Kika/Leiner-Eigentümer haftet für Gutscheine

Kika/Leiner-Eigentümer haftet für Gutscheine

Freitag, 09. Juni 2023 | 14:48 Uhr

Trotz absehbarer Insolvenz verspricht Kika/Leiner, dass alle Gutscheine ihre Gültigkeit behalten. Möglich werden soll das, weil der neue Eigentümer, Hermann Wieser, über seine Gesellschaften die Haftung dafür übernimmt, sagte ein Kika/Leiner-Sprecher am Freitag auf Anfrage der APA. Denn im Rahmen der Insolvenzmasse dürfen Gutscheine nicht besser gestellt werden als andere Forderungen, wie Anwalt Michael Poduschka im Gespräch mit der APA erinnert.

Auch Anzahlungen für künftige Lieferungen gehören zu den Forderungen. Allerdings soll im Zuge des Fortführungsplans sichergestellt werden, dass alle offenen Aufträge erfüllt und die geleisteten Anzahlungen zur Gänze angerechnet werden, so der Sprecher. Damit würden Kunden auch nicht um ihre Anzahlungen umfallen. Experten raten trotzdem dazu, Gutscheine noch vor der für Dienstag erwarteten Insolvenzeröffnung einzulösen. Poduschka dazu: “Wenn ich einen Gutschein hätte, würde ich sofort hinlaufen und ihn einlösen”,

Ähnlich vorsichtig äußert sich Anja Mayer von der Konsumentenschutzabteilung der Arbeiterkammer (AK). Im Falle einer Insolvenz dürfe das Unternehmen keine Gutscheine mehr annehmen und es bleibe den Konsumentinnen und Konsumenten nur die Möglichkeit, sich als Gläubiger am Verfahren zu beteiligen. Dabei falle aber eine Anmeldegebühr von 25 Euro an, so Mayer. Die AK rät Kunden von Kika/Leiner auch dazu, keine Anzahlungen mehr zu leisten.

Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Creditreform, hält eine Umsetzung des Versprechens, dass die Gutscheine weiter ihre Gültigkeit behalten, durchaus für realistisch. So zeige sich in der Praxis, dass Masseverwalter im Rahmen von Sanierungsverfahren üblicherweise eng mit der Geschäftsführung zusammenarbeiten – und zwar unabhängig davon, ob eine Eigenverwaltung vorliegt oder nicht. Inwieweit eine Umsetzung aber tatsächlich gelingen kann, werde sich erst im Zuge des Verfahrens weisen, erklärte Weinhofer gegenüber der APA.

Auch für den WU-Rechtsexperten Martin Spitzer ist das Versprechen, dass Gutscheine oder Anzahlungen über Dritte garantiert werden “wirtschaftlich plausibel”, da das Unternehmen mit Blick auf die Weiterführung ein Interesse daran habe, seine Kunden zu behalten. Wie Poduschka gibt Spitzer aber zu bedanken, dass die Garantie von der haftenden Gesellschaft abhängt. Am Ende schenke man immer irgendwem sein Vertrauen, so der WU-Experte. Ohne die Garantie eines Dritten sei die Bevorzugung von Kunden gegenüber anderen Gläubigern in einem Sanierungsverfahren jedenfalls nicht möglich.

Immer klarer wird inzwischen, dass Kika/Leiner seit 2017, jedenfalls aber seit der Übernahme durch Rene Benko im Jahr 2018, durchgehend Verluste schreibt und von Jahr zu Jahr weniger Umsatz erwirtschaftet. Das Unternehmen wurde nach Einschätzung verschiedener Experten durch Zuschüsse des Eigentümers am Laufen gehalten. Das wäre aber auch zulässig und würde keine Insolvenzverschleppung bedeuten, sagten Spitzer und Weinhofer.

Der Bilanzverlust hatte sich bis 2021 auf knapp 84 Mio. Euro summiert, Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor. Der “Standard” schreibt sogar von 300 Mio. Euro an Verbindlichkeiten.

Der Wert von Kika/Leiner lag jedenfalls schon lange nur mehr in seinen Immobilien. Benko erwarb das operative Geschäft um einen symbolischen Euro und verkaufte es an Herbert Wieser um ebenfalls einen symbolischen Euro. Weniger klar ist die Wertentwicklung der Immobilien, da dazu die Details nie veröffentlicht wurden und Benko einen Teil der Immobilien zwischenzeitlich verkauft hat.

Von: apa