Phänomen nimmt auch auf nationaler Ebene zu

Gewalt in der Notaufnahme: Krankenpfleger sagen Stopp

Montag, 13. März 2023 | 10:59 Uhr

Bozen – Die Krankenpflegergewerkschaft Nursing Up schlägt Alarm: In nur zwei Jahren ist es zu 40 Attacken auf das Personal im Bozner Krankenhaus gekommen. Dass Beziehungen zwischen Patienten und Angehörigen auf der einen sowie Ärzten und Pflegern auf der anderen Seite immer mehr verrohen, ist nicht nur in Südtirol ein Problem. Das Phänomen zeigt sich auch auf nationaler Ebene.

Wie Gewerkschaftsvertreter Massimo Ribetto erklärt, sind häufig Krankenpflegerinnen und -pfleger Opfer der gewaltsamen Übergriffe. „Es ist der Moment gekommen, das Problem der Aggression in unseren Krankenhäusern und territorialen Einrichtungen ernsthaft anzugehen. Wir werden darauf achten, dass der Sanitätsbetrieb Präventivmaßnahmen umsetzt, um das Wohlbefinden des Personals zu schützen“, erklärt Ribetto laut einem Bericht der Zeitung Alto Adige. Am 12. März wird alljährlich der nationale Tag der Aufklärung und Prävention gegen Gewalt an Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen begangen. Damit soll daran erinnert werden, dass das Gesundheitspersonal ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft ist und Respekt verdient – und nicht Gewalt.

Weil Gewalt in Spitälern und Notaufnahmen – auch auf nationaler Ebene – zunimmt, hat die Quästur in Südtirol reagiert. Nach Gewaltvorfällen in Bozen und Meran gibt es nun Polizeiposten in den Gesundheitseinrichtungen. Die Anwesenheit uniformierter Beamte soll die Sicherheit erhöhen und Gewalteskapaden von eingelieferten Patienten vereiteln. Wie die Quästur in einer Aussendung mitteilte, soll damit das Personal der Krankenhäuser ihre Arbeit ungestört ausüben können.

Die Palette der gewaltsamen Übergriffe ist breit und reicht von verbalen Beschimpfungen und Bedrohungen bis hin zu physischen Schlägen. In den vergangenen zwei Jahren wurden im Krankenhaus in Bozen laut Alto Adige drei Fälle von Belästigungen registriert. In 25 Fällen wurden Angestellte bedroht. In fünf Fällen ist Personal geschlagen worden. Zudem kam es zu sieben Fällen von regelrechter Körperverletzung. Mehr als die Hälfte der 40 Übergriffe hat sich in der Notaufnahme abgespielt.

Um das Personal zu schützen, hat der Sanitätsbetrieb den sogenannten „roten Knopf“ aktiviert – eine direkte Verbindung zu den Ordnungskräften, sollte es zu kritischen Vorfällen kommen. In Zusammenarbeit mit der Polizei wurden Schulungen organisiert, wie Wachpersonal und Portiere mit Konflikten besser umgehen können. Außerdem wurden die Zugangsbereiche optimiert, während der Ausbau und die Modernisierung der Videoüberwachung noch in Planung sind.

Wie Verena Perwanger, Primarin des psychiatrischen Diensts in Meran gegenüber Südtirol News erklärt, investiert der Sanitätsbetrieb zudem sehr viel in Deeskalationsschulungen für das gesamte Personal. „Wir haben betriebsweit 20 Trainer, die Fortbildungen anbieten“, erklärt Perwanger. Neben dem angemessenen Verhalten, um aggressive Patienten und Besucher zu beruhigen, werden unter anderem auch Techniken zum Selbstschutz vermittelt, sowie das Wissen, wie man Räume sicherer macht – etwa, indem keine gefährlichen Gegenstände herumliegen.

Die Gewerkschaft Nursing Up schlägt außerdem vor, auch die menschlichen Ressourcen aufzustocken. „Man kann nicht damit fortfahren, unterbesetzt zu arbeiten. Es braucht genügend Sanitäter, um den Bedürfnissen der Nutzer entgegen zu kommen“, betont die Gewerkschaft. Ein Teil der Konflikte sei auf die langen Wartezeiten zurückzuführen.

Zudem schlägt die Gewerkschaft Sensibilisierungsprojekte für Patienten und Besucher im Krankenhaus vor. Außerdem sollte sich zufolge der Sanitätsbetrieb den Gewerkschaftsvertretern zufolge als Nebenkläger bei Strafverfahren wegen Gewalt gegen Mitarbeiter einlassen. Eine andere Möglichkeit wäre es – immer laut Gewerkschaft –, im Fall eines Strafverfahrens wegen Gewalt die Gerichtskosten zugunsten des Mitarbeiters zu übernehmen. In Zusammenhang mit ausländischen Patienten schlägt die Gewerkschaft außerdem den Einsatz von Kulturmediatoren vor.

Von: mk

Bezirk: Bozen