Von: mho
Nach einem anfänglichen Aufschrei der Entrüstung zu Jahresbeginn ist es um die vermeintliche Pflicht, lose verkauftes Obst und Gemüse in besondere, biologisch abbaubare und kostenpflichtige Plastiktüten zu verpacken, ziemlich still geworden.
Doch hinter den Kulissen hat sich die Rechtsmaschinerie weiter gedreht, und wartet nun mit einer guten Neuigkeit für die VerbraucherInnen, vor allem aber für die Umwelt, auf. Das Umweltministerium hatte vom Staatsrat eine offizielle Stellungnahme erbeten; das Ministerium wollte wissen, ob die VerbraucherInnen von zu Hause mitgebrachte Einweg-Plastik-Tüten für Obst und Gemüse verwenden dürften, und unter welchen Bedingungen die Geschäfte deren Verwendung erlauben müssten.
Gute Neuigkeiten für die Umwelt
Der Staatsrat ist mit seiner Entscheidung (Nr. 859 vom 29.03.2018) jedoch über eine reine Antwort auf die Fragen des Umweltministeriums hinausgegangen. In der 13seitigen Entscheidung erklären die Richter, dass bei der Bewertung der Anfrage die Absicht hinter der Norm, mit welcher diese Tüten eingeführt worden sind, wesentlich ist – und diese sei, gegen die Umweltverschmutzung durch Plastikmaterialien vorzugehen.
Weiter: da die Tüten einzeln zu bezahlen sind, sind sie eine Handelsware mit eigenem Wert, und daher dürfe man sie nicht der Marktlogik entziehen. Daraus folgt, dass die VerbraucherInnen die Tüten auch anderswo besorgen dürfen, vorausgesetzt, die Tüten erfüllen die gesetzlichen Auflagen.
Da man mit der Pflicht zur Bezahlung jedoch auch darauf abziele, die Verwendung weniger verschmutzender Materialien – wie z.B. Papier – attraktiver zu machen, „muss man sicherlich die Verwendung alternativer Behältnisse, welche jedenfalls dazu geeignet sein müssen, Lebensmittel wie Obst und Gemüse zu enthalten, und welche vom Verbraucher in Eigenregie besorgt werden, erlauben“. Auch bedürften, immer nach geltenden Normen, gewisse Lebensmittel gar keines Behältnisses.
Das große „Aber“
All dies, unterstreicht der Staatsrat, gilt unter der Voraussetzung, dass der Handel der ihm auferlegten Verantwortung für die Produkte gerecht wird; ein im Lebensmittelsektor tätiger Gewerbetreibender sei nämlich dafür verantwortlich, dass die Produkte alle Normen einhielten. Daher müssen die Händler, in denen ihnen angemessen scheinenden Arten, sicherstellen, dass die von den VerbraucherInnen verwendeten Behältnisse den Gesetzesauflagen entsprechen, egal ob diese nun vom Händler zur Verfügung gestellt werden oder von den Verbrauchern selbst mitgebracht wurden.
Was bedeutet diese Entscheidung in der Praxis?
Zum ersten besteht keine „Pflicht zur Tüte“ – Obst und Gemüse wie Melonen, Bananen oder auch die Spargel als Star dieser Saison dürfen also wieder uneingetütet gekauft werden. Zum zweiten: Tüten von zu Hause mitbringen ist erlaubt, so diese den Normen entsprechen. Ganz klar sind dies z.B. Papiertüten, die spezifisch für den Gebrauch bei Lebensmitteln angefertigt wurden. Komplizierter wird das Ganze bei Mehrwegbehältern, wie z.B. Einkaufsnetzen – hier wird viel vom Ermessen der Händler abhängen. In der VZS wissen wir, dass sich viele VerbraucherInnen wünschen, Obst und Gemüse in umweltfreundlichen Mehrwegbehältern kaufen zu können.
Bleibt zu hoffen, dass Umweltschutz – wie vom Staatsrat unterstrichen – wichtiger ist als Paragraphenklauberei. Und dass durch diese Entscheidung auch die – seit Jahresbeginn stark im Vormarsch befindlichen – in Plastik vorverpackten Obst- und Gemüsepackungen wieder aus den Regalen verschwinden.