Von: luk
Bozen – Die privaten Betreiber wollen dem Bozner Flughafen wieder neues Leben einhauchen und setzen zum Steilflug an. Ende Mai wird die ABD Holding der Unternehmer Josef Gostner, Renè Benko und Hans Peter Haselsteiner den Flugplatz übernehmen und dann sofort Linienflüge nach Rom anbieten. Zwei Flüge pro Tag nach Rom und wieder zurück sollen es sein, in der Früh und am Abend (Hin- und Rückflug).
„Ziel muss sein, weniger Flüge, die aber besser ausgelastet sind“, erklärt Gostner. Dadurch steigere man die Wirtschaftlichkeit. Entsprechende Anfragen aus Spanien und England lägen bereits vor.
Neben Rom soll es noch weitere Anbindungen an andere Knotenpunkte geben. „Britisch Airways hat zudem Interesse bekundet, von London aus Bozen anzufliegen“, so Gostner. „Natürlich nicht täglich, aber zwei Mal pro Woche, im Winter auch öfter.“ Vor allem in diesem Zweig sieht Gostner enormes Potenzial für Südtirols Tourismus.
Das Land Südtirol hatte im November vergangenen Jahres beschlossen, seine hundertprozentige Beteiligung an der Flughafenbetreibergesellschaft ABD abzustoßen. Der Beschluss war die Folge des Ergebnisses einer Volksbefragung aus dem Jahr 2016, in dem sich eine Mehrheit gegen eine weitere öffentliche Mitfinanzierung des Flughafens ausgesprochen hatte. Nun geht der Flughafen Bozen in private Hände. Ende Mai soll die Holding der Unternehmer die operative Führung des Flugplatzes übernehmen, hieß es. Der Kaufpreis soll kolportierte vier Mio. Euro betragen. Das Trio hatte mit seiner privaten ABD Holding das einzige Angebot zum Kauf der zu 100 Prozent im Landeseigentum stehenden Betreibergesellschaft gelegt. Nun hat die Wettbewerbskommission das Gebot der ABD Holding auf die technischen Aspekte hin geprüft – und mit 93,7 Punkten beinahe die volle Punktezahl vergeben.
Kritik an den Plänen gibt es hingegen vonseiten der Opposition und verschiedenen Verbänden.
STF: “Ergebnis der Volksbefragung muss respektiert werden”
Mit dem Verkauf der Flughafenbetreibergesellschaft ABD befürchtet die Bezirksgruppe der Süd-Tiroler Freiheit im Unterland/Überetsch den Ausbau der Start- und Landebahn des Flughafens in Bozen. Dies stehe jedoch im starken Widerspruch mit dem Ergebnis der Flughafenvolksbefragung vom Jahr 2016. „Denn anders als oft dargestellt, stimmten die Südtiroler damals über das Gesamtkonzept des Flughafens ab, inklusive öffentliche Finanzierung und Verlängerung der Start- und Landebahn“, zeigt Stefan Zelger von der Süd-Tiroler Freiheit auf. Die Landesregierung würde damit den Volkswillen und das Ergebnis der Volksbefragung ignorieren. Dies führe unweigerlich zu neuen Protest-Maßnahmen im Unterland und Überetsch.
Heimatpflegeverein: “Verrat an Volksentscheidung”
“Als ob es nie einen Volksentscheid gegen den Flugplatz gegeben hätte! Mit der Übernahme der ABD durch die Flieger-Troika Gostner-Benko-Haselsteiner gehen plötzlich die Erweiterungspläne von Flugplatz und Flugbetrieb munter weiter. Wenn die Landesregierung dies wirklich zulässt, so wäre dies ein Verrat an dieser – von der Landesregierung selbst verlangten – Volksentscheidung”, so Rudi Benedikter für den Heimatpflegeverein.
