Doppelstaatsbürgerschaft spaltet Partei und Gesellschaft – ein Kommentar

Doppelter Pass – halbierter Frieden

Donnerstag, 31. Oktober 2019 | 15:56 Uhr

Bozen – Es genügt eine Umfrage, um Südtirol zu spalten. Die Rede ist vom Doppelpass. Die Studie bringt eigentlich wenig überraschende Ergebnisse. Während eine nicht unbedeutende Minderheit sich vom Pass eine Stärkung und Absicherung der Autonomie, wenn nicht gar eine Loslösung von Italien erhofft, befürchtet die übergroße Mehrheit eine Spaltung der Gesellschaft in „bessere“ und „schlechtere“ Südtiroler sowie ein Aufbrechen der ethnischen Gräben. Die Umfrage passt auch zum Ergebnis der Landtagswahlen, wo entgegen der Stimmungsmache im Vorfeld, die „Doppelpassparteien“ ein Debakel erlebt haben.

APA/HELMUT FOHRINGER

Aber trotz des Berstens der Türkis-Blauen Koalition, der die Idee der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler in weite Ferne rücken lässt, fällt die Saat auf fruchtbaren Boden. Inzwischen spaltet das Für und Wider nicht nur Deutsche und Italiener, sondern sogar das Edelweiß. Während sich eine Mehrheit der Landtagsmandatare sowie eine lange Liste von bekannten Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft vehement für den Doppelpass aussprechen, drückt der Landeshauptmann und die Seinen auf die Bremse. In der Brennerstraße und in den Kommentarspalten laufen Köpfe und Computer heiß, wobei Befürworter und Gegner sich nichts schenken.

Die heiße Diskussion im Landl steht aber im hellen Kontrast zu den verhaltenen Äußerungen aus dem „Vaterland“. In Wien wird immer wieder auf das unabdingbare Einvernehmen und den notwendigen engen Dialog mit Rom verwiesen. In Österreich scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass mit dem Doppelpass für Südtiroler – Herzensangelegenheit hin oder her – kaum Stimmen, aber sehr wohl Ärger mit Italien zu holen sind.

Reuters/Gewalt in den Straßen von Barcelona

Die Diskussion um den Pass zeigt aber auch, wie dünnhäutig die Südtiroler jeglicher Zunge auf Gefahren für das friedliche Zusammenleben der Sprachgruppen reagieren und wie schnell alte, bereits verheilt geglaubte Wunden wieder aufbrechen können. Der Blick auf die brennenden Straßenzüge von Barcelona sollte uns allen Mahnung genug sein, mit dem brisanten Thema Pass so umsichtig und vorsichtig wie nur möglich umzugehen.

Der Friede fällt nicht vom Himmel und ist ein Gut, das täglich gepflegt werden will. Gleich wie man zum Doppelpass steht, sollten Einvernehmen und Dialog immer im Mittelpunkt stehen. Ob das aber auch im Interesse der Kontrahenten ist?

Von: ka

Bezirk: Bozen