Zwei unterschiedliche Versionen einer turbulenten Nacht

Besucher der Notaufnahme verklagt die Polizei

Samstag, 18. März 2023 | 10:23 Uhr

Bozen – Dass ärztliches und nicht-ärztliches Personal immer wieder Gewalt in der Notaufnahme erlebt, darauf haben erst kürzlich die Gewerkschaften aufmerksam gemacht und auch im Sanitätsbetrieb bietet man eigens Schulungen für die Mitarbeiter an. Anfang März ist es im Bozner Krankenhaus erneut zu einer turbulenten Nacht gekommen, die nun ein unerwartetes Nachspiel hat: Während ein Patient den Ordnungshütern Amtsmissbrauch vorwirft, liefert die Polizei eine völlig andere Version der Ereignisse.

Alles begann damit, dass ein Arbeiter heftige Schmerzen im Brustbereich verspürte und deshalb mit seinem Wagen zur Notaufnahme fuhr. Der 38-Jährige ist albanischer Abstammung, hat aber seit sechs Jahren die italienische Staatsbürgerschaft. Er kam 1999 ins Land und sein Vorstrafenregister ist unbefleckt, wie er der italienischen Tageszeitung Alto Adige erzählt.

Im Wartesaal tauchte gegen 22.00 Uhr die Polizei wegen eines weiteren Besuchers auf, der sich aggressiv verhalten hatte. Ab da unterscheiden sich die beiden Versionen über den Verlauf des Abends.

Der Albaner behauptet, dass ein Polizeibeamter plötzlich auch ihn nach einem Ausweis gefragt habe. „Ich fühlte mich sehr schlecht und ich hatte mit dem Vorfall nichts zu tun“, erklärt der Mann. Deshalb habe er sich geweigert, seine Papiere zu zeigen.

Er sei zur Quästur gebracht worden, wo man ihn angeschrien und nach seiner Aufenthaltsgenehmigung gefragt habe, obwohl er italienischer Staatsbürger sei. Nach seiner Identifizierung habe er von den Beamten verlangt, dass man ihn zurück ins Krankenhaus bringt. Doch die Polizisten hätten sich geweigert und ihn hinausgeschickt.

Der 38-Jährige habe darauf einen Krankenwagen gerufen, der ihn zurück ins Spital brachte. In der Notaufnahme hätte er allerdings acht weitere Stunden warten müssen, weshalb er mit seinem Pkw nach Meran ins Krankenhaus gefahren sei. Dort habe man sämtliche Tests durchgeführt und er sei bestens versorgt worden.

Gleichzeitig hätten die Angestellten im Meraner Krankenhaus ihm gegenüber erklärt, es sei schwerwiegend, wenn ein Patient, der eine Behandlung nötig hat, aus der Notaufnahme mitgenommen wird. Weil sich der 38-Jährige rassistisch behandelt fühlte, wandte er sich an einen Anwalt und erstattete bei den Carabinieri Anzeige wegen Amtsmissbrauchs.

In der Quästur nimmt man dies zur Kenntnis. Gleichzeitig wird unterstrichen, dass die Beamten stets im Rahmen der Protokolle operieren. Die Version des Vorfalls, die die Polizei liefert, unterscheidet sich jedoch erheblich von der des 38-Jährigen. Auch in der Quästur wird bestätigt, dass wegen eines aggressiven Mannes mit Migrationshintergrund Alarm geschlagen worden sei. Dabei handle es sich nicht um den Kläger.

Die Sanitäter hätten die Beamten allerdings über einen weiteren Mann informiert, der wegen der langen Wartezeit sehr aufgeregt und wütend gewesen sei. Der Mann habe die anderen Patienten belästigt und behauptet, Opfer von Rassismus zu sein. Außerdem habe er verlangt, mit dem Bürgermeister zu sprechen. Deshalb hätten die Polizisten den Mann nach seinem Ausweis gebeten, um ihn zu identifizieren.

Möglicherweise helfen die Aufnahmen der Überwachungskameras in der Notaufnahme, den Zwischenfall aufzuklären.

Von: mk

Bezirk: Bozen