagen mit rund 10.000 Geschädigten.

Auch Peter Kolba, Chefjurist des Verbraucherschutzvereins (VSV), sieht nach der Entscheidung des BGH neuen Schwung in die Diesel-Klagen kommen. Ebenso Inhaber von Fahrzeugen mit dem VW-Motor EA 288 und von Daimler können sich nun kostenlos an den Sammelaktionen des Verbraucherschutzvereins in Deutschland beteiligen, teilte der VSV mit. Weitere Informationen dazu gibt es unter https://go.apa.at/UOI8AZLE.

Von VW und der Konzerntochter Audi hieß es zur APA, der BGH habe keine Feststellungen zum Vorliegen eines Anspruchs auf die Erstattung eines etwaigen Minderwerts getroffen. Ob dieser Anspruch vorliege müssten die Berufungsgerichte jetzt klären. Nach Auffassung von Volkswagen und Audi liegen in beiden Fällen die Anspruchsvoraussetzungen für einen Schadensersatz nicht vor, daher seien die Klagen abzuweisen. Volkswagen und Audi würden davon ausgehen, dass die Berufungsgerichte einen Anspruch auf Erstattung des Minderwerts ablehnen werden.

Wie gestern bekannt wurde hat der deutsche Bundesgerichtshof entscheiden, Autohersteller müssen grundsätzlich Schadenersatz für Dieselautos mit Thermofenster-Technik zahlen, wenn diese in einem zu kleinen Temperaturbereich Abgase ordnungsgemäß von Schadstoffen reinigt. Der BGH hob damit Urteile von deutschen Gerichten auf, die Schadenersatzklagen abgewiesen hatten, und verwies sie zurück. Die Berufungsgerichte müssten die Haftungsfrage weiter aufklären, erklärte Richterin Eva Menges.

Von: apa