Covid-19 und fehlende Gleichberechtigung

Frauen: Zurückkatapultiert in die 50-er Jahre

Dienstag, 26. Mai 2020 | 16:19 Uhr

Bozen – Kürzlich ging es im digitalen Zoomkeller der Dekadenz und der OEW-Organisation für Eine solidarische Welt zum dritten Mal „Ans Eingemachte“. Bei der Diskussion kam – ganz im Sinne des Aufmachers Herr-schafts -Zeiten – vor allem eines zur Sprache: wie uns die aktuelle Krise wieder in alte und ungewollte Rollenmuster zwängt.

Studien und Umfragen zeigen es genau: Familien und insbesondere Frauen weltweit trifft die Corona-Krise besonders hart. Während immer mehr Frauen aus der Öffentlichkeit verschwinden, um zuhause Kinder, Job und Heimarbeit zu schaukeln, sind es die Männer, die als Krisenmanager, Entscheider und Experten im Rampenlicht stehen und folgenschwere politische Entscheidungen treffen. Warum das ein großes Problem ist, darüber diskutierten Barbara Plagg und Julia Dalsant beim LIVE-Talk der Dekadenz und OEW.

Denn gerade in den letzten Monaten wurde wieder deutlich, wie systemrelevant Berufe sind, die vor allem von Frauen ausgeübt werden – und wie wenig sie dafür entlohnt werden. Barbara Plagg – Moderatorin des Gesprächs und Dozentin an der Freien Universität Bozen – sagt, jetzt müssen die Weichen für eine gendergerechte und nachhaltige Lösung gestellt werden.

“Wir befinden uns schon zu lange in diesem gesellschaftlichen Dilemma! Solange Care-Arbeit – also auch die unbezahlte zu Hause – nicht aufgewertet wird, werden Frauen auch weiterhin mit dem Stempel arm und systemrelevant abgefertigt werden”, betonte Aktivistin und Kindergärtnerin Julia Dalsant auf dem digitalen Podium.

Die Sterzinger Illustratorin Myriam Teissl zeichnete das Gespräch live mit auf und schaffte dabei ein eindrucksvolles Stimmungsbild. Ihre Karikatur weist auf den enormen Druck hin, den Frau in Krisenzeiten zu meistern hat. Auf der anderen Seite rückt das Bild starke, schaffende Männer ins Rampenlicht, die als angehimmelte Retter aus der Krise hervorgehen. Die Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach mehr Gleichberechtigung und wiederkehrenden Rollenmustern ist unübersehbar.

Auch viele Bilder der vergangenen Krisenwochen sind unkommentiert stehen gelassen worden. Denn auch in dieser Krise haben fast ausschließlich Männer über die nötigen Betreuungsangebote entschieden. In dieser Krise haben sich Frauen wie Männer von patriarchalen Herrschern gut vertreten gefühlt. Und auch aus dieser Krise gehen wahrscheinlich Pflege und Bildungswesen mit schlechtem Image hervor.

Am Ende zeigten sich Podium und Publikum dennoch positiv, denn aus einer Krise geht man bekanntermaßen gemeinsam hervor.

Anna Heiss -organisatorisch-künstlerische Leiterin der Gruppe Dekandenz und Organisatorin des Events – betonte, für die feministische Sache sei die Krise ein herber Rückschlag. Zugleich empfinde sie ein neues Gefühl von Solidarität und Gemeinschaftlichkeit unter Frauen. Ein Restart ohne Updates komme nicht in Frage.

Mit der Diskussionsreihe „Ans Eingemachte“ bringen die Dekadenz und die OEW-Organisation für eine solidarische Welt gesellschaftlich relevante Themen an den Diskussionstisch. Mehr Infos dazu hier: https://www.oew.org/anseingemachte/

Hier geht es zum YouTube-Video:

 

 

Von: bba

Bezirk: Bozen