Zwei Männer und eine Frau in Haft

Arbeit trotz Schnittwunde: 14 Angestellte in Sushi-Restaurant ausgebeutet

Dienstag, 19. Februar 2019 | 12:12 Uhr
Update

Bozen – Die Finanzpolizei hat aufgrund eines Vollstreckungsbefehls vom zuständigen Ermittlungsrichter die Betreiber des Bozner Ablegers der bekannten Sushi-Kette „Sushiko“ verhaftet. Der Zugriff erfolgte in den frühen Morgenstunden. Die drei Unternehmer aus China – zwei Männer Z. H. (30 Jahre) und L. H. (39) sowie eine Frau W. S. (29) – werden der Erpressung und der erschwerten Ausbeutung von Arbeitskräften beschuldigt.

Die drei führten das Restaurant mittels Franchisevertrag. Während Z. H. Geschäftsführer war, handelt es sich bei den zwei anderen Verhafteten um seine Partner.

Sie sollen ihre 14 aus Pakistan stammenden Angestellten (Kellner, Küchengehilfen und Hilfsköche) verpflichtet haben, bis zu zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Die Mitarbeiter hatten keinen Urlaub und im Fall von Krankheit wurden die Fehltage vom Gehalt abgezogen.

Offiziell schien der Urlaub zwar in den Unterlagen auf, doch in Wirklichkeit mussten die Beschäftigten weiter ihren Job verrichten. Die Ermittlungen der Finanzpolizei waren in Zusammenarbeit mit einer Gewerkschaftsorganisation vor mehreren Monaten ins Rollen gekommen.

Die drei Unternehmer heuerten die Angestellten an, nachdem diese auf das Restaurant durch Mundwerbung aufmerksam geworden waren, oder sie haben sie direkt angesprochen. Die Betreiber bevorzugten dabei Personen, die zwar über eine reguläre Aufenthaltsgenehmigung verfügten, sich aber in einer finanziellen Notlage befanden oder dringend eine Unterkunft brauchten.

Die Betroffenen unterschrieben offiziell befristete oder auch unbefristete Arbeitsverträge in der Regel zu 40 Wochenstunden. In manchen Fällen handelte es sich auch um Halbtagsjobs. Doch die Wirklichkeit sah anders aus.

Die Angestellten mussten zwischen elf und zwölf Stunden am Tag arbeiten, die Arbeitsaufgaben waren weit umfassender als im Vertrag vorgesehen, nur eine Pause zur Mittagszeit war erlaubt – und selbst die entfiel oftmals am Wochenende, da dort im Restaurant ein größerer Zustrom von Kunden herrschte.

Falls sich die Angestellten bei ihrer Arbeit verletzt hatten, mussten sie trotzdem weiterarbeiten, obwohl sie eigentlich Erholung brauchten – etwa im Fall von Schnittverletzungen oder bei geschwollenen Gliedmaßen.

150 Euro wurden den Angestellten außerdem von ihrem Monatslohn für die Verköstigung abgezogen, die in der Regel aus einer bescheidenen Menge an Reis, Huhn und Gemüse bestand. Wurde ein Angestellter dabei erwischt, wie er etwas zusätzlich aß, wurden weitere 50 Euro abgezogen.

Gleich bei der Einstellung waren mehrere Arbeiter gezwungen worden, eine Blanko-Unterschrift zu leisten, die später für ein eventuelles Kündigungsschreiben benutzt werden konnte.

Die Angestellten lebten in einem Appartement in Bozen, wobei ihnen die Benutzung der Küche untersagt war. Die Küche wurde von L. H. als Privatzimmer genutzt und war in der Regel abgesperrt. Der hygienische Zustand der Badezimmer war unterdessen prekär.

Die Schlaflager der Angestellten waren in den Zimmern in verschiedene Ecken gepfercht. Für den Schlafplatz haben die Unternehmer weitere 200 Euro vom Monatslohn abgezogen. Die 200 Euro wurden allerdings auch von einem Angestellten verlangt, der im Aufnahmezentrum in der Pietro-Gobetti-Straße in Bozen schlief.

Das Ausmaß an Ausbeutung, das die Angestellten erlitten, macht unter anderem das Beispiel des 24-jährigen F. I. H: deutlich, der sich mit einem Küchenmesser geschnitten und sich eine tiefe Wunde zugezogen hatte. Ihm wurde verboten, ins Krankenhaus zu gehen. Stattdessen zwang ihn W. S., die Frau des Geschäftsführers Z. H., weiterzuarbeiten.

Die Finanzpolizei stellte im Rahmen einer Pressekonferenz klar, dass die 14 Pakistaner ihre Arbeit nicht verlieren werden. Statt eine Beschlagnahme des Restaurants zu beschließen, beruft sich der Untersuchungsrichter auf eine Regelung, die seit rund zwei Jahren in Kraft ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft fällt das Restaurant unter gerichtliche Kontrolle. Dabei wird vom Gericht ein Verwalter ernannt, der unter anderem darauf achten muss, dass die geltenden Bestimmungen eingehalten werden. Außerdem muss er dem Gericht mindestens alle drei Monate Bericht erstatten.

Von: mk

Bezirk: Bozen