Aktuelle Weinbauversuche des Versuchszentrums Laimburg in Plantaditsch präsentiert

Neue Erkenntnisse zur Unterstützung der Südtiroler Weinbauern

Mittwoch, 04. August 2021 | 18:47 Uhr

Plantaditsch/Pfatten – Südtirols Weinbau ist mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert: Die klimatischen Verhältnisse ändern sich, die Ernte wird durch Krankheiten und neue Schädlinge bedroht. Aufgabe des Versuchszentrums Laimburg ist es, die Praxis mit Erkenntnissen aus der Forschung zu unterstützen. Am Mittwoch haben die Experten des Versuchszentrums in der Versuchsanlage Plantaditsch in Kaltern die Ergebnisse ihrer aktuellen Weinbauversuche vorgestellt.

Mehr als 70 Weinbauern, Techniker, Berater, Önologen haben sich in Plantaditsch (Kaltern) über die aktuellen Weinbauversuche des Versuchszentrums Laimburg informiert. Experten der Fachbereiche „Weinbau“, „Önologie“ und „Pflanzenschutz“ gaben interessierten Weinbauern und Beratern Einblick in ihre Tätigkeiten und erläuterten verschiedene zurzeit laufende Versuche. Vorgestellt wurden einerseits Versuche, die angesichts der Auswirkungen des Klimawandels Lösungen für den Weinbau erarbeiten sollen, wie etwa die Prüfung von Maßnahmen zur Verzögerung des Rebaustriebs, Versuche zum Einfluss von Hagelschäden auf die Weinqualität oder das Projekt CLEVAS, das die Auswirkungen von Klimaextremen auf die Weinproduktion untersucht. Andererseits kamen aktuelle Versuche im Pflanzenschutz zur Sprache, wie etwa die Bekämpfung von Rebvirosen oder Miniermotten.

„Unser Anliegen ist es zu aktuellen Themen und Problematiken im Weinbau Stellung nehmen, um unsere Weinbauern über den derzeitigen Kenntnisstand zu informieren und ihnen zu erklären, in welche Richtung unsere Versuchstätigkeiten gehen“, betonte die Leiterin des Fachbereichs Weinbau Barbara Raifer: „Es ist uns wichtig, unsere aktuellen Versuche an einem Zeitpunkt zu präsentieren, an dem zumindest zum Teil die unterschiedliche Entwicklung von Versuchsvarianten sichtbar ist und sich die Praktiker selbst ein Bild machen können. Bei den reifeverzögernden Schnittmaßnahmen sieht man die Entwicklungsunterschiede besonders gut. Auch bei den teilresistenten Rebsorten bekommt man jetzt einen besonders guten Eindruck von den Sorten, vom Reifezeitpunkt, der Resistenz und den Ertragseigenschaften.“

Die Veranstaltung ermöglicht es Praktikern und Technikern einen näheren Einblick in die Versuchstätigkeiten des Versuchszentrums Laimburg zu erhalten. Durch den direkten Kontakt zwischen Versuchsanstellern und Praktikern können Beobachtungen und neue Erkenntnisse fruchtbringend ausgetauscht werden. Die Besichtigung aktueller Versuche im Weinbau wird seit 2018 angeboten. Nach der Erstausgabe am Betrieb Piglon 2018 fand die Begehung 2019 am Ölleitenhof in Kaltern und 2020 erneut in Piglon statt.

Maßnahmen zur Verzögerung des Rebaustriebs

Die Klimaänderung stellt den Weinbau vor verschiedene Herausforderungen: Auf der einen Seite können Spätfröste enorme Schäden verursachen, andererseits kann die mit der Klimaerwärmung einhergehende frühere Reife zu Problemen führen. Vor diesem Hintergrund stellte Arno Schmid, Experte für Technik im Weinbau, einen Versuch vor, in dem verschiedene Schnittvarianten wie der späte Rebschnitt oder der Minimalschnitt untersucht werden, die einerseits gegen Spätfroste und andererseits auch zur Verzögerung der Reife eingesetzt werden können. „In unseren Versuchen haben wir im Hinblick auf die Austriebs- und Reifeverzögerung erste positive Erfahrungen mit der Sorte Ruländer gemacht. Daraufhin haben wir den Versuch auf die Sorte Chardonnay erweitert“, berichtete Schmid. Im nächsten Schritt werden die Experten des Versuchszentrums untersuchen, wie sich die Schnittvarianten auf die Weinqualität auswirken.

