Seit Corona gibt es einen Anstieg

Essstörungen in Südtirol: Frühe Hilfe durch Vertrauensärzte entscheidend

Freitag, 08. August 2025 | 07:28 Uhr

Von: luk

Bozen – In Südtirol ist seit der Corona-Pandemie ein deutlicher Anstieg von Essstörungen zu verzeichnen – laut Fachleuten um rund 35 Prozent. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein, sich frühzeitig Hilfe zu suchen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Netzwerk EATNET, das mit Unterstützung der Landesfachgruppe INFES über Essstörungen aufklärt und Hilfe koordiniert.

EATNET betreibt in Bozen, Meran, Brixen und Bruneck spezialisierte Ambulanzen, in denen Fachärzte und Fachärztinnen, Psychologen und Psychologinnen und Ernährungsberater und Ernährungsberaterinnen gemeinsam an der Behandlung arbeiten. Magersucht – die psychische Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeitsrate – steht dabei ebenso im Fokus wie Bulimie und Binge-Eating-Störung.

Der Zugang zur Therapie erfolgt meist über eine erste Untersuchung bei einem Ernährungsmediziner oder Internisten. Diese Fachärzte können den körperlichen Zustand der Patienten rasch beurteilen und Behandlungsmaßnahmen einleiten. Doch gerade bei Magersucht ist die Eigenmotivation oft gering. Viele Betroffene leugnen das Problem oder täuschen ein höheres Gewicht vor. Auch Bulimie wird oft aus Scham verheimlicht. Deshalb wenden sich häufig zunächst Angehörige an die Ärzteschaft.

Um den Einstieg in die Behandlung gezielt zu ermöglichen, empfiehlt EATNET den Vertrauensärzten, bei Verdacht auf eine Essstörung frühzeitig bestimmte medizinische Untersuchungen durchzuführen – darunter Blutbild, EKG und diverse Laborwerte. Mit diesen Befunden können Internisten rasch über den weiteren Behandlungsweg entscheiden.

Das Thema ist ernst: In Italien – auch in Südtirol – kam es bereits zu Todesfällen durch zu spät erkannte Magersucht, zuletzt im Herbst 2024 bei einer 61-jährigen Ärztin. Das italienische Gesundheitsministerium schreibt daher eine stationäre Aufnahme bei einem Body-Mass-Index unter zwölf oder bei akuter Lebensgefahr vor.

Südtirol will noch früher handeln: Erwachsene Patienten sollen bei Bedarf in die Innere Medizin, Psychiatrie oder Intensivstation aufgenommen werden. Minderjährige kommen in die Pädiatrie, bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 auch in die Innere Medizin. In kritischen Fällen müssen auch Minderjährige auf Intensivstationen betreut werden.

Erstkontakt-Stellen für Betroffene und Angehörige:

Bozen:

unter 14 Jahren: 0471 435353 oder 435533
über 14 Jahren: 0471 300389
Meran: 0473 251250 (9.00–11.00 Uhr)

Brixen:

unter 18 Jahren: 0472 812670
ab 18 Jahren: 0472 812711

Bruneck:

unter 18 Jahren: 0474 370402
ab 18 Jahren: 0474 581136 oder 586340

Roger Pycha, Koordinator von EATNET, appelliert an alle Hausärzte: „Je früher die Hilfe beginnt, desto größer sind die Chancen auf Heilung.“

Bezirk: Bozen

Kommentare

Aktuell sind 4 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen