Neuer Baustoff durch Verbindung von Laaser Marmor und Beton

Architektur und Baumaterial der Zukunft

Samstag, 26. Oktober 2019 | 10:24 Uhr
Work in Progress Laas - Piero Bernabè

Von: lup

Das Marmorwerk der LASA MARMO war am Freitagabend, 25. Oktober 2019 erneut Austragungsort eines Vortragsabends mit spannenden Referaten aus dem Sektor der Architektur und der Baustoffproduktion.

Bereits im Mai dieses Jahres lud die LASA MARMO in Kooperation mit der Südtiroler Architektenkammer und weiteren Partnern zu interessanten Impulsreferaten. Am gestrigen Freitagabend fanden die Impulsreferate in Partnerschaft mit dem Brixner Betonfertigteilproduzenten, der PROGRESS AG, erfolgreich ihre Fortsetzung. Das besondere an den Informationsabenden: sie fanden in besonderer authentischer Umgebung, in der Produktionshalle der LASA MARMO statt.

Der Vortragsabend stand diesmal unter dem Motto „Work in Progress“, zumal es sich bei den im Mittelpunkt stehenden Bauprojekten um Projekte handelt, deren Bau noch nicht abgeschlossen ist. Der Bogen führte dabei vom Laaser Marmor zum innovativen PROGRESS-Betonfertigteil und zur exklusiven Privatvilla in Dorf Tirol, entworfen vom Londoner Stararchitekten John Pawson. Der Einladung sind 160 interessierte Teilnehmer, vornehmlich Architekten und Designer aus Südtirol, dem Trentino, der Schweiz, Österreich und Deutschland gefolgt.

Den Beginn des Vortragsreigens machte der Geschäftsführer des InformationsZentrum Beton (www.beton.org), Dipl.-Wirt.-Ing. Ulrich Nolting. Das InformationsZentrum Beton wurde 1972 von der deutschen Zementindustrie ins Leben gerufen und steht Architekten, Bauingenieuren oder Bauunternehmen mit Publikationen und Fachberatung zur Seite. Für die neue Imagekampagne konnte Reinhold Messner und sein auf dem Kronplatz errichtetes Messner Mountain Museum Corones gewonnen werden.

Das harmonisch in die atemberaubende Gebirgslandschaft eingebettete Betonbauwerk wurde von der bereits 2016 verstorbenen Irak-stämmigen Stararchitektin Zaha Hadid entworfen. Ulrich Nolting informierte über die außergewöhnliche Verbindung zwischen dem industriellen Baustoff Beton und dem Südtiroler Extrembergsteiger Reinhold Messner. Etwas was viele als nicht natürlichen Baustoff empfinden und Reinhold Messner. Wie passt das zusammen?

Unsere Haltung dazu ist, dass Beton ein natürlicher Baustoff ist, weil er aus natürlichen Bestandteilen besteht. Das ist zum einen Kalkstein, der gebrannt und gemahlen wird zu Zement. Und in den Zuschlägen sind es ebenfalls Steinmaterialen von kleinen bis großkörnigen Materialien, rund oder eckig, gebrochen oder natürlich, aber es sind alles natürliche Bestandteile. Und das alles wird gemischt mit Wasser, insofern ist der Baustoff Beton, wie viele andere mineralische Baustoffe, ein sehr dauerhaftes Material. Und die Hersteller dieses Materials sind alles Menschen, die lokal verhaftet sind. Der Baustoff verträgt keine langen Wege, dadurch ist es auch ein nachhaltiges und natürliches Produkt. Und insofern ist für uns die Mentalität oder Eigenschaften, die Reinhold Messner verkörpert für uns gleich oder ähnlich, die der Baustoff auch verkörpert: bodenständig, porig, urig und unverwüstbar“, sagt der Geschäftsführer des InformationsZentrum Beton Ulrich Nolting.

O-Ton Ulrich Nolting:

Auch das zweite Referat stand im Zentrum des Baustoffs Beton. Es stellt sich natürlich die Frage, welche direkte Verbindung es zwischen dem Naturstein Laaser Marmor und dem Baustoff Beton gibt? Die Antwort gab am Abend Ing. Piero Bernabé, Geschäftsführer der PROGRESS AG in Brixen. Vor einigen Jahren wollte ein Kunde für sein Bauprojekt einen außerordentlichen Zuschlagstoff für die Betonfertigteile seines Projektes haben. Auch sollte der Zuschlagstoff lokalen Ursprungs sein. So kamen die Techniker und Entwickler der Firma PROGRESS auf Laaser Marmor als Zusatzstoff. Tests und Versuche verliefen erfolgreich und nach Monaten der Weiterentwicklung entstand für die PROGRESS AG mit einer eigenen Weißbeton-Fertigbauteil-Linie nicht nur ein neues Produkt, sondern auch das ideale Material für die Außenhülle des neuen Firmensitzes der PROGRESS AG.

Für die Umsetzung ihres Bauvorhabens fand der regionale Marktführer in der Produktion von Betonfertigteilen und in der Errichtung von Objekten in Betonfertigteilbauweise einen begeisterten jungen Südtiroler Architekten und Designer, Manuel Gschnell vom Meraner Architekturbüro „dear studio“. Neben zahlreichen anderen Bauprojekten stellte Gschnell am Freitagabend in seinem Referat das noch in Bau befindliche neue Produktions- und Bürogebäude von PROGRESS vor. Wie Gschnell aufzeigte, folgt die Anordnung der Form der Innenräume des PROGRESS-Firmensitzes durch vorhergegangene Studien der Arbeitsqualität, der Helligkeit, des Bewegungsflusses vom Personal, der Versammlungs- und Verbindungsbereiche.

