Und trotzdem fehlt vielen das Geld zum Sparen

Südtirol sitzt auf Rekordvermögen

Freitag, 21. November 2025 | 09:52 Uhr

Von: idr

Bozen – Trotz Milliardenvermögen und Spitzenwerten im Italienvergleich zeigt sich hinter der glänzenden Fassade ein anderes Bild: Während Südtirol statistisch reicher ist denn je, kann mehr als die Hälfte der Bevölkerung kaum etwas sparen – ein Wohlstand, der im Durchschnitt glänzt, im Alltag aber bröckelt.

Das Nettovermögen der Südtiroler beträgt in Summe 189 Milliarden Euro. Hervor geht dies aus Daten der italienischen Nationalbank Banca d’Italia mit Stand 31.12.2023. Den Löwenanteil des Nettovermögens bildet das Sachvermögen (129,4 Milliarden Euro) mit einem Anteil von zirka zwei Drittel. Schlüsselt man dieses weiter auf, so entfallen 90,3 Milliarden Euro auf Wohnungen und 39,1 Milliarden Euro auf Sachwerte wie gewerbliche Gebäude, Grundstücke und weitere Sachgüter. Die zweite Vermögenskomponente, das finanzielle Vermögen, wird in Summe mit 74,3 Milliarden Euro beziffert. Der größte Teil entfällt in Südtirol auf Wertpapiere, Aktien, Beteiligungen und Investmentfonds (38,9 Milliarden Euro). 22,2 Milliarden Euro machen Bargeld, Spareinlagen und Sparbriefe aus. Restposten wie Vorsorge- und Versicherungsrücklagen stellen 13,1 Milliarden Euro. Gleichzeitig sind die Südtiroler jedoch auch verschuldet und zwar in Summe im Ausmaß von 14,7 Milliarden Euro. Die Darlehen machen hier 11,2 Milliarden Euro aus und Privatkredite 3,5 Milliarden Euro.

Was bedeutet das pro Kopf?

Rechnet man diese Zahlen auf die Südtiroler Bevölkerung um, so ergibt dies ein Netto-Gesamtvermögen von 352.800 Euro pro Kopf. Dieses setzt sich aus Sachvermögen im Wert von 241.600 Euro und Finanzvermögen von 138.600 Euro zusammen, wobei jeder Südtiroler gleichzeitig mit insgesamt 27.400 Euro in der Kreide steht.

Sowohl im Vergleich mit der Nachbarprovinz Trient als auch mit dem gesamtstaatlichen Schnitt hebt sich Südtirol deutlich positiv ab. Die Zahlen: Beim Netto-Gesamtvermögen pro Kopf liegt Südtirol (wie erwähnt, 352.800 Euro) ganze 84 Prozent über dem gesamtstaatlichen Wert (191.300 Euro) – Trient (292.800 Euro) rund 53 Prozent darüber. Der Faktor, der den größten Unterschied ausmacht, ist das Sachvermögen. Hier hebt sich Südtirol (wie erwähnt, 241.600 Euro) vom nationalen Schnitt (112.400 Euro) um mehr als 100 Prozent deutlich ab, während Trient (199.800 Euro) den Italienwert um 78 Prozent übertrifft. Beim finanziellen Vermögen übertrifft Südtirol (138.600 Euro) den nationalen Wert (96.500 Euro) um 44 Prozent, Trient (114.300 Euro) übertrifft ihn um 18 Prozent. Die durchschnittliche Verschuldung liegt italienweit bei 17.600 Euro pro Kopf. Die Südtiroler stehen im Schnitt mit 27.400 Euro in der Kreide (56 Prozent über dem gesamtitalienischen Schnitt), die Trientner liegen mit 21.300 Euro rund 21 Prozent darüber.

Der Wohlstand – nur eine Durchschnittsillusion?

Trotz aller Rekordzahlen gilt auch hier die alte Metapher vom Mann mit zwei Hühnern und dem Mann ohne Hühner: Im Schnitt haben sie beide ein Huhn, in Wirklichkeit aber ist die Verteilung höchst ungleich. Nicht anders ist es auch beim Vermögen bzw. mit den Chancen, Vermögen aufzubauen: Laut AFI-Barometer sehen sich nur 44 Prozent der befragten Arbeitnehmenden in der Lage, in den kommenden zwölf Monaten etwas Geld auf die hohe Kante zu legen, 56 Prozent geben an, dass dies nicht möglich sein werde. Internationale Studien belegen deutlich: Das Problem ist weniger die ungleiche Verteilung der Einkommen, sondern vielmehr der Vermögen. Vieles spricht dafür, dass dies in Südtirol nicht anders gelagert ist.

Prekäre Datenlage zur Einkommens- und Vermögensverteilung in Südtirol
Die letzten verlässlichen Daten des Landesinstituts für Statistik ASTAT zur Verteilung der Einkommen gehen auf das Jahr 2018 zurück. Ausgereifte Analysen, welche die Verteilung der Vermögen in den Blick nehmen, fehlen gänzlich. „Es wäre wichtig, ein aktuelles Bild der Situation zu erhalten“, wirft AFI-Direktor Stefan Perini ein, „auch in Hinblick auf die Reformbestrebungen der Südtiroler Sozialbeihilfen und als Wissensgrundlage für das Armutsnetzwerk Südtirol.“

Bezirk: Bozen

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