Vier Kläger setzten sich durch

“Aufsehenerregendes Urteil” in Bozen im Bereich Versicherung

Freitag, 31. März 2023 | 11:42 Uhr

Bozen –  Am 28. März 2023 hat das Bozner Berufungsgericht ein aufsehenerregendes Urteil gegen eine Versicherungsgesellschaft und zugunsten von vier Versicherungsnehmern gefällt. Darauf macht das Aktionärskomitee Südtirol aufmerksam.

Vier Südtiroler Versicherte hatten sich im Jahr 2020 an die Rechtsanwälte Massimo Cerniglia und Alessandro Caponi, Rechtsberater des Aktionärskomitees von Südtirol, gewandt. Die genannten Verbraucher hatten in den Jahren von 2007 bis 2010 Lebensversicherungspolicen einer luxemburgischen Versicherungsgesellschaft über einen in Südtirol sehr aktiven Versicherungsvermittler erworben.

Diese Policen hatten jedoch im Laufe der Jahre aus wirtschaftlicher Sicht sehr hohe Verluste angehäuft, so dass sich die Versicherten im Jahr 2020 an die oben genannten Anwälte wandten, die umgehend eine Eilklage beim Gericht Bozen einreichten, damit die Policen nach Feststellung des finanziellen Charakters des Geschäfts für nichtig erklärt und alle gezahlten Prämien zurückerstattet würden. Nur wenige Monate später, im Jahr 2021, gab Richterin Fischer vom Landesgericht Bozen den Klagen der Versicherten statt, erklärte die Policen für nichtig und forderte die Versicherungsgesellschaft auf, alle erhaltenen Prämien zurückzuzahlen. Die ausstellende Versicherungsgesellschaft zahlte die Prämien unverzüglich an die Versicherten zurück, legte jedoch gemeinsam mit dem Versicherungsvermittler Berufung ein.

Das Berufungsgericht Bozen wies mit einem am 28. März 2023 veröffentlichten Urteil des berichterstattenden Richters Tullio Joppi die Berufung der Versicherungsgesellschaft und des Versicherungsvermittlers zurück und verurteilte erstere auch zur Zahlung der Prozesskosten für die Berufung. Das Berufungsgericht Bozen vertrat die Auffassung, dass es sich bei den im Zeitraum 2007-2010 abgeschlossenen fondsgebundenen Lebensversicherungen um von Versicherungsgesellschaften ausgegebene Finanzprodukte handelte und diese daher per se und von Gesetzes wegen den Bestimmungen des Artikels 23 des Finanzgesetzes unterlagen, wie bereits das Gericht erster Instanz festgestellt hatte.

Der finanzielle Charakter der Policen und das Fehlen des in Artikel 23 TUF vorgeschriebenen Rahmenvertrags führten zur Nichtigkeit der Policen mit der sich daraus ergebenden Verpflichtung, die erhaltenen Prämien zurückzugeben, und dies insbesondere aufgrund von Artikel 25 bis TUF, der besagt, dass der Vertrieb der fraglichen Policen den Anforderungen der in Artikel 23 TUF festgelegten Verpflichtung zur schriftlichen Ausführung des Rahmenvertrags genügen muss.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts wirkt sich die Nichtigkeit – und im vorliegenden Fall sogar das Nichtbestehen des Vertrags – nur zugunsten des Kunden aus, so dass dieser die Annullierung der Kaufaufträge für die Policen, die in Ermangelung eines gültigen Rahmenvertrags ausgeführt wurden, erwirken kann – mit der Folge, dass die gesetzlichen Verpflichtungen gemäß Artikel 2033 des Zivilgesetzbuchs entstehen.

Das Gericht vertrat daher die Auffassung, dass der Vermittler zur Rückzahlung der Prämien verpflichtet sein könnte, was jedoch nicht möglich war, da der Versicherer eine solche Entscheidung nicht beantragt hatte; daher wurde nur dieser zur Rückerstattung verurteilt.

„Die Verurteilung des Vermittlers zur Rückgabe der Prämien ist ein sehr relevantes Urteil, da es ein gültiger Grundsatz sein könnte, der im vorliegenden Fall der EUROVITA angewendet werden könnte, deren Policen von zahlreichen italienischen Banken, insbesondere in Südtirol, vermittelt wurden“, erklärt Walther Andreaus, Präsident des Aktionärskomitees Südtirol.

Von: mk

Bezirk: Bozen