Der Heimatpflegeverband Südtirol fordert die Landesregierung auf, im Sinne der Richtschnur „global denken – lokal handeln“ eine konkrete lokale Klimaschutz-Maßnahme zu setzen: “Kein Ausbau des Flugplatzes und keine Erweiterung des Flugbetriebes in Bozen.”
Dachverband: “Das Volk hat den Ausbau beim Referendum abgelehnt”
„Auf der Grundlage des von der Landesregierung genehmigten Entwicklungskonzepts für den Flughafen Bozen, welches die strategische Ausrichtung und die notwendigen Maßnahmen festlegt, muss ab dem 1. Jänner 2022 eine Mindestzahl von 170.000 Fluggästen pro Jahr erreicht werden.“ – “So lautet Artikel 2, Absatz 1 des Landesgesetzentwurfes, der 2016 Gegenstand des Referendums war. Wer jetzt sagt, dass es damals nur um die öffentliche Finanzierung ging, sagt nur die halbe Wahrheit. Es gibt keinen Zwang zum Ausbau, außer von der Landesregierung selbst”, erklärt der Dachverband für Natur- und Umweltschutz.
“Immer wieder wird im Zusammenhang mit der laufenden Ausschreibung zum Flugplatz Bozen behauptet, beim Referendum 2016 ging es nur um die öffentliche Finanzierung. Dabei beinhaltet der Gesetzentwurf, welcher von einer übergroßen Mehrheit der Südtiroler Bevölkerung abgelehnt wurde, auch das Entwicklungskonzept des Flugplatzes. Im Zusammenhang mit der Ausschreibung von der Notwendigkeit eines Ausbaus zu sprechen, ist eine Geringschätzung des Wählerwillens. Denn auch der Verkauf der ABD an einen privaten Betreiber war nach der krachenden Niederlage der Flugplatzbefürworter bei weitem nicht die einzige Option”, heißt es weiter.
“Im Finanzgesetz von 2017 hat das Land Südtirol selbst festgehalten, dass die Flughafengesellschaft auch liquidiert hätte werden können. Angesichts einer Ausschreibungssumme von 3,8 Mio. Euro bei einem eingezahlten Gesellschaftskapital von 38 Mio. und einem Buchwert von mehr als 37 Mio. kann man wohl nicht davon sprechen, dass der Verkauf die ökonomisch bessere Variante sei. Zudem ist das Land seit 2015 untätig, was die physische Übernahme der Flugplatz-Infrastruktur anbelangt, wie es in einem Dekret des Staatspräsidenten vorgesehen ist. Der Herr im eigenen Haus zu sein hätte eine ganze Reihe von neuen Möglichkeiten eröffnet”, so der Dachverband.
“Mit der nun in der Ausschreibung festgehaltenen Klausel des verbindlichen Ausbaus will man nun entgegen dem Wählerwillen doch die Pistenverlängerung auf 1432 Meter durchboxen, indem man die „Schuld“ dafür der italienischen Flughafenbehörde ENAC gibt. Paradoxerweise zieht man sich mit der Ausschreibung einerseits aus dem Flugbetrieb zurück, andererseits schreibt man dem kommenden Betreiber vor die Piste auszubauen. Dafür übergeht man nicht nur ganz augenscheinlich den eindeutigen Wählerwillen von 2016, sondern nimmt auch eine weitere Lärm- und Emissionsbelastung sowie das gesteigerte Gefahrenpotential des Großraumes Bozen und des Unterlandes in Kauf und fördert den Flugverkehr, obwohl dieser als weitaus klimaschädlichste Mobilitätsform bekannt ist. Wie diese Entscheidungen mit dem Klimaplan Südtirol und insgesamt mit dem Image des Klimalandes Südtirol in Einklang zu bringen sind, ist mehr als fraglich. Die Landesregierung erweist sich, dem Land Südtirol und seinen Bewohnern einen Bärendienst, wenn sie weiterhin dermaßen stur auf den Ausbau des Flugplatzes setzt”, schließt der Dachverband.