Von: luk
Bozen – Der Südtiroler Weinsektor hat aufgrund von Covid-19 starke Umsatzeinbußen erlitten. Entsprechend erwartet die Mehrheit der Kellereien für 2020 eine unbefriedigende Ertragslage. Die Situation im Milchsektor und insbesondere bei den Obstgenossenschaften ist hingegen besser. Dies ergibt sich aus der Sommerumfrage des Wirtschaftsbarometers vom WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen.
Die Corona-Krise hat den Weinsektor hart getroffen, indem sie den wichtigen Absatzmarkt Tourismus enorm beeinträchtigt und das Exportgeschäft geschädigt hat. Dies führte zu erheblichen Schwierigkeiten, da der „HoReCa“-Sektor (Hotellerie-Restaurant-Café) fast die Hälfte des Absatzes von 7/10 Flaschen abnimmt und etwa ein Drittel der Weinproduktion für ausländische Märkte bestimmt ist. Die Umsatzzahlen bestätigen den Ernst der Lage. Das Geschäftsvolumen ging im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um mehr als 60 Prozent zurück, im Mai um 42 Prozent. Mehr als 60 Prozent der Kellereien gehen von einer schlechten Ertragslage im laufenden Jahr aus. Um der Krise entgegenzuwirken und angemessene Auszahlungspreise für die Winzer zu gewährleisten, haben die Südtiroler Kellereigenossenschaften beschlossen, heuer die Erntemengen ihrer Weinberge zu reduzieren, wobei die Produktionskürzungen je nach Rebsorte zwischen elf und 30 Prozent liegen sollen. Darüber hinaus wird der Beginn der Vermarktung für den Jahrgang 2020 auf April 2021 verschoben.
Der HoReCa-Vertriebskanal ist auch für den Milchsektor von großer Bedeutung, und dessen Ausfall wurde nur teilweise von den Umsatzsteigerungen ausgeglichen, die mit der Großverteilung (Supermärkte usw.) erzielt wurden. Zudem ist die Südtiroler Milchproduktion stark auf Frischprodukte ausgerichtet, die nicht lagerfähig sind und schnellstmöglich vermarktet werden müssen. Dies führte zu zusätzlichen Schwierigkeiten während der Lockdown-Phase. Dadurch gerät die Rentabilität unter Druck und in weiterer Folge die Auszahlungspreise.
Im Obstsektor ist das Geschäftsklima heuer positiv und alle Genossenschaften gehen von einer zumindest „zufriedenstellenden“, manchmal sogar „guten“ Ertragslage aus. Die Vermarktungssaison 2020 war von starker Nachfrage gekennzeichnet, sowohl für Äpfel, als auch für verarbeitete Produkte wie die Säfte. Dies hat den Abbau der Lagerbestände begünstigt, sodass sie Anfang Juli um 14 Prozent unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre lagen. Doch auch im Obstbau verursachte der Covid-19-Notstand einige Schwierigkeiten, beispielsweise bei der Suche nach Saisonarbeitskräften für die Ausdünnung und die Ernte, die meistens aus dem Ausland kommen.
Der Präsident der Handelskammer, Michl Ebner, erklärt: „Die Krise verursacht erhebliche Probleme auch für die Landwirtschaft, da sie stark mit dem Tourismussektor verflochten ist. Die Südtiroler Konsumentinnen und Konsumenten können jedoch mit ihren Kaufentscheidungen den großen Einsatz der Bauern und der Genossenschaften belohnen und einen wichtigen Beitrag zur Überwindung dieser schwierigen Zeit leisten.“
Nachfolgend die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände:
Joachim Reinalter, Obmann des Sennereiverbandes Südtirol
„Die Auflagen in der Produktion bezüglich der Sicherheitsbestimmungen durch die Corona-Krise führen zu wesentlichen Mehrkosten. Der Markt lässt jedoch keine Preiserhöhungen zu, um diese aufzufangen. Die Konsumenten sind beim Einkauf zurückhaltend und greifen weniger zu Premiumprodukten. Hier hoffen wir auf eine Trendumkehr. Auch der Absatz von Schnittkäse ist als Thekenware immer noch unter Druck.“
Leo Tiefenthaler, Obmann des Südtiroler Bauernbundes und der Kellerei Tramin
„Die Strategie, auf hohe Qualität und verschiedene Absatzkanäle zu setzen, hat sich im Obstbau und in der Milchwirtschaft bewährt. Das wurde während der Coronazeit deutlich. Auch für den Weinbau bin ich eher optimistisch. Nach zwei bis drei schwierigen Monaten (März bis Mai) steigen die Verkaufszahlen wieder – im Inland wie im Ausland. Die schwierigste Phase dürfte überstanden sein, sofern es zu keinem neuerlichen Lockdown kommt. Auch beim Wein wird sich die hohe Qualität und die gute Arbeit in der Vermarktung bezahlt machen.“