Von: apa
Nach fünf Banküberfällen in Innsbruck und Kufstein von November 2023 bis Juli 2024 sind am späten Dienstagabend zwei Männer von einem Geschworenengericht in der Landeshauptstadt zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Der 26-jährige Erstangeklagte wurde wegen schweren Raubes und erpresserischer Entführung zu 20 Jahren Haft verurteilt, der 33-jährige Zweitangeklagte wegen Beitragstäterschaft zum schweren Raub in zwei Fällen zu 13 Jahren Gefängnis.
Die Urteile waren vorerst nicht rechtskräftig. Die Geschworenenberatung am Landesgericht dauerte rund fünf Stunden, der Prozess insgesamt zwei Tage lang. Letztlich kamen die Geschworenen zu fast einstimmigen Wahrsprüchen. Lediglich in einem Fall, was einen Überfall auf ein Institut in Kufstein betraf, fiel der Wahrspruch mit sechs Ja- und zwei Nein-Stimmen aus.
Richter Norbert Hofer begründete die hohe Haftstrafe für den Erstangeklagten damit, dass dieser “nicht den Ansatz einer Reue” gezeigt habe. “Die Bankmitarbeiter sind gebrochen”, sagte Hofer in Richtung des 26-jährigen Österreichers und unter Verweis auf die überaus gewaltsam verübten Taten. Bei beiden Angeklagten wurden zudem Vorstrafen als erschwerend gewertet. Insgesamt lag die Gesamtbeute bei den fünf Überfällen bei 580.000 Euro.
Zeugen belasteten Erstangeklagten
Der Erstangeklagte war am Dienstag von mehreren Zeugen schwer belastet worden. Der Mann hatte zuvor ein Teilgeständnis abgelegt, sich jedoch lediglich eines einzelnen Banküberfalls am 5. Juli in Innsbruck schuldig bekannt. Die anderen Überfälle seien größtenteils von “einem Bekannten” begangen worden. Dem widersprach eine Zeugin vehement, die zwei Überfälle in der gleichen Filiale in Innsbruck miterlebt hatte. “Für mich war es ein und dieselbe Person”, sagte sie vor Richter Norbert Hofer und den Geschworenen. “Es war sein Verhalten, seine Größe, seine Stimme, die ich auch jederzeit wiederkennen würde”, führte sie aus. Zudem habe sich der Bankräuber beim zweiten Überfall “gut ausgekannt”. Auch eine im Anschluss als Zeugin einvernommene Kollegin schloss sich an: “Sein Verhalten war gleich, beim zweiten Mal war er aber noch aggressiver.”
Die Aggressivität des Bankräubers betonten auch weitere Zeugen. Er habe beim Überfall am 5. Juli etwa eine Mitarbeiterin mit einem “Countdown von 30 Sekunden” bedroht, eine Waffe an eine Schläfe gehalten und auch ansonsten gewaltsam an ihr “herumgezerrt”. Stets habe er davon gesprochen, dass man ihm das “big money” aushändigen sollte, so die Zeugen unisono. Eine weitere Zeugin sprach davon, wie sie der Mann über längere Zeit gewaltsam festgehalten habe.
Erstangeklagter wollte “eigentlichen Täter” kennen
Der erstangeklagte Österreicher beteuerte bereits am Montag, dass ihm der angeblich “eigentliche Täter” – den er “aus der Kokain-Szene” kenne – von den Überfällen erzählt habe. Zumindest drei der vier Banküberfälle seien von diesem Mann begangen worden, für einen vierten sei wiederum eine andere Person verantwortlich. Lediglich der fünfte Banküberfall am 5. Juli gehe auf sein Konto. Obwohl er Waffe, Maske und Handschuhe dabei gehabt habe, sei es ein “Spontanüberfall” gewesen. Sein Kokaindealer sei nicht aufgetaucht, diesen wollte er eigentlich “abziehen”. An die Tat könne er sich aufgrund seines Drogenkonsums nicht erinnern.