Hagelschäden und Weinqualität

Infolge der Klimaänderung treten im Weinbau immer häufiger Hagelschläge auf. Dabei stellt sich die Frage, ob vernarbte und beschädigte Beeren ausgezupft werden sollten oder nicht, auch da das Entfernen der verletzten Beeren mit einem extremen Arbeitsaufwand verbunden ist. In einem groß angelegten Versuch in der Versuchsanlage Plantaditsch prüft das Versuchszentrum Laimburg, inwiefern sich Hagelschlag bzw. Entfernen oder Belassen stark beschädigter Beeren auf die Weinqualität auswirkt. Um dies zu ergründen, wurden in randomisierten Blöcken Hagel simuliert und danach umfangreiche agronomische Erhebungen und Weinausbauten durchgeführt. Die ausgebauten Jahrgänge wurden dann von einem professionellen Verkosterpanel sensorisch bewertet. „Die sensorische Bewertung der mit klassischer Maischegärung ausgebauten Rotweine des Jahrgangs 2019 ergab, dass eine höhere Anzahl an beschädigten Beeren in der Weinbereitung die Weinqualität deutlich negativ beeinflusst“, berichtete Christoph Patauner, Leiter der Arbeitsgruppe „Weinbereitung in Anbaufragen“. Künftig möchten die Experten mit dem Versuch in Plantaditsch darüber hinaus abklären, ob bei der klassischen Weißweinbereitung ohne Mazeration der Einfluss der vernarbten Beeren geringer ist als bei einer Maischegärung.

Projekt CLEVAS – Auswirkungen von Klimaextremen auf die Weinproduktion in Südtirol

Aufgrund der immer unregelmäßigeren Niederschläge und der absehbaren begrenzten Verfügbarkeit von Bewässerungswassers ist die Thematik Wasserstress in der Landwirtschaft ein sehr aktuelles Thema, insbesondere im Weinbau. Welche Auswirkungen haben Klimaextreme wie Hitze und Trockenheit auf die Weinqualität und wie kann aufkommender Pflanzenstress frühzeitig erkannt werden? Diesen Fragen widmet sich das Projekt CLEVAS, in dem die Universität Innsbruck, die Freie Universität Bozen, Eurac Research und das Versuchszentrum Laimburg zusammenarbeiten. CLEVAS hat im Oktober 2020 begonnen und wird von der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol gefördert. Ziel des Forscherteams ist es, Methoden zu entwickeln, um den Wasserstress der Kulturpflanzen frühzeitig erkennen und somit kostbare Wasserressourcen zielgerichteter einsetzen zu können. Darüber hinaus wird untersucht, wie viel Wasserstress Weißweintrauben aushalten können, ohne dass es zu Qualitätseinbußen kommt. „Erhöhte Temperaturen können sich negativ auf den Säuregehalt von Weißweinen sowie auf Farbe und Struktur von Rotweinen auswirken“, erklärte Florian Haas, Leiter der Arbeitsgruppe „Physiologie und Anbautechnik“ am Versuchszentrum Laimburg: „Im Projekt CLEVAS wollen wir für Südtirol erstmals aufzeigen, wann bestimmte Rebsorten durch den Klimawandel ihr physiologisches Limit erreichen und was dies für die Qualität des Weins bedeutet.“ Um diese Fragen zu ergründen, werden im Projekt Weinreben unter kontrollierten Bedingungen in den Spezialklimakammern des Zentrums für Extremklimasimulation terraXcube von Eurac Research am NOI Techpark untersucht. Dort können die Forscher unter jeweils verschiedenen Temperatur- sowie Bewässerungsbedingungen differenziert beobachten und messen, wie Rebstöcke auf zunehmenden Hitze- und Trockenstress reagieren. Aktuell werden täglich Messungen in den Klimakammern vorgenommen. Parallel dazu führen die Experten des Versuchszentrums Laimburg einen Feldversuch in Plantaditsch bei Kaltern durch, um Reifeparameter zu erheben. Die Trauben der Versuchsanlage werden mikrovinifiziert und die Versuchsweine 2022 von einem professionellen Verkosterpanel sensorisch bewertet. Erste Ergebnisse des Freilandversuches sind im Frühling 2022 zu erwarten.

