Deutscher Virologe anderer Meinung

Ansteckungsgefahr durch Geheilte? – Untersuchungen in China

Donnerstag, 23. April 2020 | 10:13 Uhr

Wuhan – Ärzte in Wuhan berichten von Covid-19-Patienten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Therapie negativ auf das Coronavirus getestet wurden, später jedoch wieder positiv. In manchen Fällen sei dies sogar bis zu 70 Tage nach der vermeintlichen Genesung passiert. Weil solche Personen als mögliche Ansteckungsgefahr gelten, bezeichneten die Ärzte in Wuhan dieses Phänomen als größte Herausforderung in der neuen Phase des Kampfes gegen die Pandemie. Dies berichtet die Online-Ausgabe der österreichischen Kronenzeitung.

Covid-19: Das verraten die Obduktionen

In Wuhan würden sich den Ärzten zufolge Fälle häufen, bei denen ehemalige Covid-19-Patienten nach überstandener Erkrankung das Virus scheinbar weiter in sich tragen. Die Betroffenen würden keine Krankheitssymptome zeigen, erklärten Ärzte aus der chinesischen Millionenmetropole, vor der aus sich die Pandemie im Dezember ausgebreitet hatte.

Der deutsche Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité zeigt sich allerdings skeptisch und bezeichnete diese Fälle eher als „statistische Verteilungsphänomene“.

Das Coronavirus wurde auch in Südkorea bei angeblich geheilten Menschen nachgewiesen. Die Weltgesundheitsorganisation untersucht nun die Möglichkeit von Rückfällen.

Herdenimmunität

Die Frage, ob ein genesener Covid-19-Patient weiterhin infektiöse Viren in sich tragen könnte und damit weiterhin ein Ansteckungsrisiko darstellen würde, ist von globaler Bedeutung. Viele Länder rechnen damit, dass Menschen nach einer Infektion zumindest eine zeitweilige Immunität gegen das neuartige Coronavirus entwickeln.

Wenn mit der Zeit ein genügend großer Bevölkerungsteil immun wäre, würde man von einer sogenannten Herdenimmunität sprechen, die ein Wiederaufleben der Pandemie verhindern könnte.

Negative Testergebnisse auch bei Virusträgern

In Zusammenhang mit den vermeintlich Geheilten, die das Virus trotzdem in sich tragen ist Drosten allerdings anderer Ansicht und erklärt dieses Phänomen mithilfe einer Analogie. „Sie haben ein Planschbecken voller Wasser und da drin schwimmen Goldfische. Und die sind ohne Zweifel da. Aber jetzt nehmen Sie mit einem Eimer eine Probe aus diesem Planschbecken, und zwar mit verbundenen Augen. Und dann kann es sein, dass Sie in Ihrem Eimer mal einen Goldfisch drin haben und mal nicht. Dennoch würde man nicht in Abrede stellen, dass da Goldfische drin sind in dem Planschbecken“, wird der Virologe in dem Bericht zitiert.

Covid-19: Zweite Welle wird nicht sofort erkennbar

Falls ein Patient also zweimal hintereinander negativ getestet und als geheilt entlassen wird, könne es trotzdem vorkommen, dass er bei einer Nachkontrolle wieder positiv getestet wird. Drosten hält es für unwahrscheinlich, dass diese verspätet positiv getesteten Fälle auch in Deutschland auftreten könnten, weil man hier eine Kultur habe, in der „solche Ergebnisse relativ schnell hinterfragt werden“.

Hochgehusteter Lungenschleim

Drosten schließt auch nicht aus, dass es sich in vielen Fällen um hochgehusteten Lungenschleim handeln könnte, der totes und deshalb nicht mehr infektiöses Virus beinhalte. „Und plötzlich wird der Labortest wieder stark positiv. Auch solche Sachen sieht man manchmal“, so Drosten. Dennoch sei es so wie immer in der Medizin: „Häufiges ist es häufig und Seltenes ist selten.“

Bisher werden in China Patienten als geheilt entlassen, wenn zwei mindestens 24 Stunden auseinanderliegende Tests negativ fielen und die Betroffenen symptomlos sind. Nun schlagen die chinesischen Ärzte aufgrund ihrer Erkenntnisse mindestens drei Tests vor, bevor ein Patient als geheilt gilt.

Von: mk