LNG-Anlage

EU-Kommission legt Plan für Verbot russischer Gasimporte vor

Dienstag, 17. Juni 2025 | 18:50 Uhr

Von: APA/dpa

Die EU-Kommission hat einen Plan für einen vollständigen Stopp russischer Gasimporte vorgelegt. Damit will die Brüsseler Behörde erreichen, dass von 2028 an kein Gas mehr aus Russland in die Staatengemeinschaft eingeführt wird. 2024 lieferte Russland nach Angaben der EU-Kommission natürliches und verarbeitetes Erdgas im Wert von 15,6 Mrd. Euro. Dies entsprach knapp 19 Prozent aller Importe. Aus den USA kam Gas im Wert von 19,1 Mrd. Euro.

Die Importe sollen dem Vorschlag zufolge schrittweise verboten werden, “um Markt- und Versorgungsstabilität zu gewährleisten”. Für langfristige Lieferverträge soll das Verbot demnach ab dem 1. Jänner 2028 greifen. Gasimporte im Rahmen von kurzfristigen Verträgen will die Kommission schon in einem Jahr verbieten, also ab dem 17. Juni 2026. Auf Basis von ab nun noch abgeschlossenen, neuen Verträgen soll ab dem 1. Jänner 2026 kein russisches Gas mehr eingeführt werden dürfen.

Der Vorschlag muss nun von den EU-Ländern und dem EU-Parlament verhandelt werden, bevor die Regeln in Kraft treten können. Auf Ebene der Länder braucht es die Zustimmung von 15 von 27 EU-Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.

Energiekommissar: Versorgung gesichert

Früheren Angaben der EU-Kommission zufolge basieren etwa zwei Drittel der russischen LNG- und Pipeline-Gasimporte auf bestehenden langfristigen Verträgen. Der Rest wird auf kurzfristiger Spot-Basis geliefert.

EU-Energiekommissar Dan Jørgensen sagte: “Der Import von Gas aus Russland ist eine Sicherheitsbedrohung für Europa.” Der Vorschlag werde die Energieunabhängigkeit erhöhen und gleichzeitig die Einnahmen verringern, “die Putin zur Finanzierung seines Krieges verwendet”. Die Kommission werde mit den EU-Ländern zusammenarbeiten. Kein Mitgliedstaat werde aufgrund dieses Vorschlags ohne Energie dastehen.

Sollten die Einfuhrbeschränkungen wie von der Kommission vorgeschlagen kommen, könnte auch das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe betroffen sein. Auf Basis eines bestehenden, langfristigen Vertrags importiert es weiter Flüssigerdgas aus Russland in die EU. Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und wurde als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Energiekrise verstaatlicht.

Keine Gas-Sanktionen

Die Kommission will die Importe auf Grundlage des EU-Handels- und des EU-Energierechts verbieten. “Um die EU-Energiemärkte vor handelsbedingten Risiken zu schützen und wirksamere Maßnahmen zur Überwachung von Energieversorgungsrisiken vorzusehen, stützt sich die vorgeschlagene Verordnung auf eine doppelte Rechtsgrundlage”, teilte die Behörde mit.

Hintergrund des Vorhabens ist insbesondere der seit Februar 2022 andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. In Folge erließ die EU weitgehende Einfuhrverbote für russische Energieträger wie Kohle und Öl. Gas-Sanktionen gab es wegen Abhängigkeiten bisher aber nicht. Als Flüssigerdgas (LNG) und via der Pipeline Turkstream kommt derzeit weiter Gas in die Staatengemeinschaft.

Ein Importverbot über Gas-Sanktionen würde allerdings eine einstimmige Entscheidung der EU-Staaten erfordern. Insbesondere Ungarn lehnte einen solchen Schritt bis zuletzt ab. Auch einer gemeinsamen Erklärung zur Energieversorgungssicherheit der EU-Staaten, die den Ausstieg aus russischer Energie beinhaltet, schlossen sich Ungarn und die Slowakei am Montag nicht an.

