Kritik von Robin

Südtirol zahlt wie Italien: Höchstpreise für Strom trotz Wasserkraftüberschuss

Montag, 01. September 2025 | 09:13 Uhr

Von: mk

Bozen – Trotz Überproduktion durch Wasserkraft gehören Südtirols Familien zu den am stärksten belasteten Stromkunden Europas. Dies erklärt der Verbraucherschutzverein Robin ein einer Aussendung. Grund dafür sei: Die Landesregierung blockiere die im Autonomiestatut vorgesehene Strompreisautonomie.

Italien an der Spitze der EU-Strompreise – Südtirol zahlt mit

Im Juli 2025 lag der sogenannte Einheitliche Nationale Preis (Prezzo Unico Nazionale, Pun) für Strom in Italien im Schnitt bei 113,3 Euro/MWh – über 20 Euro mehr als in Frankreich, 40 mehr als in Spanien und fast das Vierfache des schwedischen Wertes. Italien weist damit die höchsten Großhandelspreise in der gesamten EU auf, mit einem Jahresdurchschnitt von 108,5 Euro/MWh (Frankreich: 58, Spanien: 63).

„Da Südtirol vollständig in den italienischen Energiemarkt eingebunden ist, schlägt diese Preislast auch hierzulande voll durch – obwohl unser Land Stromüberschüsse aus günstiger Wasserkraft erzielt. Südtiroler Haushalte und Betriebe zahlen de facto Gasstrompreise, obwohl die Energieproduktion lokal auf erneuerbaren Ressourcen basiert“, erklärt Robin.

Ursachen der Preislast

Drei Faktoren erklären laut Robin die Spitzenpreise:

• Abhängigkeit vom Gas: In Italien stammen rund 45 Prozent der Stromproduktion aus Gaskraftwerken, deren Brennstoff importiert wird. Das macht den Markt extrem anfällig für Preisschwankungen.

• Marktmechanismus: Der Endpreis richtet sich nach dem teuersten Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage benötigt wird – meist ein Gaskraftwerk. Auch Wasserkraft-Strom wird daher zu hohen Gaspreisen verrechnet.

• Sommerliche Nachfrage: Hitzewellen treiben den Bedarf in die Höhe.

Darüber hinaus stellte die Regulierungsbehörde Arera zuletzt fest, dass Anbieter ihre Kapazitäten teilweise zurückgehalten haben könnten, um den Marktpreis künstlich nach oben zu treiben.

„Stromautonomie endlich umsetzen“

Der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus, betont: „Südtirol produziert mehr Strom, als es selbst verbraucht – und dennoch gehören die Bürgerinnen und Bürger zu den am stärksten belasteten Stromzahlern Europas. In einem Land, das seine Energie fast vollständig aus Wasserkraft gewinnt, seien an den Gaspreis gekoppelte Stromtarife schlicht nicht nachvollziehbar.“ Die Autonomie garantiere den Menschen in Südtirol Zugang zu günstigem Strom aus Wasserkraft, inklusive Gratisstromkontingenten. „Wann wird diese Stromautonomie endlich konsequent umgesetzt und auf den Stromrechnungen spürbar?“, so Andreaus.

Landesregierung in der Pflicht?

Robin verweist auf Gutachten der Universitäten Innsbruck und Padua, die die rechtliche Möglichkeit einer regionalen Energiebehörde für Südtirol bestätigen. Damit könnten die landeseigenen Ressourcen im Sinne der Bevölkerung reguliert werden.

„Statt diese Spielräume zu nutzen, hält die Landesregierung am nationalen Modell fest – mit der Folge, dass Südtirol für teures Gas zahlt, während es selbst erneuerbaren Strom im Überfluss produziert“, so Andreaus.

Sein Fazit lautet: Südtirol müsse seine Stromautonomie endlich ausschöpfen. Nur mit einer eigenen Aufsichtsbehörde und einer an der Realität vor Ort orientierten Preisgestaltung könnten Familien und Betriebe entlastet werden.

Bezirk: Bozen

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