Der zweitangeklagte Russe stritt ebenfalls am Montag indes jede Beteiligung an den Überfällen ab. Den 26-Jährigen kenne er nur “flüchtig”, obwohl er bei ihm gewohnt habe. Es sei einmal die Rede davon gewesen, dass der Erstangeklagte “am Innsbrucker Mitterweg irgendwas machen will”. Dort hatten sich ebenfalls Überfälle ereignet.
Staatsanwalt hielt “eigentlichen Täter” für Erfindung
Auf die Aussagen des Erstangeklagten vom Montag Bezug nehmend, strich Staatsanwalt Markus Grüner in seinem Schlussplädoyer heraus, dass er dessen Behauptung, er kenne den “eigentlichen Täter”, keinen Glauben schenke. “Ich halte das für eine Erfindung”, führte er aus. Zudem mache es sich der 26-Jährige “leicht und billig”, wenn er davon spreche, sich an nichts mehr erinnern zu können. “Er weiß mehr als er sagt”, war sich der öffentliche Ankläger sicher. Die beiden Verhandlungstage hätten jedenfalls zweifelsfrei ergeben, dass zumindest die zwei Banküberfälle in Innsbruck in derselben Filiale von ihm verübt worden seien.
Dem widersprachen naturgemäß die Verteidiger der beiden Männer. “Mein Mandant hat lediglich den Überfall am 5. Juli verübt”, strich der Verteidiger des Erstangeklagten in seinem Schlussplädoyer heraus. “Im Falle der weiteren vier Überfälle beantrage ich einen Freispruch”, so der Verteidiger. Auch der Verteidiger des Zweitangeklagten plädierte auf Freispruch: “Mein Mandant wusste zwar, dass der Erstangeklagte einen Überfall plant, hatte damit aber nichts zu tun.”
Brutales Vorgehen
Auch zu Beginn der Verhandlung am Montag hatte Staatsanwalt Markus Grüner davon gesprochen, dass alles auf ein und denselben Täter hindeute. Auch DNA-Spuren würden dies nahelegen. Ebenjene seien laut einem Gutachten etwa auf einem Zettel oder auf Tatwaffen gefunden worden. Der Täter ging stets auf ähnliche Weise vor. Er marschierte maskiert in die Geldinstitute und bedrohte Bankmitarbeiter im Schalterbereich mit einer Schusswaffe. Schließlich forderte er auf Englisch die Herausgabe von Bargeld. Der Mann übte auch Gewalt aus, indem er Mitarbeiterinnen etwa aggressiv im Nacken- und Schulterbereich packte. Die Überfälle sollen blitzartig über die Bühne gegangen sein und nur zwischen 30 Sekunden und zweieinhalb Minuten gedauert haben. Bei einem Überfall, jenem am 20. März 2024 in Innsbruck, blieb es beim Versuch.
Waffe versteckt
Der 33-jährige russische Komplize soll zwei der Taten mit dem Erstangeklagten geplant, die Waffe in einem Fall übernommen und versteckt sowie in einem weiteren Fall in einem Fahrzeug in der Nähe des Tatorts auf den Erstangeklagten gewartet haben. Schließlich flüchtete er mit ihm.
In Tirol hatte es seit November 2023 eine auffällige Häufung an Banküberfällen gegeben. Zwölf Mal wurden Geldinstitute in Kufstein, Fügen, Mieders und Innsbruck das Ziel von Räubern. Seit Juni waren alle Überfälle geklärt, zum Teil wurden die Täter bereits verurteilt. Zuletzt wurde ein 22-Jähriger festgenommen, der im November 2024 vermummt und bewaffnet eine Kufsteiner Bank ausgeraubt haben soll. Ein Raubüberfall in der Innsbrucker Reichenau wird dagegen einem bereits verstorbenen 28-Jährigen zur Last gelegt.
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