Von: mk
Innsbruck – Böden sind die größten natürlichen Kohlenstoffspeicher der Welt. Im hohen Norden ist dieser Speicher besonders groß, er ist dort aber auch besonders stark von der Klimaerwärmung betroffen. Eine kürzlich erschienene Studie eines internationalen Teams um Michael Bahn von der Universität Innsbruck untersuchte, wie die anhaltende Erwärmung die Aufnahme und Freisetzung von Kohlendioxid im Grasland der Subarktis beeinflusst. Als natürliche „Klimakammer“ nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein geothermisch aktives Gebiet in Island.
Subarktische Ökosysteme speichern große Mengen an Kohlenstoff. Durch die fortschreitende Klimaerwärmung entweicht immer mehr davon in die Atmosphäre. Inwieweit die Aufnahme von Kohlenstoff durch eine vermehrte Photosynthese der Pflanzen die Freisetzung aus dem Boden ausgleichen kann, war bis vor kurzem unklar: „Wenn nämlich die Erwärmung den Abbau der organischen Substanz im Boden und damit auch die Nährstoffversorgung der Pflanzen erhöht, sollten die Pflanzen besser wachsen und dabei auch mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen“, sagt Michael Bahn vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck „Das ist überraschenderweise nicht der Fall, wie unsere aktuelle Studie zeigt.“
Natürliches Klimalabor
Geothermale Bruchlinien in Island bieten der Forschung ideale Bedingungen, um die längerfristigen Auswirkungen der Klimaerwärmung auf Ökosysteme im hohen Norden zu erforschen. Ein Team um Michael Bahn hat im Rahmen eines internationalen Projekts ein geothermisch aktives Gebiet in Island genutzt, um den Zusammenhang von anhaltender Erwärmung und Stickstoffversorgung auf den Kohlenstoffkreislauf zu untersuchen. „Die Forschungsflächen waren in unterschiedlichen Abständen von der Bruchlinie angelegt und erwärmten sich entsprechend mehr oder weniger stark“, erzählt Michael Bahn. „Indem wir einen Teil der Flächen entlang dieses Temperaturgradienten mit Stickstoff düngten, konnten wir die Wechselwirkungen zwischen Erwärmung und Stickstoffversorgung auf den Kohlenstoffkreislauf detailliert untersuchen.“
Erwärmung beschleunigt den Kohlenstoffkreislauf
Die Erwärmung führte zu einem massiven Verlust von Kohlenstoff im Boden. „Im von uns untersuchten Gebiet in Island wurde in den ersten Jahren nach der Erwärmung bis zu 40 Prozent des Kohlenstoffs im Oberboden an die Atmosphäre abgegeben“, sagt Michael Bahn. „In den Folgejahren kam es zu einer Anpassung der mikrobiellen Biomasse und der Kohlenstoffhaushalt des Bodens pendelte sich wieder ein.“ Um zu verstehen, welchen Weg der Kohlenstoff in diesem Kreislauf von der Atmosphäre durch Pflanzen und Boden und wieder zurück zur Atmosphäre geht, hat das Team um Michael Bahn während des Experiments das stabile Kohlenstoffisotop 13C zugeführt. „Über das Isotop konnten wir den Weg des Kohlenstoffs im Ökosystem nachverfolgen“, erklärt der Ökologe. „Dabei zeigte sich, dass mit steigender Erwärmung der durch die Photosynthese der Pflanzen gebundene Kohlenstoff von den Mikroben stärker aufgenommen und rascher wieder vom Boden abgegeben wird. Aus den Düngeexperimenten lässt sich weiters schließen, dass die Produktivität der Pflanzen bei Erwärmung zusehends durch einen Stickstoffmangel begrenzt wird. Dies führte zu einem Rückgang der Kohlenstoffaufnahme im Ökosystem. Da Erwärmung die Freisetzung von Kohlenstoff beschleunigte, war die Fähigkeit des Ökosystems Kohlenstoff zu speichern somit zusehends reduziert.“
Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Global Change Biology veröffentlicht. Finanziell unterstützt wurden die Forschungen unter anderem durch den österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und die Europäische Union.