Von: luk
Bozen – Die Herz- und Atemfrequenz, den Schlaf oder den Kalorienverbrauch messen – dank kleiner Computersysteme, die direkt oder nahe am Körper getragen werden: sogenannte Wearables sind aus dem Gesundheits-, Sport- und Lifestyle-Bereich nicht mehr wegzudenken. Zentral für die Entwicklung dieses weltweiten Wachstumsmarkts sind zuverlässige, kostengünstige und nachhaltige Energiequellen und Sensoren. Eine interessante Neuentwicklung, die all diesen Anforderungen gerecht wird, hat nun das Forschungsteam des Sensing Technologies Lab der unibz in Zusammenarbeit mit dem Center for Sensing Solutions von Eurac Research und dem Advanced Technology Institute der University of Surrey entwickelt.
Der Boom des Marktes für tragbare elektronische Systeme erfordert wissenschaftliche Innovationen im Bereich der dafür nötigen Energiequellen. Herkömmliche Batterien stoßen bei den kleinen und immer potenteren Wearables zunehmend an ihre Grenzen und sind ökologisch bedenklich. Als interessante Alternative haben sich sogenannte Energiewandler erwiesen, die in diesem Fall mechanische Energie wie Bewegungen, Vibrationen oder Rotationen in elektrische Energie umwandeln. Eine Veröffentlichung im renommierten Fachjournal Advanced Materials Technologies beschreibt eine wichtige Neuentwicklung eines Triboelektrischen Nanogenerators (TENG), einer besonders interessanten Variante dieser Energiewandler, durch Expert:innen im Bereich der Flexiblen Elektronik und Sensortechnologie an der Freien Universität Bozen und von Eurac Research. Auf Basis einer Doktorarbeit von Raheel Riaz an beiden Bozner Forschungsinstitutionen haben die Teams um Prof. Paolo Lugli und Luisa Petti (unibz) sowie Roberto Monsorno und Abraham Mejia Aguilar (Eurac Research) in Kooperation mit Prof. S. Ravi P. Silva (University of Surrey) einen innovativen zweischichtigen TENG mit einer neuartigen Rippenstruktur entwickelt.
Die Nanokomponente ist Sensor sowie Energieumwandler und -lieferant, kann also zugleich Bewegungen messen und aus ihnen Energie gewinnen. Durch die gerippte Struktur kann die Neuentwicklung ein weit größeres Spektrum von biomechanischen Kräften erfassen als es herkömmliche Technologien imstande sind, sprich Kräfte von sehr geringer bis hoher Amplitude erfassen. Belegt werden konnte das von den beteiligten Forschungsteams beim Einsatz des Geräts zur Erfassung der Atemfrequenz, Pulsfrequenz und zurückgelegten Strecken. Weitere Vorteile der Neuentwicklung sind ein einfaches und kostengünstiges Herstellungsverfahren sowie der Einsatz von weichen und biokompatiblen Materialien wie künstlichem hautähnlichem Silikonelastomer und dehnbarem Silber, die gut in Wearables eingebettet werden können sowie resistent und hautverträglich sind.
„Selbstversorgende Wearables sind nicht nur für sportliche Anwendungen, sondern auch im Bereich der elektronischen Gesundheitsüberwachung von zunehmendem Interesse; insbesondere angesichts der zunehmenden Alterung unserer Bevölkerung und des Trends, immer mehr Körperwerte kontinuierlich und in Echtzeit zu messen”, sagt Professorin Luisa Petti. Deshalb steigt laut der Leiterin des Studiengangs für Elektrotechnik und cyberphysische Systeme die Nachfrage nach intelligenten Systemen, die in der Lage sind, Daten über unseren Gesundheitszustand zu erfassen und zu verarbeiten und auf dieser Basis automatisch Aktionen zu setzen, wie beispielsweise Ärzt:innen zu verständigen oder Medikamente auszugeben. „Solche autonomen Systeme, die in der Lage sind, Daten zu erfassen, zu verarbeiten und darauf aufbauend Handlungen zu setzen, werden auch als cyberphysische Systeme bezeichnet und sind nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Lehre von Interesse”, erklärt die Professorin. „Unser neuer Studiengang “Electronic and Cyber Physical System Engineering” an der Freien Universität Bozen zielt darauf ab, eine nächste Generation von Ingenieur:innen auszubilden, die in der Lage sind, solche Systeme für eine Vielzahl von Anwendungen zu entwerfen, zu entwickeln und zu validieren, von Wearables für Menschen bis hin zu Wearables für Pflanzen.”