Ulrich Nolting
Jonas Marseiler

Gleiches gilt für die futuristisch gestaltete Hauptfassade. Sie folgt diesen internen Personalbewegungen und wird durch eine regelmäßige Abfolge von Fenstern und Betonplatten definiert, die wie ein weißes Gitter die dunklen Fenster umrahmen. Die Verarbeitung dieses Betons in Kombination mit Laaser-Marmor-Zuschlagstoffen erzeugt ein leuchtendes und reflektierendes Gebäude, das die Umgebung gemeinsam mit den Fenstern widerspiegelt. Das Gebäude verfügt über 8 Bürogeschosse, darunter eine Kantine, die als neuer Gemeinschaftsraum konzipiert wurde.

Für PROGRESS selbst war es wichtig ihren neuen Firmensitz nicht nur als Ikone zu gestalten, sondern auch in der Bauweise auf hochwertige Baumaterialien zu setzen. Auch wenn die neue Produktlinie Weißbeton mit Laaser Marmor als Zuschlagstoff noch nicht im Handel ist, steht fest, die wesentlichen Charaktereigenschaften des Laaser Marmors werden vom Beton übernommen. Die in Weißbeton gegossenen Fertigteile sind außerordentlich hart und auch das besondere Funkeln des Laaser Marmors überträgt sich über den zugeschlagenen Marmorkies und Marmorsplitt auf den Baustoff. Für den PROGRESS-Geschäftsführer Piero Bernabé ist somit ein neuer Baustoff entstanden, welcher die Entwicklung der Bauwirtschaft nach vorne bringt.

Das Interessante ist, dass wir mit unserem Material, mit dem Beton, können jetzt die Form vom Endprodukt selbst entscheiden. Wir gießen eine Flüssigkeit in einer Schalung und wir kriegen die Form, die wir planen. Dasselbe machen wir jetzt mit Marmor in diesem Fall. Das Material kriegt die Form, die wir wollen. Es ist ein Hightech-Produkt, weil das Endprodukt eine Wand ist, die gleichzeitig eine Fassade bildet mit einer hochwertigen Oberfläche und schon eine Dämmung integriert hat, die Bewährung für die tragende Struktur vom Gebäude. Wir bringen auf die Baustelle ein schon fertiges Produkt. Das ist die nächste Entwicklung für die Bauwirtschaft“, stellt PROGRESS-Geschäftsführer Piero Bernabé fest.

O-Ton Piero Bernabé:

Gedanken über eine Unvereinbarkeit der beiden Materialen Naturstein und dem auch als Kunststein bezeichneten Baustoff Beton verfliegen dabei. Die Verbindung von Laaser Marmor als Zuschlagstoff und Beton lässt für viele einen völlig neuen Baustoff entstehen.

Schlussendlich ging es im dritten und letzten Referat des Informationsabends wiederum allein um den reinen Naturstein Laaser Marmor. Konkret um im Bau befindliche Bauprojekte des Architekten-Weltstars: John Pawson. Der in London wirkende Stararchitekt gilt als englischer Begründer des Minimalismus. Und Pawson steht auch auf Laaser Marmor. Entdeckt hat ihn der Londoner Architekt und Designer über seinen Schweizer Freund und Kollegen, dem ETH Diplomarchitekten Hans-Jörg Ruch von der Ruch & Partner Architekten AG in St. Moritz. Pawson verwendet ausschließlich Laaser Marmor der Handelssorte LASA BIANCO CLASSICO®™ für seine weltweiten Bauprojekte. Der Architekt Stefan Dold gehört zum internationalen Architektenteam von John Pawson.

Am Freitagabend hat Stefan Dold, neben zahlreichen anderen Bauprojekten Pawsons, auch zwei ganze besondere Bauprojekte des Londoner Architekten vorgestellt. Zum einen John Pawsons britischer Landsitz „Homefarm“ und zum anderen den Bau einer Luxusvilla in Dorf Tirol für einen US-amerikanischen Auftraggeber. Besonders das Projekt in Dorf Tirol übt eine bestimmte Strahlkraft aus. Die Immobilie befindet sich in einer Hanglage genau zwischen dem Schloss Tirol und der Brunnenburg. Das finale und in Realisierung befindliche Projekt gliedert sich beachtenswert diskret in die terrassenförmig angelegte Landschaft ein. Von der Ferne nahezu unsichtbar wirkt der Luxusbau auf die Betrachter. Dies ist allemal ein sehr ungewohntes Bild in der stark durch Hotelbauten besetzten Nachbarschaft. In der Villa selbst wurden sämtliche Bäder und Nassräume, Wände, Böden, Waschbecken und Badewannen, aus veredeltem Laaser Marmor gefertigt.

Neben der Vorstellung der neuen PROGRESS-Produktlinie aus Fertigteilen in Weißbeton mit Laaser Marmor als Zuschlagstoff, klang der Informationsabend ebenso musikalisch progressiv mit einer weiteren Prämiere aus. Die Wienerisch/Südtiroler Band „Drahthaus“ präsentierte zum ersten Mal ihr im Sommer 2019 im Laaser Weißwasserbruch gedrehtes Musikvideo.