EZB-Chefin Lagarde ließ im Juli offen ob sie eine Zinspause einlegt

EZB erhöht Leitzins um 0,25 Punkte auf 4,5 Prozent

Donnerstag, 14. September 2023 | 16:38 Uhr

Im Kampf gegen die Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen das zehnte Mal in Serie angehoben. Die Euro-Wächter um Notenbank-Chefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag, die Schlüsselsätze um einen viertel Prozentpunkt zu erhöhen. Der Leitzins steigt somit von 4,25 Prozent auf 4,50 Prozent. Ihre Prognose für das BIP-Wachstum hat die Zentralbank indes nach unten korrigiert. Ebenso dürfte die Teuerungsrate in der Eurozone langsamer sinken als erwartet.

Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, klettert von 3,75 auf 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. “Bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus wird der EZB-Rat auch künftig einen datengestützten Ansatz verfolgen”, teilten die Währungshüter weiter mit.

Mit der Entscheidung könnte die EZB ihren Zinsgipfel erreicht haben. In der EZB-Mitteilung heißt es: “Auf Grundlage seiner aktuellen Beurteilung ist der EZB-Rat der Auffassung, dass die EZB-Leitzinsen ein Niveau erreicht haben, das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird.”

Die Entscheidung für eine erneute Zinserhöhung fiel nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde jedenfalls nicht einstimmig. Einige Ratsmitglieder hätten für eine Zinspause plädiert, sagte Lagarde am Donnerstag auf der Pressekonferenz in Frankfurt nach der geldpolitischen Entscheidung. Es habe aber eine “solide Mehrheit” für die erneute Straffung der Geldpolitik gegeben.

Mittelfristig strebt die EZB eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an. Bei diesem Niveau sehen die Währungshüter Preisstabilität gewahrt. Doch von dieser Zielmarke ist die Teuerung weit entfernt. Im August schwächte sich der Anstieg der Verbraucherpreise im Währungsraum der 20 Länder nicht weiter ab. Die jährliche Inflationsrate verharrte einer ersten Schätzung des Statistikamts Eurostat zufolge bei 5,3 Prozent.

Die Börse reagierte prompt auf die Beschlüsse. Der Euro fiel nach dem Zinsentscheid um 0,4 Prozent auf 1,0685 Dollar. Der Eurostoxx50-Index stieg dagegen um 0,4 Prozent auf 4.240 Punkte an.

Ihre Vorhersage für das Wirtschaftswachstum im Euroraum hat die EZB für 2023 bis 2025 indes abgeschwächt. Nach der neuesten Prognose wird sie heuer um 0,7 Prozent wachsen. Im Juni hatte sie noch ein Wachstum von 0,9 Prozent vorhergesagt. Im kommenden Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach um 1,0 (Juni-Prognose: 1,5) Prozent zulegen. Für 2025 erwartet die EZB einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 1,5 (1,6) Prozent im Währungsraum.

Die wirtschaftliche Aktivität habe im ersten halben Jahr weitgehend stagniert, sagte Lagarde zur ökonomischen Entwicklung in der Eurozone. Jüngste Indikatoren wiesen darauf hin, dass auch das dritte Quartal schwach ausfallen dürfte. “Die Wirtschaft wird wahrscheinlich in den kommenden Monaten gedämpft bleiben.” Der Export leide unter schwacher Nachfrage. Zudem lasteten die verschärften Finanzierungsbedingungen auf dem Wachstum. Erst mit der Zeit sei konjunkturell mehr Schwung zu erwarten, wenn der Inflationsdruck nachlasse, die realen Löhne stiegen und der Konsum entsprechend anziehen könne.

Auch die hohe Inflation im Euroraum wird nach Einschätzung der Zentralbank langsamer zurückgehen als noch vor drei Monaten erwartet. Für heuer rechnet die Notenbank nun mit einer Teuerungsrate von 5,6 Prozent, wie die EZB weiter mitteilte. In ihrer Juni-Prognose war die EZB noch von 5,4 Prozent Inflation im Jahresschnitt 2023 ausgegangen.

Für 2024 sagt die Notenbank ebenfalls eine höhere Teuerungsrate von 3,2 (Juni-Prognose: 3,0) Prozent voraus, 2025 wird inzwischen eine etwas niedrigere Rate von 2,1 (2,2) Prozent erwartet. Die EZB strebt für den Währungsraum der 20 Länder mittelfristig ein stabiles Preisniveau bei einer jährlichen Teuerungsrate von 2 Prozent an.

Von: APA/Reuters/dpa