Optionen nach Kriegsende

Staatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP) deponierte Österreichs Position, dass nach dem Ende des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine alle Optionen für die Energieversorgung Europas offen gehalten werden sollen. Das aktuell geplante Importverbot sei jedoch richtig und werde von Österreich auch unterstützt, teilte das Staatssekretariat für Energie mit. Europa müsse die Bezugsquellen konsequent diversifizieren. Ähnlich die Argumentation von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP): Neben Österreich hätten auch Spanien, Belgien, Frankreich, Ungarn und die Slowakei Bedenken angemeldet. “Wir müssen Abhängigkeiten vermeiden und wir müssen uns deswegen auch alle Optionen offenhalten, wenn der Krieg vorbei ist beziehungsweise wenn es zu einem Machtwechsel auch in Russland kommt”, sagte er auf einer Pressekonferenz. Unterstützung kam von der freiheitlichen Europaabgeordneten Petra Steger. Vielleicht könne dies Russland als Anreiz dienen, “früher einen Frieden zuschließen”, merkte die FPÖ-Politikerin an.

NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer kann der Argumentation der Staatssekretärin wenig abgewinnen: “Im Sinne der Rohstoffsicherheit ist es zu begrüßen, dass sich Österreich von Russland unabhängig machen konnte.” Ein Rückfall in alte Abhängigkeiten stelle keine Zukunftsstrategie dar”. Und Andreas Schieder, Fraktionsführer der österreichischen SP-Abgeordneten im Europaparlament, hält es für “nicht sinnvoll, zu sagen, man wolle das Rad wieder zurückdrehen. Die Devise muss sein: Mit voller Kraft raus aus russischem Gas.” Mit seiner Position “fällt Hattmannsdorfer der europäischen Geschlossenheit in den Rücken” und “reiht sich mit Viktor Orbán und der slowakischen Regierung in einer Linie ein”, meint dazu die designierte Grünen-Obfrau Leonore Gewessler.

Kommission: Verbot kein Risiko für Versorgungssicherheit

Einer Analyse der Behörde zufolge könnten die verbleibenden Gasmengen ohne Risiken für die Versorgungssicherheit auslaufen. Auf dem globalen Gasmarkt gebe es genügend alternative Anbieter.

Dennoch enthält der Kommissionsvorschlag eine Art Sicherheitsklausel “um plötzlichen und bedeutenden Entwicklungen auf dem Gasmarkt zu begegnen, die die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ernsthaft gefährden”. Unter diesen Umständen könnte die Kommission demnach einem oder mehreren betroffenen EU-Ländern erlauben, die Einfuhrverbote für Gas auszusetzen. “Eine solche Genehmigung sollte zeitlich begrenzt sein, und die Kommission kann zusätzliche Bedingungen auferlegen, um sicherzustellen, dass die Aussetzung strikt auf die Bewältigung der Bedrohung beschränkt ist.”

Deutsches Unternehmen hat wichtige Rolle

Das deutsche Unternehmen Sefe (Securing Energy for Europe GmbH) hat bei der Einfuhr von LNG in die EU eine wichtige Rolle. Einem Bericht von Anfang des Jahres zufolge importierte Sefe im vergangenen Jahr mehr als sechsmal so viel LNG in die Europäische Union wie noch 2023. Grundlage dafür sind Daten des Rohstoffanalyseunternehmens Kpler. Demnach kamen 5,66 Mrd. Kubikmeter von Sefe aus Russland importiertes Flüssigerdgas im französischen Dünkirchen am Ärmelkanal an.

Von Sefe hieß es nun: “Sollten die Lieferungen von russischem LNG nach Europa nicht mehr stattfinden, müssten wir uns, um unsere Vertragsverpflichtungen gegenüber unseren Abnehmern zu erfüllen, um Ersatz für die wegfallenden LNG-Volumen bemühen.” Die Ersatzbeschaffungsstrategie hänge von den Marktpreisen, Beschaffungskosten, Vertragsbedingungen und der Projektqualität ab.

Kommission will auch Ende für russisches Uran und Öl

Darüber hinaus legte die Kommission Pläne für einen vollständigen Stopp russischer Öleinfuhren bis Ende 2027 vor. Denn trotz eines deutlichen Rückgangs der Importe seit Kriegsbeginn kamen 2024 den Angaben nach 13 Mio. Tonnen russisches Rohöl auf den europäischen Markt. Dem Vorschlag der Kommission nach sollen nun die Mitgliedsstaaten, die noch russisches Öl importieren, Diversifizierungspläne erstellen, um alle verbleibenden Einfuhren bis Ende 2027 vollständig einzustellen.

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