Eddy-Kovarianz-Messungen

Wie sich Rebanlagen mit gebietsüblicher Bewirtschaftung auf das Klima auswirken, untersuchen Leonardo Montagnani und Damiano Zanotelli von der Freien Universität Bozen am Standort Plantaditsch. Dazu machen sie sich die Eddy-Kovarianz-Methode zunutze, mithilfe derer der Gas- und Energiefluss zwischen dem Ökosystem Rebanlage und der Atmosphäre kontinuierlich und flächenhaft – d. h. räumlich integriert über mehrere Hektar – gemessen werden kann. Ziel ist es die Treibhausgasquellen und -senken zu quantifizieren. Die zeitlich hochaufgelöste Messung von Treibhausgasflüssen ermöglicht ein besseres Verständnis davon, wie sich Rebanlagen bei gebietsüblicher Bewirtschaftung auf das Klima auswirken.

Langzeitversuch zur Bekämpfung von Rebvirosen

In bestimmten Südtiroler Weinbaugebieten wie etwa im Raum Girlan stellt die Reisigkrankheit, eine Viruserkrankung der Rebe, ein großes Problem dar. Der Virusbefall, der sich in Verrieseln der Trauben, Kümmerwuchs, Zickzack-Wuchs und Panaschüre (Buntblättrigkeit) äußert, führt zu starken Ertragseinbußen. Um dem Problem auf den Grund zu gehen, legte die Arbeitsgruppe „Mittelprüfung“ des Versuchszentrums Laimburg 2017 einen Freilandversuch an, in dem verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Krankheit getestet werden: Abtöten der Rebwurzeln vor dem Roden der bestehenden Anlage, ein bis zwei Jahre Brache Einsaat von Tagetes minuta, Bodenbearbeitung etc. Die Anlage wurde 2018, 2019 und 2020 gepflanzt und steht nun das erste Jahr komplett. „In diesem langfristig angelegten Versuch werden wir über die nächsten Jahre beobachten, wie sich die verschiedenen Maßnahmen auf den Gesundheitszustand der Rebe auswirken“, erklärte Gerd Innerebner. Dieses Jahr führen die Experten des Versuchszentrums zum ersten Mal detaillierte Virusanalysen durch, um in Erfahrung zu bringen, ob das Reisig-Virus in bestimmten Parzellen nachweisbar ist oder nicht. „Mit ersten konkreten Ergebnissen ist in drei bis vier Jahren zu rechnen“, stellte Innerebner in Aussicht.

Bekämpfung von Miniermotten mit Biopräparaten

Einige Weinanlagen in Südtirol sind sehr stark von Miniermotten (Antispila) befallen. Bei hoher Befallsstärke können Miniermotten die zur Assimilation notwendige Blattfläche der Rebe erheblich reduzieren. Dies kann dazu führen, dass die verbliebene Blattfläche nicht mehr ausreicht, um die Trauben mit genügend Nährstoffen – in erster Linie Zucker – zu versorgen Aus diesem Grund führt die Arbeitsgruppe „Mittelprüfung“ des Versuchszentrums Laimburg eine mehrjährige Versuchsreihe zur Bekämpfung der Motte mit verschiedenen Biopräparaten – Biopiren Plus (Wirkstoff Pyrethrum), Neemazal (Wirkstoff Azadirachtin) und Laser (Wirkstoff: Spinosad) – durch. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Zeitpunkt der Behandlung wichtiger für den Bekämpfungserfolg ist als die Wahl des Mittels“, erklärte der Leiter der Arbeitsgruppe, Gerd Innerebner: „Wichtig ist möglichst früh zu behandeln, um noch die erste Generation der Motten unschädlich machen zu können.“

Von: mk

Bezirk: Überetsch/Unterland