Von: luk
Bozen – Die Herbstausgabe des Wirtschaftsbarometers vom WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen zeigt ein sehr heterogenes Geschäftsklima bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften. Die Sennereien und Molkereien klagen über steigende Kosten und eine nach wie vor schwache Nachfrage. Eine positive Stimmung zeigt sich bei den Kellereien, die mit einer guten Ernte 2021 rechnen können und bei den Obstgenossenschaften, auch wenn diese über den erwarteten Rückgang der Apfelpreise auf dem internationalen Markt besorgt sind.
Das Geschäftsklima im Milchsektor ist nach wie vor negativ. Weniger als ein Fünftel der Sennereien und Molkereien hält die Rentabilität und die Auszahlungspreise an die Landwirte für zufriedenstellend. Nach der Corona-Krise erholten sich die Umsätze nur langsam und erst im August erreichten sie wieder das Vorjahresniveau. Das Jahr 2021 wird mit einem geringeren Geschäftsvolumen als 2020 abschließen, vor allem auf dem Südtiroler und dem italienischen Markt. Die schwachen Verkaufspreise und der starke Kostenanstieg führten auch zu einem deutlichen Rückgang der Investitionen. Dieser ist insbesondere auf die höheren Preise für Verpackungsmaterialien und sämtlicher Hilfs- und Zusatzstoffe zurückzuführen. Die Erwartungen für das kommende Jahr sind von großer Unsicherheit geprägt. Eine Erholung der Umsätze ist noch nicht in Sicht. Aufgrund der anhaltend ungünstigen Marktbedingungen wird es für die Sennereien und Molkereien schwierig sein, eine zufriedenstellende Rentabilität zu erzielen und den Landwirten angemessene Auszahlungspreise zu gewährleisten.
Mehr Optimismus herrscht im Weinsektor. Die Ertragslage im Jahr 2021 wird von 90 Prozent der Kellereien zumindest als „befriedigend“ bezeichnet, in einem Drittel der Fälle sogar als „gut“. Die Kellereien melden ein Umsatzwachstum, sowohl auf dem italienischen als auch auf dem ausländischen Markt sowie eine Verbesserung ihres Wirtschaftsumfelds, insbesondere in Bezug auf die Zahlungsmoral der Kund/innen und den Kreditzugang. Die Erwartungen für das Jahr 2022 sind insgesamt positiv. Es wird mit einem weiteren Anstieg der Beschäftigung und der Umsätze gerechnet, insbesondere auf dem Südtiroler Markt. Dies wird auch dank der hohen Qualität der kürzlich abgeschlossenen Ernte möglich sein, die von den Kellermeistern sehr positiv bewertet wurde. Die Ertragslage im kommenden Jahr und die Auszahlungspreise an die Winzer/innen werden daher zumindest befriedigend sein.
Der Südtiroler Obstsektor wird das Jahr 2021 positiv abschließen. Die meisten Genossenschaften rechnen heuer mit einer zufriedenstellenden Ertragslage. Die an die Landwirte entrichteten Auszahlungspreise werden zumindest als „befriedigend“ angesehen, in etwa der Hälfte der Fälle sogar als „gut“. Die Vermarktungssaison der letztjährigen Ernte wurde erfolgreich abgeschlossen und auch die Investitionsdynamik war positiv. Die Erwartungen für das kommende Jahr sind teilweise verhaltener. Jüngsten Schätzungen zufolge wird die Apfelproduktion 2021 in Europa 10 Prozent höher als im Vorjahr sein. In Südtirol wird ein Wachstum von rund 5 Prozent erwartet. Das erhöhte Angebot auf den internationalen Märkten wird in den kommenden Monaten zu niedrigeren Preisen führen, was sich negativ auf den Umsatz der Genossenschaften auswirken wird. Die meisten Genossenschaften gehen jedoch davon aus, dass sie auch im Jahr 2022 eine zufriedenstellende Rentabilität erreichen werden. Die Auszahlungen an die Obstbauern und -bäuerinnen werden voraussichtlich befriedigend sein.
Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, kommentiert: „Auch während der Corona-Krise haben sich die Südtiroler Genossenschaften dafür eingesetzt, dass unsere Bäuer/innen angemessene Auszahlungspreise erhalten. Jetzt gilt es, die Synergien zwischen Landwirtschaft und Tourismus zu nutzen: Der Aufschwung des Tourismussektors trägt auch zur Steigerung der Nachfrage im Wein- und Milchsektor bei.“
Nachfolgend die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände:
Georg Kössler, Obmann VOG
„Saisonal bedingt ist die Nachfrage nach Äpfeln in diversen Märkten unterschiedlich. Wir sind jedoch bemüht unsere Markpositionen und das entsprechende Preisniveau zu halten.“
Thomas Oberhofer, Obmann VIP
„Obwohl die Erntehelfer nur bedingt zur Verfügung standen, konnte im Vinschgau die Ernte erfolgreich eingefahren werden. Die gute Witterung über den Herbst trägt zur sehr guten Qualität der Äpfel bei. Nach der Fehlernte 2020 ist die heurige Erntemenge wieder auf normalem Niveau. Leider sind die Marktbedingungen für die anstehende Saison schwieriger, da die europaweite Erntemenge mit plus 10 Prozent deutlich höher als in den letzten zwei Jahren ausfällt.“
Leo Tiefenthaler, Obmann des Südtiroler Bauernbundes und der Kellerei Tramin
„Die hohe Qualität der bäuerlichen Produkte und das funktionierende Genossenschaftswesen helfen, Marktschwankungen zu einem Teil abzufedern. Dennoch werden wir weiterhin an Qualität, Innovation und Vermarktung arbeiten müssen. Zudem müssen wir die Regionalität noch mehr in den Mittelpunkt stellen.“