Hilfe für ältere Menschen und psychisch Erkrankte

20 Jahre Sachwalterschaft

Samstag, 06. Januar 2024 | 13:32 Uhr

Bozen – Am 9. Januar werden genau zwanzig Jahre seit Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 6 vergangen sein, das die Sachwalterschaft eingeführt hat. Es handelt sich um die Maßnahme des rechtlichen Schutzes, die das italienische Rechtssystem tiefgreifend verändert hat und bis heute im Vergleich zu den Maßnahmen der Entmündigung und Teilentmündigung am häufigsten angewendet wird. Dies teilt der Verein für Sachwalterschaft aus Bozen mit.

Die Begünstigten der Sachwalterschaft sind Personen, die aufgrund physischer und/oder psychischer Belastungen nicht in der Lage sind, auch nur für kurze Zeit selbstständig für ihre persönlichen und/oder wirtschaftlichen Interessen zu sorgen: hauptsächlich ältere Menschen, die an seniler Demenz oder Alzheimer leiden, aber auch Menschen mit psychischen Erkrankungen, kognitiven Beeinträchtigungen, degenerativen Krankheiten, Abhängigkeitsproblemen oder im vegetativen Zustand.

Die Zahlen der Sachwalterschaft

Die einzigen offiziellen statistischen Daten, die jedes Jahr vom Justizministerium veröffentlicht werden, beziehen sich auf die Gesamtzahl der Sachwalterschaften. Zwischen 2014 und 2022 stiegen sie um 76 Prozent. Ende 2022 gab es in Italien etwa 325.000 Menschen, die von der Sachwalterschaft profitierten, darunter 3.600 in der Provinz Bozen. Die Gruppe der zukünftigen potenziellen Begünstigten dieser Maßnahme wird auch nur durch die demografische Entwicklung und die fortschreitende Alterung der Bevölkerung immer größer.

In Bezug auf die Figur des vom Vormundschaftsrichter ernannten Sachwalters zeigt eine interne Erhebung des Vereins für Sachwalterschaft in Südtirol, dass in 70 Prozent der Fälle ein Familienmitglied der betroffenen Person dieses Amt übernimmt (z. B. der Sohn für den älteren Elternteil mit Alzheimer oder die Mutter für das Kind mit kognitiver Beeinträchtigung). In den verbleibenden 30% muss der Vormundschaftsrichter eine dritte Person außerhalb der Familie finden, weil diese nicht vorhanden ist oder Konflikte bestehen.

Die Organisation der Dienstleistungen vor Ort und die zentrale Rolle des Vereins für Sachwalterschaft

Das Gesetz Nr. 6 hat die Merkmale der Sachwalterschaft definiert, aber ihre tatsächliche Umsetzung auf lokaler Ebene nicht vorgesehen.

Südtirol war die erste Region auf nationaler Ebene, die ein komplexes organisatorisches System eingeführt hat, indem neue menschliche und materielle Ressourcen aktiviert, die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen gestärkt und die Koordinierung zwischen öffentlichem und privatem Sektor verbessert wurde.

Das sogenannte “Sportello triangolare – Dreieckige Schalter” für Bürger, Vormundschaftsrichter und Sachwalter wurde eingerichtet. Laut Prof. Paolo Cendon, dem Vater des Gesetzes Nr. 6/2004, war die Voraussetzung für einen korrekten Betrieb der Sachwalterschaft die Einrichtung eines “dreieckigen” Dienstes/Schalters auf der Basis, der zuerst den Betroffenen und ihren Familien, dann dem Vormundschaftsrichter und schließlich den Sachwaltern unterstützt. Eine entscheidende Rolle übernahm der Dachverband für Soziales und Gesundheit, der 2006 eine Beratungsstelle für die Sachwalterschaft einrichtete.

