Eingabe eingereicht

Handelskammer wehrt sich auf EU-Ebene gegen sektorales Fahrverbot

Mittwoch, 05. Oktober 2016 | 10:22 Uhr

Bozen – Die Handelskammer Bozen hat gemeinsam mit den regionalen Dachorganisationen der Handelskammern (Unioncamere) von Venetien und der Emilia Romagna bei der Europäischen Kommission eine Eingabe gegen das sektorale Transitfahrverbot für Lkw auf der Inntalautobahn eingereicht. Die Maßnahme ist wettbewerbsverzerrend und schränkt den freien Warenverkehr in der EU ein – eine der vier Grundprinzipien des Binnenmarktes der Europäischen Union.

Am 1. November 2016 soll das sektorale Transitfahrverbot für Lkws über 7,5 Tonnen auf der Inntalautobahn A12 in Kraft treten. Dann dürfen Lkws, die mit bestimmten Gütern beladen sind, wie zum Beispiel Abfälle, Steine, Fliesen oder Stahl, nicht mehr auf der Straße fahren. Sie müssen auf die Schiene verlagert werden, um die Abgase auf der Autobahn zu reduzieren. Es gibt jedoch großzügige Ausnahmezonen, damit der Nordtiroler Regional- und Lokalverkehr nicht betroffen ist. Das hat zur Folge, dass alle anderen Transportbetriebe gegenüber den Tiroler Unternehmen diskriminiert werden.

Der freie Warenverkehr hat wesentlich zum Wohlstand in der EU beigetragen und war wichtig für die Wirtschaftsentwicklung in der Union. „Das sektorale Fahrverbot ist keine Lösung für das Verkehrsproblem im Alpenraum, sondern eine wettbewerbsverzerrende Maßnahme, die der Wirtschaft und damit den Konsument/innen schaden wird“, sagt Handelskammerpräsident Michl Ebner. „Unsere Eingabe war notwendig, um die Interessen der Südtiroler Wirtschaft zu schützen und hat gute Chancen auf Erfolg.“

Dies ist nach 2003 und 2008 der dritte Versuch das Fahrverbot einzuführen. Bereits 2011 wurde das sektorale Fahrverbot vom Europäischen Gerichtshof aufgehoben mit der Begründung, dass es zu einer Beeinträchtigung des Warenverkehrs zwischen dem nördlichen Europa und Norditalien führt und somit gleichzusetzen ist mit einer Einschränkung des freien Warenverkehrs.

Das sektorale Fahrverbot soll die Schadstoffbelastung auf der Inntalautobahn reduzieren. Jedoch steht in einem Gutachten der Europäischen Kommission vom März 2016, dass es weitaus wirksamere Maßnahmen für die Verbesserung der Luftqualität gibt, die weniger restriktiv sind. „Dieser Ansicht ist auch die Handelskammer Bozen“, so Generalsekretär Alfred Aberer. „Nicht die transportierten Güter sind für die Schadstoffe verantwortlich, sondern die Lkws selbst. Eine Flottenerneuerung wäre um einiges sinnvoller als ein Fahrverbot.“

lvh: „Das sektorale Fahrverbot ist kein Allheilmittel“

Mit der Einführung des sektoralen Fahrverbots soll eine Verbesserung der Luftqualität bewirkt werden. Von einem Mythos spricht Elmar Morandell, Obmann der Frächter im lvh, der nicht im Verhältnis zu den Auswirkungen auf die lokalen Unternehmen stehe.

Zum dritten Mal wird versucht, das sektorale Fahrverbot für Lkws auf der Inntalautobahn durchzubrigen und wiederum wehrt sich die Südtiroler Wirtschaft. „Die Einführung des Fahrverbots wird nicht die gewünschten Emissionsreduzierungen erbringen, sondern vielmehr zahlreiche Transportunternehmen in Existenznot bringen“, erklärt lvh-Frächterchef Elmar Morandell. Bis zur Fertigstellung des Brennerbasistunnels sollten die Kapazitäten der RoLa (Rollende-Landstraßen-Züge) ausgebaut werden, auch wenn damit ein höherer bürokratischer und kostenintensiver Aufwand verbunden ist. „Das sektorale Fahrverbot ist nicht das Allheilmittel für bessere Luftwerte. Im Gegenteil: laut einer Studie des Schweizer Unternehmens Ökoscience werden lediglich drei Prozent der Emissionen reduziert. Auf der anderen Seite wird aber zig Südtiroler Unternehmen Schaden zugeführt“, so Morandell. Er hofft nun, dass die Intervention der Südtiroler Handelskammer zusammen mit den regionalen Dachorganisationen der Handelskammern (Unioncamere) von Venetien und der Emilia Romagna bei der Europäischen Kommission ein Umdenken einleiten kann.

„Der Großteil der Produkte, allen voran Lebensmittel, wird auf ihrem Weg bis zum Verbraucher irgendwann mal von einem Lkw transportiert. Das ändert sich auch nicht, solange wir uns diese Produkte auf der Speisekarte wünschen, aber vielen ist diese Tatsache einfach nicht bewusst oder sie blenden sie aus“, unterstreicht Morandell.

Von: mk

Bezirk: Bozen