Im Jahr 2010 wurde der Verein für Sachwalterschaft gegründet, die zunächst für ernannte Sachwalter bestimmt war. Im Jahr 2019 wurde der Verein die einzige zuständige Organisation auf Provinzebene für die Sachwalterschaft und befasst sich mit Beratungs-, Informations-, Sensibilisierungs-, Unterstützungs-, Schulungs- und Vernetzungsaktivitäten, auch auf internationaler Ebene (er ist die einzige italienische Organisation, die Mitglied der International Guardianship Network ist). In den letzten Jahren hat sich der Verein stark im Rahmen des Projekts “Egida” engagiert, bei dem die Organisation direkt als Sachwalter für schutzbedürftige Personen in Einsamkeit und Vulnerabilität tätig ist. Derzeit betreut der Verein 25 Personen mit verschiedenen Schwächen (psychische Erkrankung, Abhängigkeitsprobleme, Demenz).

Ein weiteres wichtiges Projekt, das im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit dem Betrieb für Sozialdienste Bozen und der Sozialgen. Alpen Hilfe eingeführt wurde, betrifft die Figur des Sachwalters der Gemeinschaft.

Im Jahr 2022 konnte der Verein auf die Unterstützung von fast 500 Mitgliedern zählen, er bot mehr als 1.200 individuelle Beratungen an und erbrachte fast 600 Leistungen (z. B. Antrag für die Ernennung des Sachwalters, Jahresberichte). Die Nachfrage nach Unterstützung und Hilfe ist in den letzten Jahren stetig gewachsen.

In diesen letzten zwanzig Jahren wurden in der Provinz Bozen erhebliche Fortschritte in Bezug auf die Sachwalterschaft erzielt. Die erreichten Ziele umfassen:

·         Die Einrichtung eines “Interinstitutionellen Arbeitstisches” bei der Provinz Bozen mit Planungs- und Koordinierungsfunktionen zwischen den verschiedenen öffentlichen und privaten Akteuren;

·         Die Einführung des Landesverzeichnisses der ehrenamtlichen Sachwalter;

·         Die Unterzeichnung eines Kooperationsprotokolls zwischen dem Notariatsrat und dem Landesgericht Bozen um die Bekanntmachung von Akten über die vorzeitige Bestellung des Sachwalters zu gewährleisten;

·         Das Inkrafttreten des Landesgesetzes Nr. 12 im Jahr 2018, das von dem Verein für die Foerderung der Sachwalterschaft auf lokaler Ebene vorgeschlagen wurde.

·         Der Verein für Sachwalterschaft hat auch auf nationaler Ebene eine führende Rolle übernommen und dient anderen italienischen Regionen als Modell für ihre Arbeit.

Herausforderungen und zukünftige Perspektiven

Die Sachwalterschaft hat eine echte Innovation im italienischen Rechtssystem dargestellt, aber hat aber in diesen zwanzig Jahren auch kritische Punkte aufgezeigt, an denen in Zukunft gearbeitet werden muss, insbesondere in Anbetracht des wachsenden Bedarfs an Rechtsschutz.

Im Rahmen der Tätigkeiten des beim Justizministerium eingerichteten Nationalen Tisches für die Rechte von fragilen Personen hoffen wir im Jahr 2024 darauf, dass:

·         die umfassenden Institute der Entmündigung und Teilentmündigung abgeschafft werden, wie es andere ausländische Staaten gemäß der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen getan haben;

·         nationale Leitlinien festgelegt und harmonisiert werden, die die Kriterien für die Bestimmung der angemessenen Entschädigung sowie die Verpflichtung zur Fortbildung für externe Sachwalter und differenziert für familiäre Sachwalter vorsehen;

·         Leitlinien festgelegt und harmonisiert werden, die die Obergrenze für die Anzahl der Begünstigten pro einzelnen Sachwalter betreffen;

·         Vorschläge für eine normative Änderung auch der Haager Konvention über den internationalen Schutz schutzbedürftiger Erwachsener erarbeitet werden.

Das Jahr 2024 wird ein intensives Jahr sein, das der Verein für Sachwalterschaft Aktivitäten zur Sensibilisierung, Information, Schulung und Vernetzung widmen wird.

Von: mk

Bezirk: Bozen

Kommentare
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Kinig
4 Monate 11 Tage

Wir haben damit sehr schlechte Erfahrung gemacht!

Faktenchecker
4 Monate 10 Tage

Das kann jeder behaupten.

thomas
thomas
Kinig
4 Monate 11 Tage

Da wird vielen älteren Menschen großes Unrecht angetan

Faktenchecker
4 Monate 10 Tage

Das kann auch jeder behaupten.

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